GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Herbert Eckstein


geb. am 4. August 1913 in Wien, gest. am 21. November 1976 in Huntsville (AL, USA)

Herbert Phillipp Eckstein forschte von 1935 bis 1938 am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte seine Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Eckstein emigrierte im September 1938 in die USA.

Eckstein wurde als Sohn des aus Prag stammenden Bankbeamten Robert Eckstein (1874– 20.2.1943 Ghetto Theresienstadt) und seiner Frau Alice, geb. Kornitzer (1890– 15.5.1944 KZ Auschwitz-Birkenau) in Wien geboren. Ab Herbst 1932 studierte er die Fächer Physik und Chemie an der Universität Wien. Am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften forschte Eckstein von 1935 bis längstens April 1938, vermutlich im Rahmen seines Dissertationsprojekts. Diese Arbeit, die er nicht mehr fertig stellen konnte, dürfte bereits weit vorangeschritten gewesen sein.

Anfang Juli 1938 reichte er den Artikel „Distribution of Fluorescence Excitation of Bivalent Europium in Calcium Fluoride and of Bivalent Samarium in Calcium Sulphate“ bei der renommierten naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature ein. Die darin veröffentlichten Forschungsergebnisse bezogen sich auf seine Tätigkeit am Institut für Radiumforschung. Im März 1939 reichte er, bereits in Louisville, Kentucky (USA) lebend, einen weiteren Artikel zum Thema ein. Im Almanach der Akademie der Wissenschaften in Wien für das Jahr 1938 scheint sein Name in der Liste der Personen auf, die „im Institute oder mit den Mitteln des Institutes“ arbeiteten. In Almanach für 1939 wird Eckstein nicht mehr angeführt.

Im Auswanderungsbogen – am 22. Juni 1938 für seine Eltern, seine jüngere Schwester Ottilie Helene (geb. 1920) und für sich bei der Israelischen Kultusgemeinde eingereicht – gab Eckstein als Auswanderungsziel Palästina oder USA an. Am 14. September 1938 meldete er sich von seiner Wohnadresse Billrothstraße 39 in Wien-Döbling ab, wo er seit 1929 gewohnt hatte, mit der Angabe: „[nach] Lonsville [sic, recte Louisville], USA“. Böhm ist am 17. September 1938 mit dem Dampfer Champlain der Schiffsgesellschaft French Line von Le Havre nach New York gereist. Seine Eltern Robert und Alice Eckstein wurden in die Rotensterngasse 7 nach Wien-Leopoldstadt übersiedelt, bevor sie am 14. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden.

Herbert Eckstein arbeitete von 1939 bis 1943 als Cheftechniker für Chemie, Hygiene und Umwelt bei der Getränkefirma Canada Dry, Inc. in Louisville. 1943 lehrte er als Industriephysiker der U.S. Air Force am Centenary College of Louisiana in Shreveport, von 1943 bis 1946 diente er beim Air Force Recruiting Service und beim Medical Corps der USA. Von 1946 bis 1947 war er als Assistent Professor an der University of Dayton inn Ohio tätig, von 1947 bis 1948 als Physiker und Optiker im National Advisory Committee for Aeronautics in Langley Field, einem Stützpunkt der Air Force in Virginia. Von 1948 bis 1952 wirkte er am Aberdeen Proving Ground, einer Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der U.S. Army in Maryland, anschließend von 1952 bis 1956 am Chicago Midway Laboratory der University of Chicago. Von 1956 bis 1962 war Eckstein in der Army Ballistics Missile Agency tätig, von 1962 bis 1964 am U.S. Army Engineering Research and Development Laboratory in Fort Belvoir (VA) und von 1964 bis 1967 am Redstone Scientific Information Center in Redstone Arsenal (AL). Schließlich arbeitete Eckstein von 1968 bis 1973 im Ground Equipment and Materials Laboratory der U.S. Army und von 1973 bis 1974 im Advanced Systems and Concepts Office des Verteidigungsministeriums in Fort Belvoir (VA). Herbert Eckstein war Mitglied der American Physical Society. Eckstein verstarb 1976, kurz nach seiner Pensionierung, im Alter von 63 Jahren.


Schriften (Auswahl)


  • H. Ph. Eckstein, Distribution of Fluorescence Excitation of Bivalent Europium in Calcium Fluoride and of Bivalent Samarium in Calcium Sulphate, in: Nature 142 (1938), 256–257.
  • Ders., Distribution of Fluorescence Excitation of Bivalent Europium in Calcium Fluoride and of Bivalent Samarium in Calcium Sulphate, in: Nature 143 (1939), 1067.
  • Ders./Redstone Scientific Information Center, Redstone Arsenal, Alabama, Studies of Random Noise: An Annotated Bibliography, [o.O.] 1966.
  • Ders./Redstone Scientific Information Center, Redstone Arsenal, Alabama, Solar Activity: A Bibliography, Washington 1967.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Bestand Institut für Radiumforschung.
    • Archiv der Universität Wien, Phil. Fak. Nationale.
    • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Meldeauskunft, Herbert Philipp Eckstein.
    • Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Bestand Jerusalem, A/W 2590, 40, 31983/16082.
      Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach f. d. J. 1936–1939.
    • Georg Gaugusch, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938: A–K (= Jahrbuch der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft „Adler“), Wien 2011, 441.
    • Jacques Cattell Press (Hg.), American Men and Women of Science 2: D–G, New York–London 131976, 1141.


    Datenbanken (Auswahl)


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