29.05.2018

Noten für das Fux.Opernfest der Styriarte

„Tu felix Austria“ ist das Festivalmotto der diesjährigen Styriarte. Einen Höhepunkt bildet das Fux.Opernfest mit der Aufführung der Oper Julo Ascanio, die in einem phantasiereichen Ineinanderwirken von Musik, Szene, Licht, Kostüm und „Glücksgarten“ als barockes Spektakel alle Sinne zu verzaubern verspricht. Das Werk wurde am IKM eigens für diese Aufführung neu ediert und für die Praxis eingerichtet. Die Materialien werden künftig auf Fux-online bereitstehen, um weitere Ensembles für Fux zu begeistern.

Johann Joseph Fux, Titelblatt der Oper Julo Ascanio, Re d’Alba, 1708 (ÖNB, A-Wn Mus.Hs. 17247)

Das renommierte Grazer Musikfestival Styriarte startet heuer unter dem Titel „Fux.Opernfest“ einen mehrjährigen Zyklus mit Opern des gebürtigen Steirers Johann Joseph Fux (ca. 1660–1741), der am Wiener Hof unter den Kaisern Leopold I., Joseph I. und Karl VI. als Komponist und Kapellmeister wirkte. Den Auftakt macht Fux’ älteste erhaltene Oper, das „Poemetto drammatico“ Julo Ascanio, Re d’Alba, erstmals aufgeführt zum Namenstag Kaiser Josephs I. am 19. März 1708. Es ist auffällig, dass das Aufführungsjahr auf dem Titelblatt der Partitur radiert und mit „1712“ überschrieben wurde, denn zu dieser Zeit war der Widmungsträger Joseph I. bereits tot. Wahrscheinlich wurde ein missverstandener Eintrag aus dem Inventar nachträglich auf die Quelle übertragen.

Fux’ Vertonung zeichnet sich durch ein breites charakterliches Spektrum aus, das die Personen und ihre Stimmungen feinsinnig und differenziert ausleuchtet. Soloinstrumente wie Chalumeaux, Cembalo, Trompete, Gamben und Fagotte intensivieren starke Affekte und Schlüsselszenen durch ihre besonderen Klangfarben. Bei der Styriarte erweckt das Zefiro Barockorchester unter Alfredo Bernardini die Oper und ihre mythischen Protagonisten erneut zum Leben, die Lichtregie von OchoReSotto und die Kostüme von Lilli Hartmann lassen das Publikum auch visuell in die zwischen Antike und Barock schillernde Vergangenheit eintauchen.

Eine glückliche Verbindung ist auch die Kooperation von Styriarte und der am IKM angesiedelten Fux-Ausgabe: Eigens für das Fux.Opernfest wurden hier Aufführungsmaterialien erstellt, die nach dem Konzert als ‚praxiserprobte‘ Stimmen open access auf www.fux-online.at zum Download zur Verfügung stehen werden. Darüber hinaus wird das Werk in die gedruckte Ausgabe Johann Joseph Fux – Werke aufgenommen. Mit philologischen Erkenntnissen aus dem Quellenstudium und aktueller Editionsmethodik wird der Band gegenüber der 1962 erschienenen Erstedition einen neuen Standard setzen.

Julo Ascanio ist in nur einer Partiturabschrift sowie Streicherstimmen für Violinen, Viola und Violoncello überliefert, das Libretto des von Pietro Antonio Bernardoni verfassten Textes ist nicht als Druck erhalten. Dadurch stehen nur bedingt Vergleichsmaterialien zur Verfügung, die bei problematischen oder fehlerhaften Stellen zu Rate gezogen werden könnten. „Weil nur die vom Hofviolinisten Nicola Matteis angefertigten Streicherstimmen erhalten sind und die mehr auf das Strukturelle bedachte Partitur nicht alle aufführungspraktischen Details enthält, muss eine für die Musikpraxis bestimmte Edition insbesondere im Bereich der Besetzung und bei den spieltechnischen Zusätzen wie Bindebögen und Dynamik eindeutige, historisch wie aufführungspraktisch sinnvolle Lösungen anbieten“, führt Musikwissenschafterin Ramona Hocker näher aus. Aus den originalen Streicherstimmen flossen aufführungspraktische Details und Korrekturen in die Edition ein. Wörtlich oder modifiziert wiederkehrende Stellen wurden miteinander verglichen und dort, wo es musikalisch sinnvoll erscheint, aufeinander abgestimmt. In der Dirigierpartitur sind die Herausgeberzusätze gekennzeichnet, ein Kritischer Bericht informiert den Dirigenten über abweichende Lesarten in den Quellen sowie von den Herausgebern vorgenommene Korrekturen.

Die Größe der einzelnen Instrumentengruppen sowie die Besetzung der Tuttistellen war stets von den Ausführenden, vom Raum und der Akustik abhängig. Als Ideal galt eine klangliche Balance zwischen den Stimmen. Auch Besetzung und Größe der Bassgruppe gehen aus der Partitur nur an wenigen Stellen deutlich hervor; somit müssen bei der Edition Vorschläge für die Mitwirkung von verstärkendem Fagott und Violone gemacht werden. In Wien war es im Barock eine gängige Praxis, in Opern die Violinen in den Tutti der größer disponierten Arien durch Oboen zu verstärken, die aber in der Partitur nur selten explizit genannt werden. Basierend auf Erkenntnissen zur Wiener Opernpraxis bietet die Edition hier ebenfalls entsprechend gekennzeichnete Vorschläge und keine Standardlösungen. Ganz im Sinne der barocken Aufführungspraxis soll keine Rekonstruktion einer bestimmten Ausführung entstehen, sondern die in einem gewissen Grad offene klangliche Realisierung muss auch heute an den jeweiligen Gegebenheiten ausgerichtet werden – die Editoren Alexander Rausch und Ramona Hocker sind neugierig auf die Aufführungen am 22., 23. und 25. Juni 2018 in Graz.

Begleitend zu den Opernaufführungen findet am 23. Juni 2018 eine Rahmenveranstaltung mit einem Künstlergespräch zur Produktion, wissenschaftlichen Beiträgen und anschließender Podiumsdiskussion statt, und am 24. Juni 2018 sendet Radio Steiermark um 21:03 Uhr einen Mitschnitt von Julo Ascanio, Re d’Alba.