Persona, Politics, and Personnel through the Lens of Digital Prosopography

SFB F9200 ManMAX

Während ältere Arbeiten strukturelle und administrative Veränderungen der Regierungszeit Maximilians I. untersuchten, konzentrieren sich neuere Studien auf die Persönlichkeit und das Wirken des Kaisers, stellen ihn als monomanischen Politiker oder Mäzen künstlerischer und kultureller Produktionen dar, als Meister der Medienmanipulation und Impresario seines Selbstbildes und seiner politischen Strategie. In Maximilians sogenannten Ruhmeswerken wird er oft als derjenige dargestellt, der alle damit verbundenen künstlerischen Aktivitäten selbst konzipiert, arrangiert und überwacht hat. Doch Maximilian war weder das alleinige Mastermind hinter dieser textlichen, musikalischen und visuellen Propaganda, noch war er der einzige Gestalter seiner Politik. Während frühere Darstellungen Maximilians persönlichen Anteil an der Konzeption und Ausführung seiner Herrschaft überbetont haben, haben jüngere Studien oft seine entscheidende Interaktion mit jenen vernachlässigt, die seine Herrschaft umsetzten. Auch wenn die Maximilian-Forschung die Bedeutung der Beziehungen zwischen den an seiner Herrschaft beteiligten Akteur_innen nie geleugnet hat, wurde meist verabsäumt, seine Politik und Regierung als das Ergebnis von Netzwerken von Individuen zu betrachten und deren Funktionsweise mit den Mitteln der Prosopographie zu untersuchen.

ManMAX verfolgt einen neuen Interpretationsansatz für Maximilians Herrschaft und für vormoderne Herrschaft und Regierungshandeln im weiteren Sinne und untersucht systematisch alle Ebenen seiner Verwaltung, nicht nur den Rat, Funktionseliten oder andere Personen mit persönlichen Verbindungen zum Herrscher bzw. seine Verwandten und Vertrauten der obersten politischen Ebene. Berücksichtigt werden alle Akteur_innen der ausgedehnten Herrschaft Maximilians, die in der Dokumentation seiner Kanzlei genannt werden, von hochrangigen Mitgliedern seines Hofs bis hin zu Maultiertreibern.


Eine kurze Powerpoint-Präsentation mit voiceover zur Zielsetzung des Projektes

Start


 

Der in einer ersten Tranche von 1. 3. 2023 bis 28. 2. 2027 laufende, insgesamt auf acht Jahre ausgelegte SFB hat eine umfassende prosopographische Analyse der Herrschaft Maximilians zum Ziel, die auf neuen Prinzipien der Quellenauswahl und -auswertung beruht. Zentrales Forschungsergebnis wird eine frei zugängliche Datensammlung sein, die am Ende der achtjährigen Laufzeit des SFB schätzungsweise 200.000 Personen umfassen wird und deren Interaktionen in ausführlichen Regesten nach den Richtlinien der Regesta Imperii XIV detailliert nachvollziehbar macht. Die schiere Masse dieses Materials stellt eine völlig neue Dimension in der Maximilianforschung dar.


ManMAX überschreitet Fächergrenzen bei gleichzeitiger disziplinärer Tiefenschärfe und umfasst acht eng miteinander verzahnte Teilprojekte. Sie nutzen den Datensatz als zentrales und verbindliches Forschungsinstrument und tragen gleichzeitig zu dessen ständiger Erweiterung und Optimierung bei. Die breite interdisziplinäre Aufstellung des Teams stellt sicher, dass die Ansätze der einzelnen Disziplinen optimal miteinander verschränkt werden:

Armouring Maximilian – Chivalry, tournament, and the culture of the gift at the court of Maximilian

Leitung:
Stefan Krause  | Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer


(Con)Textualising Maximilian – Interaction and intertextuality, visible and invisible networks in Latin literature from the circle of Maximilian

Leitung:
Elisabeth Klecker | Universität Wien, Institut für Klassische Philologie, Mittel- Neulatein


Creating Maximilian – Cultural networks for the production of text and images around Maximilian

Leitung:
Stephan Müller |  Universität Wien, Institut für Germanistik


Depicting Maximilian – Collaborative structures behind the imagery of Maximilian

Leitung:
Christof Metzger | Albertina


Digitising Maximilian – Digital humanities and the prosopographical approach towards the reign of Maximilian

Leitung:
Georg Vogeler | Universität Graz, Zentrum für Informatiosmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities


Gendering Maximilian – Gendered Dimensions of Court Organisation and Representation

Leitung:
Christina Lutter | Universität Wien, Institut für Geschichte/Institut für Österreichische Geschichtsforschung


Singing Maximilian – Musical and cultural networks at court and beyond

Leitung:
Birgit Lodes | Universität Wien, Institut für Musikwissenschaft


Writing Maximilian – Prince, Pen and Penmanship – Uses of Writing at Court and in the Chancery

Leitung:
Andreas Zajic  | Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschung


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Unser Logo

Das Logo des SFB zeigt oben das sogenannte „Kleine Handzeichen“ (p[er] reg[em] p[er] s[e]) Maximilians. Es sollte nach seiner Vorstellung – auch einer Aussage im „Weißkunig“ zufolge  –  ursprünglich als eigenhändige Unterfertigung die persönliche herrscherliche Beglaubigung der unter seinem Namen ausgehenden Urkunden dokumentieren. Tatsächlich tragen weder alle Urkunden das „Kleine Handzeichen“ noch ist diese Unterfertigung immer von der Hand Maximilians ausgeführt: 1507 ließ der König einen Stempel, das „katschet“, mit dieser gleichsam ikonischen Unterfertigung anfertigen. Dieser wurde dann auch vom Kanzleipersonal „blind“, also ohne Tinte auf das Pergament bzw. Papier abgedrückt, die Linien wurden anschließend von Hand mit Tinte nachgezogen. Das dem Anspruch nach auf Maximilians persönliches Agieren verweisende „Kleine Handzeichen“ wurde also vielfach tatsächlich von seinen Kanzlisten ausgeführt. Es steht damit symbolisch für eine zentrale Bestrebung des SFB 92: Den Einsatz der vielen „hinter“ dem Kaiser bzw. in dessen Namen und Auftrag tätigen Akteur_innen sichtbar zu machen. Das unter dem „Kleinen Handzeichen“ sichtbare Akronym des SFB, „MANMAX“, wurde aus Drucktypen der in Wien tätigen Offizin des Hieronymus Vietor zusammengesetzt. Sie verlegte einen großen Teil der Druckwerke der Wiener Humanisten zur Zeit Maximilians, unter anderem auch mehrere Publikationen mit Bezug auf den Fürstentag von 1515. Das Akronym in einer von Angehörigen einer universitär gebildeten Funktionselite um 1500 verwendeten Drucktype unterstreicht, dass Maximilian auch als „Medienprofi“ – wie ihn die neuere Forschung gerne begreift – kein monomanisches Universalgenie war, sondern de facto von einer Vielzahl an Personen „gemanagt“ wurde.