Zum Frauentag 2023: Eine Auswahl gender-bezogener Projekte am IKT



Monika Mokre

The Palgrave Handbook on Gender and Citizenship

Dieses Handbuch wird im Jahr 2023 erscheinen und 30 Kapitel zu Geschlecht und citizenship aus intersektionalen und transnationalen Perspektiven enthalten. Es besteht aus fünf Teilen, die (1) allgemeine Perspektiven (von mir mitherausgegeben; der Teil enthält u.a. einen von mir mitverfassten Artikels über den Zusammenhang von Staatenlosigkeit und rechtlicher Diskriminierung von Frauen), (2) regionale Fallstudien, (3) zeitgenössische Herausforderungen (z.B. Religion und citizenship, affektive citizenship und prekäre citizenship), (4) normative Debatten (z.B. in Bezug auf LGBT-citizenship in postkolonialen Ländern) und (5) Perspektiven für zukünftige Forschung abdecken. Das Handbuch beruht auf einem breiten Verständnis des Begriffs Geschlecht und einem vielschichtigen Zugang zu citizenship. Es zielt darauf ab, Kämpfe um Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zu analysieren und nach Strategien für die Zukunft zu suchen.


Ljiljana Radonić

Darstellung von Frauen in Museen und Gedenkstätten

Anlässlich des Weltfrauentags habe ich einen Text für den Standard-Blog der Jungen Akademie der ÖAW verfasst, in dem ich Darstellungen von Frauen in zeithistorischen Museen und Gedenkstätten analysiere. Darin frage ich, ob es emanzipatorisch oder eine Verklärung von Militarismus ist, Frauen als Kämpferinnen abzubilden. Ich zeige ferner, dass auch neugegründete Museen, sofern sie ein nationalistisches Narrativ wählen, heute noch Frauen auf traditionelle Frauenrollen reduzieren. Auch Beispiele aus China (Darstellung sexualisierter Gewalt im Fall der “comfort women”) und ein Best-Practice-Beispiel aus Argentinien werden vorgestellt.

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Marketa Bajgerova Verly | André Hertrich 

Nation and 'Comfort  Women' Museums in East Asia

Mitglieder des ERC-Projekts “Globalisierte Gedenkmuseen” organisierten ein Panel mit dem Titel "Not Comfortable: Nation and 'Comfort  Women' Museums in East Asia" bei der Virtuellen jährlichen Konferenz der Association for Asian Studies, die am 17./18. Februar 2023 stattfand. Da dies eines der umstrittensten historischen Themen in Ostasien ist, thematisierte das Panel den Kampf um Anerkennung und Entschädigung sowie die Einrichtung und unterschiedliche Formen von Repräsentation in Museen und Gedenkstätten. Marketa Bajgerova Verly trug über die Rolle chinesischer “Comfort Women”-Museen für die Politik der Kommunistischen Partei Chinas vor. André Hertrich sprach über die Darstellung japanischer Täter in Ausstellungen über “Comfort Women” in Japan. Der mit dem Projekt assoziierte Lee More (University of Oregon) trug über taiwanesische “Comfort Women”-Museen vor.

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Martin Tschiggerl, Lea von der Hude, Patricia Seifner

Zur Konstruktion der österreichischen Trümmerfrau

Anhand eines bisher unbearbeiteten Quellenbestandes zeigen wir, dass es sich bei den Wiener „Trümmerfrauen“ keineswegs um freiwillige Helferinnen handelte, sondern vielmehr um ehemalige NSDAP-Mitglieder, die zu diesen Trümmerarbeiten als „Sühnearbeit“ verpflichtet wurden. Von uns recherchierte biographische Informationen zeigen, dass nicht wenige dieser Frauen Ämter innerhalb des NS-Apparats bekleideten oder der NSDAP bereits während der Verbotszeit in Österreich als sog. Illegale beigetreten waren. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir, inwieweit die vermeintlich unpolitischen „Trümmerfrauen“ als handlungsfähige Akteurinnen erkannt werden müssen, die den Nationalsozialismus mitunter aktiv mittrugen und von ihm profitierten.

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Franz L. Fillafer 

Weibliche Handlungsspielräume in Schuberts Wien. Soziales Gefüge, intellektuelle Horizonte, politische Loyalitäten

Das habsburgische Zentraleuropa und die Frauen, die innerhalb seiner Grenzen lebten, teilen ein gemeinsames historiografisches Schicksal: Sie bleiben unterbelichtet, weil sich die Forschung immer noch überwiegend auf das weltbeglückende, angeblich fortschrittliche und überlegene Westeuropa konzentriert. Mein Beitrag zielt darauf, die sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Handlungsspielräume von Wiener Frauen im Zeitalter der Revolutionen (ca. 1780–1830) freizulegen. Zu diesem Zweck untersuche ich die rechtlichen Rahmenbedingungen (Abkehr von der verpflichtenden Gütergemeinschaft der Ehegatten zw.  josephinischem Eherecht u. ABGB, Umsetzung der Vorgaben über die Trennung von Tisch und Bett), die Geselligkeitsformen (Salons, patriotisch-karitative Vereine, Einrichtungen des Kunstpatronats wie die „Gesellschaft der Musikfreunde“) und das Tätigkeitsspektrum von Wiener Unternehmerinnen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen. Weder das Habsburgerreich noch die Lebenswelten seiner weiblichen Untertanen können sinnvollerweise am Maßstab des gender-codierten, bürgerlichen Nationalstaats des 19. Jahrhunderts gemessen werden, sondern erlauben es vielmehr, die Dominanz und Tragfähigkeit dieses Konzepts zu hinterfragen.