ACDH-CH Forschungstag 5

Mehrsprachigkeit in Gesellschaft und Wissenschaft

Ziele und Inhalte

Im 19. Jahrhundert wurde – erfolgreich – die Identität von Sprache und Volk bzw. Nation propagiert und im Sinne dieser Ideologie das einsprachige Individuum zur (erstrebenswerten) Norm erklärt. Diese Vorstellung von Mehrsprachigkeit als Devianz prägt auf nationaler Ebene bis in die Gegenwart Spracheinstellungen und Sprachenpolitik (nicht nur) in Österreich. Dies hat etwa zur Folge, dass insbesondere erstsprachliche Kompetenzen in anderen Sprachen als Deutsch abgewertet werden. Gleichzeitig lässt sich auch in trans- und internationalen Kommunikationszusammenhängen wie der Wissenschaft eine durch die starke Position der Lingua franca Englisch bedingte Tendenz zur kontextspezifischen Monolingualität beobachten. Diese verstärkt die Abwertung anderer Sprachen als der „Staatssprache“ Deutsch (B-VG §8) und der Lingua franca Englisch immer weiter und führt die sprachenpolitische Grundidee der EU, dass alle EU-Bürger:innen neben ihrer Erstsprache mindestens zwei weitere Sprachen sprechen sollten, de facto ad absurdum.

Vor diesem Hintergrund haben sich die vier im Rahmen der von 2021–2023 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eingerichteten Themenplattform „Mehrsprachigkeit“ geförderten Projekte zum Ziel gesetzt, sprachliche Vielfalt in Österreich sichtbarer zu machen und zu stärken, indem ihr Mehrwert gegenüber Monolingualität in Wissenschaft und Gesellschaft mit Blick auf das Erkennen und Wahren des kulturellen Erbes hervorgekehrt wird. Neben der Erhebung individueller und gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit mit sowohl qualitativen als auch quantitativen Methoden in Österreich bzw. spezifisch in Wien wurde besonderes Augenmerk auf Mehrsprachigkeit in der Wissenschaft und Medienlandschaft gelegt.

Im Rahmen des 5. ACDH-CH Forschungstages „Mehrsprachigkeit in Gesellschaft und Wissenschaft“ sollen nun die Ergebnisse dieser vier Projekte präsentiert und im Kontext weiterer ausgewählter Forschungsbeiträge diskutiert werden. Allen Vorträgen ist gemeinsam, dass sie sich mit diversen Aspekten von Mehrsprachigkeit in (v. a. Österreichs) Gesellschaft und Wissenschaft auseinandersetzen. Die Veranstaltung bietet damit einen Rahmen zur Vernetzung verschiedenster Institute, Abteilungen, Projekte und Personen der ÖAW und anderer Forschungsinstitutionen in Wien, die sich aus sprachwissenschaftlicher, soziologischer, medienwissenschaftlicher, ethnologischer oder historischer Perspektive damit auseinandersetzen,

  • welche Sprachen und/oder Varietäten von Personen oder Personengruppen in Österreich in welchen sozialen Kontexten und wie erworben, gelernt oder verwendet werden,
  • welche Einstellungen und/oder Sprachideologien mit der (Nicht-)Verwendung von Sprachen und/oder Varietäten in bestimmten Kontexten einhergehen und
  • wie diese historisch oder gegenwärtig im weitesten Sinne sprachenpolitisch (re-) produziert wurden bzw. werden.

Programm

09.15-09.30

Begrüßung und Einführung
zum Forschungstag

Alexandra N. Lenz

MEHRSPRACHIGKEIT UND IDENTITÄT IN DER DIASPORA

09.30-10.00

Verborgene Schätze: Sprachvielfalt in der aramäischen, christlich-orthodoxen und jüdischen Gemeinde Wiens (Juhuri, Makedonisch, Boyash, Turoyo)

Andreea Pascaru & Thede Kahl

10.00-10.30

Multilingualism among Turkish Sephardim: A Pillar of Sephardic Identity?

Ioana Aminian Jazi

10.30-11.00

Kaffeepause

 

MEHRSPRACHIGKEIT IN TEXTEN UND (TEXT-)KULTUREN

11.00-11.30

Similar yet different: Latin-Vernacular Code-Switching in Medieval Church Sermons

Jan Odstričilík

11.30-12.00

Medien, sprachliche Vielfalt und Minderheiten in Österreich. Ein Projektbericht

Yelizaveta Andakulova & Josef Seethaler

12.00-12.30

Die Sprache der Wissenschaft

Max Haller & Dimitri Prandner

12.30-13.30

Mittagspause (Selbstversorgung)

 

MEHRSPRACHIGES WIEN

13.30-14.00

Narratives of Migration-based Multilingualism: The Case of the Serbian Community in Vienna

Sanja Miketić Subotić

14.00-14.30

(Post)Sowjetische Self- und Re-Branding-Strategien in den Wiener Linguistic Landscapes: Eine Fallstudie der sog. „russischen Läden“ in deutschsprachigen Großstädten

Aleksej Tikhonov

14.30-15.00

„Wenn Mause und Vogeln sich um drei Stift streiten“: Inner- und
außersprachlich bedingte Pluralvariation bei simultan und sukzessiv bilingualen sowie monolingualen Wiener Kindergartenkindern

Katharina Korecky-Kröll, Marina Camber, Kumru Uzunkaya-Sharma & Wolfgang U. Dressler

15.00-15.30

Kaffeepause

 

INNERE UND ÄUSSERE MEHRSPRACHIGKEIT IN ÖSTERREICH

15.30-16.00

Aspekte der (Mehr-)Sprachigkeit in Österreich – Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung

Agnes Kim, Wolfgang Koppensteiner, Maria Schinko, Alexandra N. Lenz & Stefan Michael Newerkla

16.00

Verabschiedung

Stefan Michael Newerkla


Datum

5. November 2024


Ort

Österreichische Akademie der Wissenschaften
Festsaal
Dr. Ignaz-Seipel-Platz 2
1010 Wien



Anmeldung

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