Negative Folgen zu vermeiden und positive zu fördern ist seit jeher Ziel der Technikfolgenabschätzung. Aber was sind positive und negative Folgen, und für wen?
Wie stellt man das fest, aufgrund welcher Kriterien? Und wie geht TA mit normativen Ansprüchen von AuftraggeberInnen und AdressatInnen um, ohne dabei ihre Neutralität zu gefährden? Schließlich erhebt sich die Frage, in welchem normativen Rahmen sich TA selber bewegt. Immerhin gab und gibt es ja etliche normative Konzepte, die für die TA wichtig sind, wie etwa Gemeinwohl, Sozialverträglichkeit, Nachhaltigkeit oder – jüngst – Responsible Research and Innovation (RRI).
Möglich wäre auch, dass TA von gesellschaftlichen Normen beeinflusst wird, die als selbstverständlich gelten, von institutionellen Normen oder auch von persönlichen Werthaltungen der MitarbeiterInnen. TAN soll anhand von konkreten Fallstudien den Umgang mit inhärenten und von außen eingeforderten Normen in der TA beleuchten, wobei auch ein Blick auf die Praxis in anderen TA-Institutionen geworfen werden soll. Ziel ist ein reflektierterer Umgang mit normativen Anforderungen und Ansprüchen in der TA.
Technikfolgenabschätzung (TA) ist unparteilicher Expertise ebenso wie demokratischen Grundwerten verpflichtet. Und darüber hinaus? In welchem normativen Rahmen bewegt sie sich, ist dieser überall gleich oder unterscheidet er sich je nach Thema, gesellschaftlicher Aufgabe oder Land und politischer Kultur? Wie soll TA mit normativen Ansprüchen umgehen, die von außen an sie herangetragen werden, und wie mit solchen, die von innen, aus der TA selbst, kommen? Welche Möglichkeiten der Identifikation und der Verarbeitung normativer Ansprüche hat TA, und wie kann und soll sie sich im Konzert widerstreitender politischer Interessen und divergierender Weltbilder positionieren? Ist „neutrale“ Expertise dabei ein Hemmschuh oder eine Hilfe; kann es sie überhaupt (noch) geben? Auf derartige Fragen versuchen die Autoren und Autorinnen des Bandes Antworten zu geben oder sich zumindest der Problematik anzunehmen, vor der immer vielfältigere TA-Ansätze in Zeiten schärferer politischer und ökonomischer Gegensätze und beschleunigter technischer Entwicklung stehen. Mit Beiträgen von Armin Grunwald, Niklas Gudowsky-Blatakes | Christoph Kehl | Helge Torgersen, Julia Hahn, Jan-Hendrik Kamlage | Julia Reinermann, Marcel Krüger | Philipp Frey, Linda Nierling | Maria Udén, Poonam Pandey | Aviram Sharma, Diana Schneider, Stefan Strauß
In diesem Artikel werden fünf in der Technikfolgenabschätzung zentrale normative Leitideen erläutert und analysiert, nämlich der Begriff des Gemeinwohles, die Konzepte der Nachhaltigkeit und der Sozialverträglichkeit, die Bedeutung von Grundrechten und zuletzt der Ansatz von Responsible Research and Innovation. Dabei werden einige versteckte Wertannahmen, die sich hinter den Konzepten verbergen, aufgedeckt. Ziel ist es aufzuzeigen, worauf normative Schlussfolgerungen über Technikfolgen theoretisch aufbauen. Zuletzt werden die fünf Konzepte miteinander in Beziehung gesetzt. Es wird dargelegt, welche Überschneidungen bestehen und welche Widersprüche zwischen den unterschiedlichen normativen Forderungen entstehen, die aus den jeweiligen Leitbildern folgen.
Vor einem Jahrzehnt identifizierte Armin Grunwald Folgenorientierung, Wissenschaftlichkeit und Beratungsbezug als Elemente einer zukünftigen Theorie der Technikfolgenabschätzung (TA). Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, der starken Ausdifferenzierung und der unterschiedlichen Aufgaben stellt sich die Frage nach deren Relevanz für heutige TA. Eine Analyse von fünf exemplarischen Projekten zeigt sehr unterschiedliche Interpretationen dieser Dimensionen. Damit ergeben sich Zweifel, ob TA auf diese Weise hinreichend beschrieben werden kann. Um eine Theorie der TA zu konstituieren, so wird argumentiert, sollte als viertes Element die Auseinandersetzung mit normativen Aspekten treten.
01/2018 - 12/2019