Mittelalterliches Smyrna / İzmir: Die Transformation einer Stadt und ihres Hinterlandes von der byzantinischen zur osmanischen Zeit (MESMY)

Smyrna/İzmir, heute eine der bevölkerungsreichsten Städte der modernen Türkei und ein geschäftiges Wirtschaftszentrum, gehört zu den bedeutenden kulturellen Schnittpunkten im östlichen Mittelmeerraum. Archäologische Forschungen an klassischen, hellenistischen und frühchristlichen Stätten der Region haben eine lange Tradition; ebenso wurde die Funktion der Stadt als ein internationales Handelszentrum im ausgehenden Osmanischen Reich vielfach untersucht. Das Langzeitprojekt TabulaImperiiByzantini (TIB) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beschäftigt sich seit dem Jahr 2008 mit der historischen Geographie Westanatoliens von der römischen bis in die frühosmanische Zeit, mit besonderer Konzentration auf die Geschichte und Siedlungsverhältnisse der Region in Spätantike und byzantinischem Mittelalter. In diesen Kontext stellt sich das Projekt „Mittelalterliches Smyrna / İzmir“. Es untersucht die Entwicklung des Zentralortes Smyrna und seines Hinterlandes von der letzten Blütezeit unter byzantinischer Herrschaft im 13. Jahrhundert bis zur osmanischen Eroberung im 15. Jahrhundert. Während dieser Zeit erfuhr die Westküste Anatoliens nicht nur einschneidende Umweltveränderungen, sondern es ereigneten sich in diesem geographischen Raum auch tiefgreifende politische, kulturelle und religiöse Umwälzungen: die bestehenden byzantinisch-christlichen Institutionen, Strukturen und Eliten wurden allmählich von muslimisch-türkischen Einheiten abgelöst und schließlich im entstehenden Osmanischen Reich absorbiert.

Das Projekt untersucht diesen Prozeß mittels eines interdisziplinären Ansatzes, der Methoden der historischen Geographie, der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und der Archäologie miteinander verbindet. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die folgenden thematischen Untereinheiten: (a) Umwelt, Landnutzung, wirtschaftliche Praktiken, (b) politische Ideologie, Regierung, Institutionen, (c) städtisches Leben, (d) vorstädtisches und ländliches Leben; (e) religiöse Räume und Praktiken. Auf diese Weise strebt das Projekt eine umfassende Rekonstruktion von Transformationsprozessen an, die sowohl materielle als auch historisch-kulturgeschichtliche Aspekte umfaßt. Über die Archäologie werden Rückschlüsse über den alten Siedlungsbestand gewonnen, die mit den zeitgenössischen Texten abgestimmt werden und Rückschlüsse auf Kommunikationswege und Netzwerke erlauben. Die historische Forschung zielt darauf ab, eine Fallstudie des soziokulturellen Wandels zu erarbeiten, die exemplarisch ist für die Aufarbeitung ähnlicher Prozesse in anderen Regionen und Zeitperioden des Mittelmeerraums.

Das Projekt wird durchgeführt in internationaler Zusammenarbeit zwischen dem TIB-Projekt in Wien (Andreas Külzer als Leiter von MESMY; Despoina Ariantzi), dem Mittelalterlichen Institut der Universität Notre Dame, USA (Alexander Beihammer), der Abteilung für Griechische und Byzantinische Studien sowie der Abteilung für Archäologie, beide an der Universität Uppsala in Schweden (Myrto Veikou, Daniel Löwenberg), sowie mit Kolleginnen und Kollegen in der Türkei.

Kontakt


Univ. Prof. Mag. Dr. Andreas KUELZER  (Projektleiter

Dr. Despoina ARIANTZI  (Projektmitarbeiterin)