NORBERT CYFFER
Norbert Cyffer wurde am 16. Mai 1943 in Dortmund geboren.
Seine akademische Laufbahn begann zunächst an der Universität Kiel (Soziologie), dann an der Universität Hamburg, wo er von 1965 bis 1973 Afrikanistik (u. a. bei Johannes Lukas und Anton Vorbichler), Allgemeine Sprachwissenschaft und Ethnologie studierte. Nach seiner Promotion mit einer Arbeit über die Syntax des Kanuri (1974) lehrte und forschte er von 1974 bis 1981 an der Ahmadu Bello University in Zaria (Bundesstaat Kaduna) und der University of Maiduguri (Borno) in Nigeria, bevor er 1982 auf den Lehrstuhl für Afrikanische Philologie am Institut für Ethnologie und Afrikastudien an der Universität Mainz und schließlich 1994 in der Nachfolge von Hans Günther Mukarovsky zum ordentlichen Professor für afrikanistische Sprachwissenschaft an die Universität Wien berufen wurde. Weitere Gastprofessuren führten Cyffer an die Universitäten Nizza, Prag und Maiduguri. Zuletzt war er emeritierter Professor am Institut für Afrikawissenschaften der Universität Wien.
Wissenschaftliche Forschung und Lehre: Norbert Cyffer spezialisierte sich auf die Analyse und Dokumentation afrikanischer Sprachen, insbesondere der saharanischen Sprache Kanuri, wozu er von seinem Lehrer Lukas angeregt wurde. Dass Lukas seinerzeit selbst seine Doktorarbeit über diese Sprache verfasst hatte, erfuhr Cyffer erst durch Zufall im Jahr 2010. Cyffers Forschung umfasste die Bereiche Morphologie, Syntax, Sprachkontakt und Soziolinguistik, Untersuchungen zur Sprachtypologie und zur angewandten Sprachwissenschaft, wobei die Sprachplanung stets eine bedeutende Rolle spielte. Er war Autor und Herausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Werke. Einige seiner wichtigsten Publikationen umfassen: Syntax des Kanuri (1974), The Standard Kanuri Orthography (1979, gem. mit John P. Hutchison), Dictionary of the Kanuri Language (1990, ebenfalls mit Hutchison), We learn Kanuri (1991), English-Kanuri Dictionary (1994).
Von den Ehrungen und Auszeichnungen sind insbesondere die Verleihung des Titels „Shettima Luggama Kanuribe“ durch den Shehu von Borno (2005) – die erste derartige Verleihung an einen Europäer – sowie der „Educational Cooperation Award“ der Republik Nigeria (2013) zu nennen.

Tonaufnahmen aus Feldforschungen: Ein besonderer Schatz von Cyffers Arbeit sind die Tonaufnahmen aus seinen Feldforschungen zwischen 1969 und 1979, die im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrt werden. Diese Sprach- und Musikaufnahmen aus Nigeria und dem Tschad bieten wertvolle Einblicke in die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Regionen, in denen er forschte.
Norbert Cyffer war nicht nur ein hoch angesehener Wissenschaftler, dessen Leidenschaft für seinen Beruf unter anderem in seinem autobiographischen Text „35 Jahre Forschung in Nigeria – und immer noch kein Ende“ (2007)* spürbar wird, sondern er war auch bereit, sein Wissen zu teilen und jüngere Wissenschaftler:innen zu fördern. Er wird außerdem als ein Mensch in Erinnerung bleiben, der sich für den interkulturellen Dialog eingesetzt hat. So war er bis zuletzt Präsident der Österreichisch-Nigerianischen Freundschaftsgesellschaft.
Am Ende dieses Nachrufs soll noch einmal der humorvolle Norbert Cyffer zu Wort kommen – mit einer Erinnerung an das Begräbnis des Afrikanisten August Klingenheben 1967 in einem Hamburger Vorort, zu dem sein Lehrer Johannes Lukas verspätet erschienen war:**
Clemens Gütl
* Cyffer, Norbert (2007): „35 Jahre Forschung in Nigeria – und immer noch kein Ende“. In: Ahamer, Julia und Gerda Lechleitner (Hrsg.): Um-Feld-Forschung. Erfahrungen – Erlebnisse – Ergebnisse. Wien (Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse 755, Mitteilungen des Phonogrammarchivs 93). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, S. 267–281.
** Interview von Peter Rohrbacher und Clemens Gütl mit Norbert Cyffer, 2009. Aufnahme: C. Gütl