Das Standardmaterial für aktive Elektronikbauelemente in der Chipindustrie, aber auch für Spur- und Vertexdetektoren in der Teilchenphysik, ist Silizium. Andere Festkörpermaterialien, wie künstlich hergestellter Diamant, wurden zwar studiert, konnten aber durch das mangelnde kommerzielle Interesse nicht kosteneffizient großflächig hergestellt werden.

Die Halbleiterindustrie setzt seit einiger Zeit Siliziumkarbid (SiC) als Ersatz für Silizium in Leistungshalbleitern ein, welche z.B. in Frequenzumrichtern für Photovoltaik und in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen eingesetzt werden. Durch diese weit verbreitete Verwendung konnte die Qualität dieses Materials auf ein ähnliches Niveau wie Silizium gebracht werden und ermöglich die kommerzielle Verfügbarkeit hochreiner und großflächiger Wafer.

Im Vergleich zu Si bietet SiC mehrere Vorteile, die es zu einem attraktiven Detektormaterial macht. Dazu gehört eine im Vergleich zu Silizium höhere Versetzungsenergie von Atomen im Kristall, die SiC potenziell strahlungsresistenter macht. Die hohe Wärmeleitfähigkeit und die sehr geringen Dunkelströme, selbst nach hohen Bestrahlungsfluenzen, würden eine Kühlung der Geräte überflüssig machen.

Aus diesen Gründen wird SiC, wie auch andere Wide-Bandgap Materialien, als alternatives Grundmaterial für die Nutzung als Teilchendetektor im ECFA Detector R&D Roadmap Dokument genannt.
Mit einer Bandlücke von 3,26 eV, die zwischen Silizium und Diamant liegt, vereint es die Eigenschaften beider Materialien. Dennoch sind einige einzigartige Merkmale weniger erforscht und bekannt. SiC ist in TCAD noch nicht richtig modelliert worden, und viele Parameter sind noch nicht untersucht worden.

Simulationsmodelle

Mit der ständig wachsenden Rechenleistung werden viele Entwicklungsschritte auf Software-Simulationen verlagert, so dass die Entwicklung für neue und optimierte Teilchendetektoren kostengünstiger und ressourcenschonender im Computer durchgeführt werden kann. Für Halbleiterdetektoren nutzen wir dazu sogenannte TCAD-Simulationsprogramme, welche ursprünglich für die Chipindustrie entwickelt wurden. Neben dem in der Detektorentwicklung üblichen Synopsys Sentaurus TCAD verwenden wir hier auch die Software der österreichischen Firma Global TCAD Solutions, mit der wir im Rahmen eines FFG-Projekts zusammenarbeiten.

TCAD Simulationen sind auch wichtige Werkzeuge für den Entwurf und die Optimierung von Siliziumkarbid-Detektoren. Dazu benötigt man allerdings Simulationsmodelle, die die physikalischen Eigenschaften des Materials beschreiben. Diese Parameter sind für Siliziumkarbid allerdings noch nicht so gut bekannt und verifiziert, wie für das viel weiter verbreitete Silizium. Daher nutzen wir unsere Messgeräte und Probe Stations im Reinraum, um durch Messungen an Prototyp-SiC-Sensoren diese Parameter experimentell zu bestimmen. Diese dienen als Input für die Simulationsmodelle der TCAD-Simulationen.

Nach der Parameterfindung und Modellbildung nutzen wir TCAD um neuartige Teilchendetektoren zu simulieren, z.b. einen SiC-sensor mit eingebautem Verstärker, sogenannte Low Gain Avalanche Detectors (LGADs), oder auf CMOS-Prozesse basierende monolithische Pixeldetektoren auf SiC-Grundmaterial.

Experimentelle Modellvalidierung

Wir charakterisieren SiC-Sensorprototypen mit Hilfe unserer Teststationen im Reinraum und können IV (Strom-Spannungs)  und CV-Messungen durchführen. CV-Messungen werden verwendet, um die Kapazität des Detektors bei unterschiedlichen Spannungen zu messen. Dies gibt Aufschluss über die Dotierung des Detektors und die Eigenschaften der pn-Übergänge.

Bei der Transit Current Technique (TCT) wird eine Spannung an den Sensor angelegt, um ein elektrisches Feld zu erzeugen. Wenn ein Teilchen, wie z.B. ein Photon oder ein geladenes Teilchen, den Sensor trifft, erzeugt es Elektron-Loch-Paare. Diese Ladungsträger bewegen sich aufgrund des elektrischen Feldes und erzeugen einen Stromfluss, der als Transitstrom bezeichnet wird. Dieser Strom wird mittels verschiedener Verstärker (UCSC LGAD-Board, FNAL 16ch board, Cividec broadband oder spektroskopisch) so aufbereitet, dass ein schnelles Oszilloskop diese Pulse sichtbar machen kann. Am HEPHY haben wir dazu digitale Speicheroszilloskope mit 4 GHz und 16 GHz analoger Bandbreite und 40 GSample/s Abtastrate. Eine spezielle Speichererweiterung erlaubt 1GSample pro Kanal direkt im Gerät aufzuzeichnen.

Unsere TCT-Station im Reinraum erlaubt die Erzeugung von Signalen mittels ultrakurzer Laserpulse mit Wellenlängen von 1060 nm (infrarot), 833 nm (rotes Licht) und 370 nm (Ultraviolett). Letzte ist aufgrund des großen Bandabstands für SiC-Sensoren notwendig. 

Durch die Analyse des Transitstroms können verschiedene Eigenschaften des Sensors untersucht werden, wie z.B. die Effizienz bei der Umwandlung von Licht- oder Teilchensignalen in elektrische Signale (Charge collection efficiency; CCE), die Ladungsträgerbeweglichkeit und -lebensdauer, sowie die Intrinsische Zeitauflösung des Detektors. Diese Parameter dienen wiederrum als Input bzw. zur Verifizierung der TCAD Modelle.

Bestrahlungsstudien

Bei der Bestrahlung mit Halbleiterdetektoren mit ionisierender Strahlung entstehen nicht nur die Signale (Transitstöme). Es finden dadurch auch Alterungsprozesse statt, die die Effizienz bei der Umwandlung von Licht- oder Teilchensignalen in elektrische Signale reduzieren. Dies ist auf verschiedene Prozesse zurückzuführen, die durch die Bestrahlung im Halbleiter ausgelöst werden.

Einer der Haupteffekte der Bestrahlung ist die Erzeugung von Defekten im Kristallgitter des Halbleiters. Diese Defekte können die Beweglichkeit der Ladungsträger und die Ladungsträgerlebensdauer beeinflussen. Wenn die Beweglichkeit der Ladungsträger abnimmt, kann die Ladung nicht effektiv vom Detektor gesammelt werden und es wird weniger Strom erzeugt. Wenn die Ladungsträgerlebensdauer abnimmt, kann die Zeit, die die Ladungen benötigen, um vom Detektor gesammelt zu werden, verkürzt werden, was wiederum zu einer verringerten Effizienz führt.

Fehlstellen sind ebenfalls Kristalldefekte, die durch Bestrahlung entstehen. Sie können bei Siliziumdetektoren zu einem erhöhten Dunkelstrom führen und damit das Signal-Rausch-Verhältnis des Detektors verschlechtern. Bei SiC-Sensoren ist dieser Effekt durch die größere Bandlücke stark unterdrückt.

Insgesamt ist die Alterung von Halbleitersensoren durch Bestrahlung ein wichtiges Thema, das bereits beim Design der Sensoren berücksichtigt werden muss, insbesondere bei Anwendungen, bei denen eine hohe Zuverlässigkeit und Langzeitstabilität erforderlich sind.

Tests mit Teilchenstrahlen

MedAustron, low flux single particle response bis FLASH

Verifizierung mittels EBT3 Filmen

Positions- und Intensitätsmonitor für Teilchenstrahlen

HDM1, Foto