Jüdische Kinder in Währing besuchten viele verschiedene Schulen, angefangen von Volksschulen und Hauptschulen bis zu Gymnasien. Die Klassenkataloge, die als Basis für die Erhebung aller jüdischen SchülerInnen dienten, sind nicht für alle Schulen erhalten. Dokumentiert ist die Schule in der Haizingergasse 37.
Sie war ursprünglich eine private Mädchenschule, die ab 1921 als Gymnasium geführt wurde. 1938 gab es unter den 383 Schülerinnen 18 Jüdinnen. Im Gegensatz zu Knabenschulen mussten die jüdischen Mädchen die Schule nicht im April verlassen, sondern erst mit Ende des Schuljahres am 2. Juli 1938. Im Oktober 1938 wurde die Schule in eine öffentliche Schule umgewandelt. So genannte „Mischlinge“ konnten die Schule mit Genehmigung des Direktors weiter besuchen. Das Verhältnis zwischen „arischen“ und jüdischen Schülerinnen war nach dem „Anschluss“ keineswegs konfliktfrei und von Gewalt überschattet. In der fünften Klasse gab es drei jüdische Mädchen, Ruth G., Ada R. und Edith S. Die ehemalige Schülerin Ruth G., geb. 1924, beschrieb folgende Szene in einem Brief an Ramon Pils im November 1998:
“One day walking out into the yard at recess I saw a tight circle of girls, mostly from my class, taunting and beating up on someone in the middle of the circle. It was Edith. I did not know what had precipitated this, but I knew without a shadow of a doubt that the real reason for this happening was that Edith was a Jew. She was also the most vulnerable one of us three. I glimpsed Ada at the periphery of the circle, not participating, not doing anything. And so I also stood a distance away from Ada, not daring to look, not daring to run away. There must have been teachers in the yard, but no one interfered. It seemed to me this scene went on for an interminable time. I remember my feelings: fear, relief that I was not the one, shame and guilt for just standing there.”
Ruth G. lebte in den 1990er Jahren in Kalifornien. Ada R. konnte ebenfalls in die USA flüchten. Edith S. wurde 24. September 1942 nach Theresienstadt und am 16. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Von 1954 bis 1972 war Mina Lachs (1907-1993) Direktorin des Mädchengymnasiums in der Haizingergasse. Am 4. April 2001 wurde im Foyer des Gymnasiums eine Gedenktafel enthüllt, die an die jüdischen Schülerinnen und Lehrer der ehemaligen Privatschule für Mädchen an diesem Standort erinnert.