23.06.2021

Von Gentechnik zu Algorithmen

Welche Rolle spielt Technikfolgenabschätzung bei der Entwicklung und dem Einsatz neuer Technik? Wie relevant ist sie für politische Entscheidungen in Österreich? Michael Nentwich und Daniela Fuchs werfen einen Blick auf drei Jahrzehnte ITA und die Höhepunkte der Technikfolgenabschätzung in Österreich.

Michael Nentwich (3.v.l.) beim wöchentlichen Jour Fixe - am ITA arbeiten Volkswirt*innen, Biolog*innen, Soziolog*innen und Humanökolog*innen interdisziplinär zusammen. (Foto: ÖAW)

Ob Neuro-Enhancement, Nanotechnologien oder die Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Privatsphäre und unser Arbeitsleben – Technikfolgenabschätzung (TA) ist heute aus der politischen und wissenschaftlichen Landschaft Österreichs nicht mehr wegzudenken. Dem war aber nicht immer so.

Die ITA-Humanbiologin und Historikerin Daniela Fuchs und ITA-Leiter Michael Nentwich beschreiben in ihrem Artikel „Drei Jahrzehnte institutionalisierte TA in Österreich: Das Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften" die Höhen und Tiefen der TA seit den 1980er-Jahren: Von der Gründung einer Forschungsgruppe 1984 bis hin zur Beratungsrolle für das Parlament, die das ITA seit 2017 gemeinsam mit dem AIT – Austrian Institute of Technology einnimmt. Aktuell berät es das Parlament zu den Folgen eines großflächigen Blackouts und zu Fragen der Cybersecurity.

Technik und Gesellschaft im Vordergrund

"In Österreich ist Technikfolgenabschätzung eng mit der Gründung und Entwicklung des ITA verknüpft", betont Michael Nentwich. 1987 begann der habilitierte Wissenschafts- und Technikforscher für die Forschungsgruppe TA zu arbeiten, heute leitet er das ITA, das 1994 in ein Institut der ÖAW umgewandelt wurde. "Unser Ziel ist es, die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und umweltrelevanten Folgen neuer Technologien zu erforschen. Weiter geht es darum die Politik dahingehend zu beraten, dass neue Technologien so in unserer Gesellschaft angewendet werden, dass fundamentale Grundprinzipien wie z.B. Umweltschutz, Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und Datenschutz berücksichtigt werden", meint Nentwich weiter.

Aufstieg mit Hindernissen

In ihrem Artikel berichten Fuchs und Nentwich nicht nur von den phasenweise konfliktreichen Anfängen der TA in Österreich: von der Gründung durch Ernst Braun, über den Ausbau interdisziplinärer Kompetenz in den 1990er-Jahren bis zum drohenden Aus für die Technikfolgenabschätzung im Zuge einer großen Umstrukturierung der ÖAW. Sie werfen auch einen ehrlichen und durchaus kritischen Blick auf die Errungenschaften des ITA und beschreiben den langen Weg zu einer stabilen Zusammenarbeit mit dem österreichischen Parlament.

„Wie Technik und Gesellschaft zusammenwirken und sich gegenseitig beeinflussen, wie sich Technologien auf unser Leben auswirken, diese Fragen werden uns noch lange beschäftigen. Wesentlich bei der TA ist, dass die Expertise von einem Team aus unterschiedlichen fachlichen Richtungen kommt. Bei uns arbeiten u.a. Biolog*innen, Ingenieur*innen, Techniksoziolog*innen und Volkswirt*innen Seite an Seite. Das ermöglicht uns, eine einzigartige Perspektive einzunehmen, die wir der Politik und der Öffentlichkeit vermitteln wollen.“