Biotechnologie – Öffentlichkeit – Sozialverträglichkeit. Mögliche Wege in der österreichischen Gentechnikpolitik

Die Sozialverträglichkeitsbestimmung im österreichischen Gentechnikgesetz ist dem Wortlaut nach so gut wie nicht umsetzbar. Eine Neuinterpretation zielte daher auf gesellschaftliche Inklusion, öffentliche Debatte und Teilhabe an technologiepolitischen Entscheidungen.

Das Volksbegehren von 1996 gegen Freisetzungen, gentechnisch veränderte Lebensmittel und Patente "auf Leben" konnte somit als Beitrag zur sozialverträglichen Gestaltung gesehen werden. Allerdings wurde durch die Forderungen und die Art der Berichterstattung das aufklärerische Ziel der Bestimmung verletzt. Man endete in der unlösbaren Zwickmühle zwischen EU-Regulierung und den Forderungen der Proponenten.

Die Ursache für diese Situation war in den Ereignissen um die ersten Freisetzungsanträge zu suchen. Die Strategie der Behörden hatte sich als unhaltbar erwiesen, der öffentliche Widerstand war größer als erwartet. Eine "illegale" Freisetzung bewirkte Vertrauensverlust und Mobilisierung, der letztlich das Volksbegehren entsprang. Gleichzeitig agierte Österreich auf EU-Ebene gentechnikkritisch. Das Resultat war ein Verlust des Handlungsspielraums. Sowohl die Forderung nach gesellschaftlicher Inklusion als auch praktisch-politische Gesichtspunkte verlangten, den Graben zwischen EU-Recht und Volksbegehren zu überwinden.

Die Rechtslage ließ aber Spielräume in lediglich wenigen Bereichen erkennen, die z.T in der Novellierung des Gentechnikgesetzes ausgenutzt wurden, aber am Kern der Forderungen vorbeigingen. Um Vertrauen wiederherzustellen, sollte die Gentechnikkommission neue Aufgaben übernehmen, der administrative Prozeß gestrafft und ein Ombudsman als Ansprechpartner für die Öffentlichkeit installiert werden. Ein wissenschaftliches Institut hätte die so genannte Negativkennzeichnung absichern sollen. Freiwillige Abmachungen zwischen Akteuren mithilfe von Verfahren partizipativer Entscheidungsfindung, wie etwa Konsenskonferenzen, Dialog- und Diskursverfahren und Mediationen wurden die in etlichen Ländern erprobt und hätten auch in Österreich neue Wege weisen können.

Im vorliegenden Bericht wurden insbesondere folgende Verfahren analyisiert

  • Konsenskonferenzen versuchen, Sachverstand, auf den Laien in Form von Experten zurückgreifen können, von Interessen zu trennen. Da sie eher entscheidungsrelevante Fragen behandeln können, ließ der geringe Spielraum sie hier als nicht geeignet erscheinen.
  • Dialogverfahren können Fronten aufbrechen, indem die Beteiligten Vertrauen aufbauen. Die Modalitäten müssen aber bereits verhandelt werden, die Agenda ist flexibel, die Bindung gering. Sie erschienen geeignet, sofern man nicht zuviel erwartet hätte.
  • Diskursverfahren sind vielgestaltig und haben höhere Bindung. Allerdings stehen hier politische und Wertedifferenzen zur Debatte und nicht kognitive. Ein gutachtengestütztes Verfahren schieden also aus.
  • Mediationen unter Vermittlung eines Dritten scheitern am Mangel an einem anerkannt "Neutralen". Da die Bindung der Teilnehmer an das Verhandlungsergebnis nicht gewährleistet ist, wurde eine Mediation als verfrüht angesehen.

Laufzeit

01/1997 - 12/1997