20.06.2013

6. NanoTrust-Tagung

Potenziale, Gefahren und die Regulierung von Nanomaterialien standen im Mittelpunkt der vom ITA organisierten Konferenz, die am 4. Juni an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stattfand.

Nanomaterialien in Kosmetika sollen in der EU jetzt strenger reguliert werden.

Nanotechnologien haben ein großes Potenzial sowohl für die Wirtschaft als auch für nachhaltige Entwicklung. Welche Maßnahmen man setzen muss, um dieses Potenzial zu nutzen und gleichzeitig die Sicherheit für Menschen und Umwelt zu gewährleisten, und wie dieses Thema in den Medien transportiert und von der Bevölkerung wahrgenommen wird, waren zentrale Fragen der 6. NanoTrust-Tagung.

Die ReferentInnen waren sich darüber einig, dass es nicht nur im Bereich der Human- und Umwelttoxikologie, sondern auch bei der Risikobewertung und der Kommunikation mit der Öffentlichkeit noch viele Wissenslücken zu schließen gilt.

„Die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist." – Paracelsus

Die Zell- und Molekularbiologin Myrtill Simkó (ITA) lieferte einen Überblick über den Stand der Forschung zu Nanopartikeln. Sie gelangen auf dieselbe Weise in den Körper wie andere Teilchen: durch die Haut, die Lunge und über den Mund. Aber wie interagieren Nanomaterialien mit biologischen Systemen? „Über die Wechselwirkungen mit biologischen Systemen gibt es kein einheitliches Bild", betont Simkó. „Man muss von Fall zu Fall analysieren."

Wenig konkretes Wissen gibt es auch zu Freisetzung, Umweltverhalten und -effekten von künstlich hergestellten Nanoteilchen. „Um eine Risikoabschätzung abgeben zu können müssen vor allem die Umweltexposition, toxiko¬logische Effekte und der Lebenszyklus von Nanomaterialien untersucht werden", betont Bernd Nowack (EMPA, CH). Besonderes Augenmerk werde auf Nanosilber gerichtet, das in löslicher Form toxisch ist.

Europäische Risikobewertung

Einfachen, künstlich hergestellten Nanomaterialien der sogenannten ersten Generation stehen immer komplexere gegenüber. Umso wesentlicher ist daher das Zusammenführen europäischer Forschungsergebnisse für ein klareres Bild zur Wirkung und Nutzen von Nanomaterialen. Der Toxikologe Mats-Olof Mattson (AIT) berichtete über die EU-Projekte SIINN und NanoReg, in deren Rahmen eine „Road Map" über den Forschungsbedarf verbunden mit einer Tool-box für die Risikobewertung erstellt werden. „Wir brauchen neue Bewertungsmethoden und müssen die Sicherheitsbewertung beschleunigen", betont Mattson. Die Einbindung von Behörden, Industrie und WissenschafterInnen soll effektives und rasches Risikomanagement ermöglichen.

VerbraucherInnen- und Umweltschutz

Die europäische Diskussion rund um Nanotechnologien und ihre Risiko-Governance hat sich sowohl inhaltlich als auch in Hinblick auf ihre AkteurInnen und Instrumente geändert. Torsten Fleischer vom deutschen ITAS betonte, der Fokus läge nun auf Umwelt- und Gesundheitsschutz statt auf Innovationen und Visionen. „Problematisch sind dabei die großen Interpretationsmöglichkeiten aufgrund diffuser EU- und nationaler Regeln", meint Fleischer. Astrid Epp vom deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung plädiert für die eindeutige Kennzeichnung von Konsumprodukten: „Bislang gibt es kaum gesicherte Informationen über bereits verfügbare Produkte. Eine Kennzeichnungspflicht für Textilien, Lebensmittel und Kosmetika ist daher wichtig, muss aber mit geeigneten Kontrollmaßnahmen einhergehen", so Epp.

Nanotechnologien in den Medien

Ein Teil der Konferenz war „Nano und die Medien“ gewidmet. Das Thema ist bisher, anders als etwa die Gentechnik, wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Der Journalist und Buchautor Niels Boeing führt das u.a. auf mangelndes Interesse der WissenschaftsjournalistInnen zurück: „Wann ist Nanotechnik interessant für die Presse? Bei spektakulären Anwendungen, wenn sie einen Alltagsnutzwert hat oder wenn die Bilder schön sind“, meint Boeing. Er rät PR-ExpertInnen daher, zu differenzieren und Informationen in einen gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Kontext zu stellen. Peter Hocke (ITAS-KIT,D) ortet gar eine Kommunikationskrise zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Julia Haslinger (ITA) präsentierte die Ergebnisse der ersten Vollerhebung zur Medienberichterstattung über Nanotechnologien in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Das Ergebnis der Auswertung von insgesamt 2000 Artikel aus sechs Qualitäts-Printmedien ist eindeutig: „Die befürchtete Kontroverse blieb eindeutig aus: In 9 von 10 Artikeln wurde über konkrete Chancen und Nutzen von Nanotechnologien gesprochen."

ITA-Projekt NanoTrust

„Im Rahmen des vom BMVIT geförderten Projekts NanoTrust haben sich WissenschafterInnen der Herausforderung gestellt, als BeraterInnen zu einer qualifizierten öffentlichen Meinungsbildung beizutragen", so Konferenz-Organisator André Gaszó (ITA). ForscherInnen des ITA haben sowohl beim Österreichischen Nano-Aktionsplan (NAP) als auch beim Aufbau der Nano-Informationsplattform (NIP) und bei der Arbeitsgruppe ArbeitnehmerInnenschutz maßgeblich mitgearbeitet.


20.06.2013

Von: Sabine Stemberger