Maximilian und die Jungfrau Maria
![Unio pro co[n]servatio[n]e rei publice, Antwerpen: Jan de Gheet 1515. Initiale der Motette Sub tuum praesidium von Benedictus de Opitiis auf fol. Av (Leuven, Katholieke Universiteit Leuven, Libraries Special Collections, R2b2529; äußerer Bogen auf Latein).](/fileadmin/Institute/imafo/img/forschung/MIR/ManMax/talkmax04.png)
Eine klangvolle Allianz von Macht und Frömmigkeit in Burgund
Der geradezu ausufernde Lobpreis Mariens scheint beinahe ein selbstverständlicher Bestandteil der spätmittelalterlichen Frömmigkeit zu sein. Im Umfeld vieler (spät-)mittelalterlicher Herrscher erweist sich die Marienfrömmigkeit als wiederkehrendes Phänomen, das sich in unterschiedlichen Medien mit Verbindungen zu ihren Höfen ausmachen lässt – so auch bei Maximilian I. Sie begegnet uns auf vielen Ebenen – ob nun auf politischer, religiöser, textlicher, bildlicher oder musikalischer Ebene und auch unabhängig von der Liturgie. Lässt man die offenbar allgemein gültigen Annahmen zur Marienfrömmigkeit einmal außer Acht – nämlich als reine Konvention der Zeit und Vorsorge für das eigene Seelenheil –, ergeben sich neue Fragestellungen: Aufgrund der Bedeutung der Marienverehrung für den maximilianischen Hof stellt sich zum einen die Frage, in welchen geographischen, politischen oder kulturellen Kontexten die Rezeption Marias besonders hervortritt. Zum anderen fragt man – möglicherweise aus purer Neugier heraus –, ob diese Marienfrömmigkeit eine individuelle Verbindung zur Tatsache aufweist, dass Maximilians erste Ehefrau diesen Namen trug. Wie sich herausstellt, ergänzen sich diese Fragen: Schon bei den ersten Recherchen nach maximilianischen Quellen, die eine marianische Komponente aufweisen, stößt man schnell auf Dokumente aus dem burgundischen Raum. Unübersehbar werden dabei auch die Rolle und Funktion der Marienfrömmigkeit bei Maria von Burgund, die der Herzogin zu ihren Lebzeiten als politisches Hilfsmittel zu Einfluss und Handlungsspielraum verhalf. Diese entscheidende Tatsache und insbesondere ihre potenziellen Auswirkungen auf Maximilians Herrschaftspolitik in Burgund blieb bislang – vor allem in der Musikwissenschaft – unbeleuchtet. Zwischen der Jungfrau Maria, eine der Landesheiligen Burgunds, und der Herzogin Maria bestand ein bewusst geschaffener, inszenierter Assoziationsraum. Maximilians Rezeption dieser marianischen Frömmigkeitspraxis und ihren Funktionen in Burgund (insbesondere in der Region Flandern), soll erstmals Gegenstand der Untersuchung und anhand ausgewählter Beispiele beleuchtet werden.