Das Ziel von Experimenten zur direkten Suche nach Dunkler Materie ist es, Wechselwirkungen der bisher noch unentdeckten Teilchen der Dunklen Materie in ihren Detektoren nachzuweisen. Die wesentliche Herausforderung hierbei ist, zwischen potentiellen Wechselwirkungen von Teilchen der Dunklen Materie und Wechselwirken gewöhnlicher, schon bekannter Teilchen zu unterscheiden. Hierfür gibt es zwei unterschiedliche Ansätze, der erste besteht aus Experimenten mit einer Zweikanalauslese, wobei ein Kanal die im Detektor deponierte Energie misst und der zweite Kanal Aufschluss über die Art des Teilchens liefert. Der zweite Ansatz ist nach einer jährlichen Modulation der Wechselwirkungsrate zu suchen. Diese wird erwartet, da die Erde um die Sonne kreist und sich somit ihre Geschwindigkeit in Bezug auf die Dunkle-Materie-Teilchen über das Jahr ändert. Das DAMA/LIBRA Experiment verfolgt den zweiten Ansatz und misst, interessanterweise, genau solch eine erwartete jährliche Modulation. Bis jetzt konnte dies allerdings kein anderes Experiment bestätigen, stattdessen existieren mehrere Ergebnisse, welche dem DAMA/LIBRA Signal deutlich widersprechen. Allerdings muss man betonen, dass keines dieser Experimente ebenfalls NaI als Detektormaterial verwendet, was den Vergleich verschiedener Resultate anfällig für etwaige Matialabhängigkeiten macht. 

Das COSINUS-Experiment (Cryogenic Observatory for SIgnals seen in Next-generation Underground Searches) zielt darauf ab, diese Unsicherheit aus der Welt zu räumen und schlussendlich eine völlig modellunabhängige Überprüfung des DAMA/LIBRA-Signals zu ermöglichen. Dazu kombiniert COSINUS das DAMA/LIBRA-Detektormaterial (NaI) mit einer Zweikanalauslese (erster Ansatz), ein Novum für NaI-basierte direkte Suchen nach Dunkler Materie. Zwei Kanäle erhält man, indem man NaI als sog. Kryodetektor bei mK-Temperaturen betreibt, welcher simultan das Wärmesignal (Energiemessung) und das Szintillationslicht (Identifizierung der Teilchenart) misst, die bei einer Teilchenwechselwirkung im NaI-Kristall erzeugt werden. CRESST ist das führende Experiment im Bereich leichter Dunkle-Materie-Teilchen und basiert auf derselben Technologie, benutzt allerdings ein anderes Detektormaterial, Kalziumwolframat (CaWO4) bei CRESST, Natriumiodid für COSINUS. 

Die wesentliche Herausforderung, der sich COSINUS gegenüber sieht, ist in den unvorteilhaften Eigenschaften von NaI begründet. Insbesondere dessen Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit erzwingt die Verwendung völlig neuer Verfahren von der Detektorproduktion bis zum finalen Einbau ins Experiment. In den Jahren 2016 und 2017 hat COSINUS erfolgreich seine ersten beiden Prototypen gemessen. Die Messung des ersten Prototyps war die weltweit erste erfolgreiche Messung eines NaI-basierten Kryodetektors überhaupt, der zweite Prototyp war ein Test des finalen Detektoraufbaus. Derzeit arbeiten wir an Verbesserungen der Leistungsfähigkeit der Detektoren, welche maßgeblich für COSINUS sind, um eines der derzeit größten Mysterien aktueller Teilchenphysik zu lösen. 

Das HEPHY ist Gründungspartner des COSINUS-Projektes (Sprecher: F. Reindl) und ist insbesondere verantwortlich für Datennahme (Hard- und Software) und Datenanalyse. 

http://cosinus.it

The COSINUS project: perspectives of a NaI scintillating calorimeter for dark matter search,  COSINUS collaboration, G. Angloher et al.,  Eur. Phys. J. C (2016) 76: 441, https://doi.org/10.1140/epjc/s10052-016-4278-3

Results from the first cryogenic NaI detector for the COSINUS project, COSINUS collaboration, G. Angloher et al., accepted for publication in JINST, https://arxiv.org/abs/1705.11028 .