30.09.2020

"Die Wissenschaft muss bei den Fakten bleiben"

Kann Geoengineering das Weltklima beeinflussen? Warum manipulieren wir Gene von Embryos? Techno-Wissenschaften versprechen neue Möglichkeiten.

Mäuse mit grün fluoreszierendem Protein, einem Schlüsselbaustein der Zellforschung. (Foto: WikiCommons)

Wissenschaftliche Forschung ist heute eng mit technologischen Möglichkeiten verbunden: Die sogenannte „Genschere“ CRISPR-Cas9 ermöglicht die Konstruktion von neuen Organismen, durch Geoengineering soll das Weltklima beeinflusst werden, Nanomaterialien verändern die Eigenschaften von Kosmetika und Lebensmittelverpackungen. Geht es hier noch um Natur oder schon um Technik? Wer übernimmt die Verantwortung für eventuelle Nebenfolgen? Dürfen wir das überhaupt?

Karen Kastenhofer, Senior Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), erforschte zuletzt in ihrem Elise-Richter-Projekt den Wandel von der Biologie zu den Technowissenschaften: „Das Credo der freien Forschung ist essentieller Bestandteil einer Demokratie. Fördergeber und Politik stellen aber gleichzeitig Ansprüche auf Problemlösungen. TechnoWissenschaften stellen eine neuartige Verschmelzung von erkenntnisorientierter Grundlagenforschung mit Ansprüchen und Ansätzen eines Engineering dar. Individuelle Bedenken, nüchterner Faktencheck oder auch nationale Regulierungsansätze sollten aber ebenso berücksichtigt werden.“

Weiterlesen im aktuellen ITA-Dossier "Die neuen TechnoWissenschaften"

Im aktuellen ITA-Dossier „Die neuen TechnoWissenschaften“ stellt Kastenhofer die Frage, wie wir mit diesem neuen Forschungszweig sozial verantwortlich umgehen können. „Techno-wissenschaftliche Innovationen greifen tief in unser Leben ein. Das kann neue Fragen in Bezug auf einen umsichtigen Umgang aufwerfen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die beteiligten Akteure auf die Probe stellen. Warum brauche ich Nano in meiner Sonnencreme? Werden wir in Zukunft in den genetischen Code unserer Babies eingreifen? Stehen wirtschaftliche Interessen gar über gesellschaftlichen Bedürfnissen?“ 

In ihrem Dossier beschreibt Kastenhofer Leitlinien, um TechnoWissenschaften steuerbar und regulierbar zu machen: „Die Wissenschaft muss bei den Fakten bleiben, es liegt an uns tatsächliche Machbarkeit von visionären Versprechungen zu unterscheiden. Bestehende Interessenskonflikte müssen offen angesprochen und gesellschaftlich ausgehandelt werden. Gegebenenfalls braucht es hierzu auch neue Orte und Formate. Wird alles miteinander vermischt, leiden letztlich die Qualität und das Ansehen unserer Forschung wie auch unserer Demokratie.“