Durch Wissen wird der Mensch zum Menschen;
Hat er kein Wissen, so gleicht er nur dem Thiere.
Torheit ist Handeln in Unwissenheit,

und die Torheit findet nie den Weg zur Wahrheit.
Hafis (1315 - 1390)

 

 

Bücher waren für Edward Zakarian ein Fenster zur Welt, besonders als Exil-Iraner waren sie es, die es ihm ermöglichten, geistig in seine Heimat, den Iran, zurückzukehren. Auf die Frage: “Was soll ich dir aus der Heimat mitbringen?“ lautete seine Antwort stets: "Bücher". Geduldig sammelte er sie sein Leben lang, vor allem die Werke vieler berühmter Dichter und Wissenschaftler, die in der Islamischen Republik zum Schweigen verurteilt waren. Am Ende umfasste seine Bibliothek mehr als 1300 Bücher in persischer Sprache und zeugte vom unschätzbaren Reichtum der persischen Kultur.

Die Bibliothek von Edward Zakarian wurde von seiner Witwe Clara Atayan und von seiner jüngeren Tochter Arlette Zakarian 2023 dem Institut für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vermacht. Der Nachlass umfasst zahlreiche Bücher zur Geschichte, Literatur, Ethnologie, Kunst und Politik Irans und seiner Nachbarregionen. Darüber hinaus enthält er eine Sammlung umfangreicher ins Persische übersetzter Werke der abendländischen klassischen Literatur berühmter deutsch-, französisch-, russisch- und englischsprachiger Autoren, die Edward Zakarian seit den frühen 1980er Jahren geduldig zusammengetragen hat.

Edward Zakarian (24. August 1931 - 4. April 2008), Geschäftsmann und Autodidakt, wollte immer mehr über das Land und die Region, in der er geboren wurde, erfahren und sie besser verstehen. Er stammte aus der Region Bandar Anzali am Kaspischen Meer, einer Region mit einer sehr großen armenischen Minderheit. Er selbst war armenischer Herkunft. Edward Zakarian wuchs als Halbwaise bei seiner Großmutter väterlicherseits auf. Er besuchte die damals konfessionslosen iranischen Schulen, wo er Französisch lernte und sich im Theaterspiel übte.

Später zog er nach Teheran, wo er Clara Atayan, eine Armenierin, heiratete und Vater von zwei Töchtern wurde. Edward Zakarian wurde Unternehmer. Als Vertreter der japanischen Pharmaindustrie im Iran war er später im Import-Export-Geschäft zwischen Iran und Japan tätig. Nach der Revolution von 1979, als seine iranischen, armenischen und jüdischen Freunde flohen, leistete er zunächst Widerstand, indem er seine Familie in Sicherheit brachte, aber in Teheran blieb, in der Hoffnung, dass sich die Lage beruhigen würde. Doch wegen seiner politischen Überzeugungen wurde er inhaftiert und musste mit seiner Familie sein Heimatland verlassen, das nach dem Regimewechsel unwirtlich geworden war.

Er wurde Iraner in der Diaspora. Aber er konnte sich nie von Iran und den Iranern distanzieren. Diese Haltung hat ihn nie verlassen, denn in Wien las, hörte und schrieb er weiterhin in der Sprache, die er als reich, unglaublich dicht und nuancenreich empfand. Er war polyglott und sprach neben Farsi und Armenisch fließend Englisch und Französisch. Er lernte Arabisch. Eine besondere Stellung nahm aber immer das Persische ein, dessen Kalligraphie ihn faszinierte.

Mit dieser Schenkung wollte die Witwe Clara Atayan europäischen Wissenschaftlern, die sich mit der iranischen Sprache beschäftigten, die Möglichkeit geben, dies auch in Europa - nämlich in Wien - zu tun. Darüber hinaus ist diese Schenkung auch ein Dankeschön an die Republik Österreich, die die Familie Zakarian in ihrer neuen Heimat aufgenommen und ihren Töchtern ermöglicht hat, in einem Rechtsstaat aufzuwachsen.