Wir leben in einer Welt, in der uns mehr Sicherheit versprochen wird, wenn wir uns überwachen lassen. Was passiert dann aber mit unserer Privatsphäre? Und: Bringt mehr Überwachung tatsächlich mehr Sicherheit? Die Technikfolgenabschätzung untersucht, welche Konsequenzen mehr Überwachung hat. Eines ist sicher: Der Preis, den wir als Individuen dafür bezahlen, ist hoch.

Das ITA erforscht den Zusammenhang zwischen Sicherheit, Überwachung und Privatsphäre. Im Zentrum stehen dabei die kurz- und langfristigen Auswirkungen, die sich durch die Manipulierbarkeit und Verletzlichkeit ergeben, wenn wir unsere Privatsphäre verlieren. Erforscht wird dabei vor allem das Beziehungsgeflecht zwischen Technologien, Grundrechten und den gesellschaftlichen bzw. politischen Folgen. Ziel ist, Handlungsoptionen zu liefern, die sowohl politischen Entscheidungsträger:innen als auch Bürger:innen und Stakeholdern einen verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit Überwachungstechnologien, aber auch mit unserer Privatsphäre ermöglichen.

Was ist passiert?

Die Terroranschläge in New York, London und Madrid zu Beginn dieses Jahrtausends haben unsere Wahrnehmung davon, was Sicherheit ist, und wie viel sie uns bedeutet, maßgeblich verändert. Die Angst vor Terrorismus beschleunigte eine fortschreitende Entwicklung hin zur Sicherheitsgesellschaft und zur „Versicherheitlichung“ vieler Lebensbereiche. Tendenzen zu mehr Überwachung wurden dadurch dramatisch verstärkt. Die Sicherheitsindustrie ist zu einer wesentlichen Kraft in unserer Gesellschaft geworden. Sie verspricht uns technische Lösungen für eine Vielzahl von gesellschaftlichen Problemen.

Dabei geht es um weitgreifende und äußerst komplexe Themen wie Verteilungsgerechtigkeit, Migration, Terrorismus oder Datenschutz. Für sie sollen uns möglichst „einfache“ Antworten präsentiert werden. Plötzlich leben wir nicht mehr in einer ungerechten Welt, sondern in einer gefährlichen. In Sicherheitstechnologien und damit zusammenhängende Forschung werden gewaltige Beträge investiert. Der Schutz unserer Daten wird dagegen oft vernachlässigt und kaum mit Ressourcen bedacht.

Unsere Daten, unser Selbst

Überwachung passiert in unserem Alltag heute ständig: Unsere Konsum- oder Standortdaten sind für private Unternehmen Gold wert. Wir verraten durch sie, was wir einkaufen, wann wir uns wo aufhalten, was unsere Gewohnheiten und Vorlieben sind. Dies ermöglicht es, jeden Aspekt unseres Lebens zu quantifizieren und Verhaltensprognosen zu erstellen. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf unsere Autonomie? Wie fremdbestimmt sind wir dadurch, und wie bewusst gehen wir damit um?

Ob wir bargeldlos bezahlen, mobil telefonieren oder im Internet surfen – mit jeder Anwendung von digitaler Technologie im Alltag hinterlassen wir Datenspuren, die auch von Polizei und Geheimdiensten genutzt werden können. Privatfirmen wie Internetprovider führen fallweise staatliche, durch Vorratsdatenspeicherung ermöglichte Datensammlungen durch. Die Grenzen zwischen staatlicher und privater Überwachung verschwimmen dadurch. Digitalisierungsprozesse und Big-Data-Auswertungen begünstigen das.

Sicherheit und Freiheit

Es ist offensichtlich, dass selbst eine lückenlose Überwachung terroristischen Gefahren nicht umfassend vorbeugen kann. Sie kann aber den demokratischen Grundkonsens von frei entscheidenden Bürger:innen bedrohen und gesellschaftliche Entwicklung behindern. Wenn wir überwacht werden, fühlen wir uns nicht frei. Individuelle und gesellschaftliche Freiheit ist jedoch eine Grundvoraussetzung demokratischer Staatssysteme. Nur wenn wir unser Leben nach unseren Vorstellungen entfalten können, wenn wir nicht nur vor Bedrohungen sicher sind, sondern auch weitgehend unbeeinflusst (Wahl-)Entscheidungen treffen können, lässt sich das Ideal eines demokratischen Staates verwirklichen. Ein moderner Staat sollte daher sowohl Sicherheit als auch Freiheit garantieren können.

Bisherige ITA-Projekte behandelten die Themen Sicherheit, Überwachung und Privatsphäre aus unterschiedlichen Perspektiven. Wir fragten u.a.

wie digitale Assistenzsysteme funktionieren und wie sie Teil unseres täglichen Umfelds werden.

• was Mobilfunkbetreiber mit unseren Verkehrsdaten anfangen: Wenn unsere Bewegungsmuster aufgezeichnet werden, verraten wir bereits viel über unseren Alltag.

• welche Datenschutzbedenken bei Online-Spielen entstehen: Wenn Kinder und Jugendliche online gehen, um Computerspiele zu spielen, wird alles, was sie beim Spielen tun, aufgezeichnet und von unterschiedlichen Stellen ausgewertet. Nichts bleibt Geheimdiensten, Herstellern oder Serverbetreibern verborgen.

• wie wir von unserem Auto überwacht werden: Vom Assistenzsystem zum Autopiloten – die Sensoren im Auto sammeln unsere Daten. Was hat das für Konsequenzen für die Konsument:innen?

• wie sich unser Vorname und unsere Wohnadresse auf unsere Kreditwürdigkeit auswirken: Von Banken und Firmen angewandte Praktiken des Credit Scoring machen eine Regulierung dieses Sektors notwendig.

• wie das boomende Geschäft mit Drohnen unser Leben verändern wird: Drohnen werden heute zum Monitoring des Verkehrs, in der Landwirtschaft oder in Krisengebieten eingesetzt. Ein Himmel voller Drohnen hätte massive gesellschaftliche und ethische Auswirkungen. Erhöhen diese Entwicklungen unsere Lebensqualität, oder schmälern sie sie?

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Foto: David Grandmougin, unsplash.com