27.06.2018

18. ITA-Jahreskonferenz

Kann man darüber, wie Technik die Gesellschaft umformt, neutral forschen? Welche Intentionen verbergen sich hinter den Ergebnissen der Technikfolgenabschätzung? Und warum glauben immer noch so viele Menschen, Suchmaschinen würden "objektive" Resultate ausspucken?

ITA-Direktor Michael Nentwich (ganz rechts) mit den drei Keynote-Speakern. V.l.n.r.: Armin Grunwald (TAB/Berlin), Regine Kollek (Universität Hamburg), Pierre Delvenne (Universität Liège)

Diese und andere Fragen wurden auf der 18. Jahreskonferenz des ITA zum Thema "Normativität in der Technikfolgenabschätzung" am 11. Juni an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften diskutiert.

TechnikforscherInnen sollen sich "bekennen"

Für den belgischen Technikforscher Pierre Delvenne von der Universität Liège ist der Zug für eine neutrale Technikfolgenabschätzung jedenfalls abgefahren: "Wir geben vor, im politischen Spektrum keinen Platz einzunehmen, aber wir sollten uns endlich eingestehen, dass auch wir, die Technik auf positive und negative Effekte überprüfen, einen Standpunkt einnehmen, wie unsere Welt aussehen sollte."

Konferenz-Organisator Helge Torgersen (ITA) sieht es etwas differenzierter: "Wir sprechen hier von grundsätzlichen Werten, die in der Wissenschaft seit der Aufklärung vorhanden sind: Faktentreue statt Fake News, Vernunft statt Populismus - diese Werte lassen sich sehr wohl auch abseits des politischen Spektrums vertreten. Die Frage ist nur, wie man gegenüber der Politik damit umgeht."

Suchmaschinen sind nicht neutral

Besonderes Interesse erregte der Vortrag von ITA-Forscherin Astrid Mager. Sie beschäftigt sich mit Normen und Werten in Algorithmen: "Internet-Technologien wie zum Beispiel Suchmaschinen, aber auch soziale Medien, die wir täglich verwenden, sind nicht frei von gesellschaftlichen Werten und Ideologien, ganz im Gegenteil. In Zeiten von sich häufenden Datenskandalen und Leaks müssen wir uns fragen, welche gesellschaftlichen Visionen und Werte in Technologie eingeschrieben werden, und wie sich dies auf unser Leben auswirkt.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing?

ITA-Forscherin Karen Kastenhofer beleuchtete in ihrem Beitrag die Interessen und Begehrlichkeiten der Auftraggeber und Geldgeber von TA-Studien. "Die Rahmenbedingungen für die Technikfolgenabschätzung haben sich seit ihren Anfängen in den 70er-Jahren massiv verändert: Die EU fördert das Konzept einer "verantwortungsvollen Forschung", gleichzeitig loten Forschungsgebiete wie Biotechnologie oder Robotik die Grenzen des Menschenmöglichen aus. Die internationale TA-Community stellt sich daher gerade einem vertieften Reflexionsprozess."


27.06.2018

Von: Denise Riedlinger