17.03.2022

ERC Consolidator Grant an Yasin Dagdas

Yasin Dagdas, Gruppenleiter am Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde mit einem Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) ausgezeichnet. Diese Förderung wird es Dagdas ermöglichen, die Rolle der Autophagie als Rettungsmechanismus für blockierte membrangebundene Ribosomen zu entschlüsseln. ERC Förderungen sind Europas prestigeträchtigste, hart umkämpfte Förderpreise auf allen Forschungsgebieten in der EU.

Damit die kleinsten Einheiten des Lebens reibungslos funktionieren, müssen mehrere intrazelluläre Aktivitäten gleichzeitig ablaufen. Dabei müssen sehr komplexe Mechanismen auf kleinstem Raum funktionieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Proteinsynthese in der Zelle. Dabei arbeiten mehrere Makromoleküle, die Ribosomen, auf engstem Raum zusammen, um aus einer einzigen Boten-RNA (mRNA) mehrere Kopien des benötigten Proteins zu erzeugen. Unter zellulären Stressbedingungen wird aber dieser empfindliche Mechanismus durch "Straßensperren" auf der mRNA behindert, und die Ribosomen stoßen zusammen. Solche Kollisionen erzeugen schädliche unvollständige Proteinfragmente in der Zelle. Glücklicherweise bedeutet dies aber nicht das "Aus" für die Ribosomen. Die Zellen haben ausgeklügelte Qualitätskontrollmechanismen entwickelt, um mit solchen Stresssituationen umgehen zu können. Dass nicht alle Ribosomen in der Zelle frei arbeiten, macht es noch komplizierter: Wenn das aufzubauende Protein verpackt und zu bestimmten zellulären Räumen “versendet“ wird, können die Ribosomen an das endoplasmatische Retikulum (ER) gebunden sein. Das ER ist sozusagen ein zelluläres "Verpackungs- und Prioritätspostzentrum", mit dem Zusatz, dass die Druckerei (die Ribosomen) direkt vor Ort arbeitet.

Die Qualitätskontrollmechanismen zur Rettung der so genannten cytosolischen oder "frei beweglichen", blockierten Ribosomen sind gut untersucht. Der Fall der blockierten ER-gebundenen Ribosomen ist jedoch komplexer, und der zelluläre Schaden solcher Zusammenstöße ist größer. Vor kurzem konnten der GMI-Gruppenleiter Yasin Dagdas und sein Team beweisen, dass Autophagie ausgelöst wird, wenn ER-gebundene Ribosomen blockiert werden. Autophagie („Selbstverzehrung“) ist ein wichtiger Abbauweg der Zelle. Dabei identifizierten die Forscher zwei Rezeptoren, die sowohl bei Pflanzen und Menschen vorkommen, die unter solchen Bedingungen Autophagie auslösen. Außerdem identifizierten sie ein flüchtiges molekulares Signal, das den Autophagie-Mechanismus bei der Kollision von ER-gebundenen Ribosomen reguliert. "Unsere neuen Erkenntnisse zeigen, dass Autophagie selektiv schädliche Polypeptide und RNAs abbaut, also Moleküle, die die ER-gebundenen Ribosomen bei Kollisionen behindern," erklärt Dagdas. Durch diesen konservierten zellulären Qualitätskontrollmechanismus werden die blockierten ER-gebundenen Ribosomen gerettet. Mit der Förderung des Europäischen Forschungsrats will der Wissenschaftler die Rolle der Autophagie bei der Rettung blockierter ER-gebundener Ribosomen entschlüsseln. Dagdas' Ansatz wird es ermöglichen, dieses zelluläre Phänomen anhand von Modellpflanzen und menschlichen Zellkulturen umfassend zu untersuchen. Dagdas schließt ab: "Mit dieser Arbeit können wir eine grundlegende Lücke in unserem Verständnis der Ribosomen-assoziierten Qualitätskontrollmechanismen schließen."