Physikerin

* 7. November 1878 in Wien
† 27. Oktober 1968 in Cambridge (England)

1948  Wahl zum korrespondierenden ÖAW-Mitglied im Ausland der math.-nat. Klasse

Werdegang / Career:

  • Universität Wien: Studium der Physik, Mathematik, Botanik und Philosophie (1901-1905). Sie war die erste Hörerin in Österreich, die Physikvorlesungen besuchte.
  • Universität Wien: Promotion in Physik (1906) bei Franz Serafin Exner und Ludwig Boltzmann
  • Universität Wien, Institut für Theoretische Physik (1906/1907)
  • Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Chemisches Institut (1907-1912): Beginn der Zusammenarbeit mit Otto Hahn
  • Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie, Berlin, Forschungsabteilung Radioaktivität (1912-1938): seit 1913 wissenschaftliches Mitglied des Instituts, ab 1918 Leitung der physikalisch-radioaktiven Abteilung.
  • Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin: Habilitation für Physik (1922)
  • Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin: a.o. Professur für Physik (1926-1933), als erste Professorin für Physik in Deutschland
  • Nobel-Institut, Stockholm (1938-1946)
  • Katholische Universität, Washington, D.C.: Gastprofessur (1946/47)
  • Königlich-Technische Hochschule Stockholm, Physikalisches Institut: Leiterin der kernphysikalischen Abteilung (1947-1956)

Forschung / Research:

Früh stellte Lise Meitner die Probleme des ß-Zerfalls in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Während Meitners mehr als 25-jähriger Tätigkeit am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin entstanden in reger Verbindung mit den radiochemischen Arbeiten Otto Hahns ihre grundlegenden Beiträge zum radioaktiven β-Zerfall sowie weitere Untersuchungen gemeinsam mit Hahn, die der Auffindung der Kernspaltung durch Otto Hahn und Fritz Strassmann im Dezember 1938 unmittelbar vorangingen. Im Anschluss an die Entdeckung der Uranspaltung entwickelte Lise Meitner in Stockholm die physikalische Deutung des Spaltprozesses.

Über die Aufklärung der Probleme des ß-Zerfalls und der γ-Strahlen hinaus entwickelte sie gemeinsam mit Otto Hahn die α-Rückstoß-Methode, die von großem praktischem Wert für die Abtrennung eines Zerfallsproduktes von der Muttersubstanz ist. Zudem entdeckte sie, ebenfalls gemeinsam mit Otto Hahn, eine Reihe radioaktiver Isotope wie Protactinium 231, Actinium C und Thorium D.

Auszug aus dem Nachruf von Berta Karlik im Almanach 1969 / Jg. 119, S. 345-354:

Lise Meitner war eine Persönlichkeit, die bei aller Bescheidenheit, ja Schüchternheit des Auftretens ihre Gesprächspartner sogleich beeindruckte durch ihr unverkennbares Streben nach Klarheit der Gedankengänge und ihren geradezu leidenschaftlichen Wunsch, die ungeschminkte Wahrheit zu ergründen. Die Intensität, mit der sie Gespräche führte, wird wohl für jeden, der persönlichen Kontakt mit ihr hatte, unvergesslich bleiben. Ihre Konzentration auf das Gesprächsthema war so groß, dass sie alles andere um sich herum vergessen konnte. Diese Konzentrationsfähigkeit war wohl auch ein Teil ihrer Stärke in ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Ihr kritischer Geist und scharfer Verstand waren auch unbestechlich in der Beurteilung der Menschen, mit denen sie in Verbindung stand, aber ihr warmherziges Interesse an Menschen und Schicksalen bewahrte sie vor Härte. Es befähigte sie auch zur Pflege lebenslanger Freundschaften, die einen sehr wesentlichen Teil ihres persönlichen Lebens ausmachten. Sie war eine treue Briefschreiberin. Mit den bedeutendsten Forschern ihres Faches stand sie in engster Verbindung. Von vielen seien hier nur Max v. Laue, James Franck, Erwin Schrödinger und Wolfgang Pauli genannt. Max Planck verehrte sie zutiefst.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften / Awards and Memberships:

  • Trägerin u.a. des Lieben-Preises der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Max-Planck-Medaille, des Otto-Hahn-Preises, des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste, der Wilhelm-Exner-Medaille, des Enrico-Fermi-Preises, des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst sowie des Ehrenpreises der Stadt Wien für Wissenschaft.
  • Das chemische Element 109 wurde Meitnerium genannt, eine sehr ungewöhnliche und besonders exklusive Auszeichnung.
  • U.a. Mitglied der Leopoldina, der Göttinger Akademie der Wissenschaften, der Akademien von Göteborg und Stockholm, korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, auswärtiges Mitglied der Royal Society in London sowie Mitglied der American Academy of Arts and Sciences.

Quellen: