GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

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Das Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verzeichnet jene Angehörigen und Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in Wien (seit 1947 ÖAW, Österreichische Akademie der Wissenschaften), die in den Jahren 1938 bis 1945 Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden. Die Initiative für das Projekt Gedenkbuch entstand im Zusammenhang mit Errichtung und Enthüllung der Tafel „Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus unter den Mitgliedern und Angehörigen der Akademie der Wissenschaften“, die am 12. März 2013, dem 75. Jahrestag des „Anschlusses“, am Eingang zum Festsaal im ÖAW-Hauptgebäude enthüllt wurde.

In diesem Gedenkbuch werden sowohl Mitglieder der Akademie als auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfasst, die 1938 an der Akademie forschten. In einigen Fällen konnten auch Personen einbezogen werden, die zur Zeit des „Anschlusses“ nicht mehr an der Akademie tätig waren, aber Opfer des Nationalsozialismus wurden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

Hinzuweisen ist darauf, dass es zu dieser Zeit kaum angestellte Forscherinnen und Forscher an der Akademie gab, die meisten nutzten die Forschungseinrichtungen der Biologischen Versuchsanstalt und des Instituts für Radiumforschung zur Abfassung ihrer Dissertation. Daher ist der Großteil der 1938 an der Akademie tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht in Form von Personalakten oder Entlassungsschreiben dokumentiert. Zu den korrespondierenden und wirklichen Mitgliedern liegen umfangreiche Personalakten vor. Die wichtigste Quellengrundlage stellen die Aktenbestände des Archivs der ÖAW dar.

Das Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften umfasst die Namen von 21 Mitgliedern und 45 an Forschungseinrichtungen der Akademie tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Was die Mitglieder betrifft, so liegt ihrem Austritt bzw. Ausschluss folgende Vorgangsweise zugrunde: Im November 1938 erhielt das Präsidium der Akademie der Wissenschaften die Aufforderung des Bundesministeriums für Unterricht „betr. Suspendierung nichtarischer Mitglieder“ und weiters die Ankündigung eines entsprechenden Erlasses des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM). Darauf hin wurde in der Gesamtsitzung vom 16. Dezember 1938 beschlossen, „durch persönliche Fühlungnahme die jüdischen Mitglieder zum freiwilligen Austritt zu veranlassen.“ Manche jüdischen Mitglieder erklärten von sich aus den Austritt, die ersten Ausschlüsse erfolgten im Jänner 1939. Jene jüdischen oder „jüdisch versippten“ bzw. politisch oppositionellen Mitglieder, die nicht von sich aus austraten, wurden 1940/1941 ausgeschlossen. Sechs wirkliche und 15 korrespondierende Mitglieder verloren ihre Mitgliedschaft. Rund die Hälfte der ausgeschlossenen Mitglieder emigrierte, die anderen überlebten geschützt durch ihre nichtjüdischen Ehepartnerinnen oder verstarben vor der so genannten „Endlösung“.

Was die an den Forschungseinrichtungen der Akademie tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jüdischer Herkunft betrifft, so liegt ihrer Entfernung von der Akademie zumeist folgende Vorgangsweise zugrunde: Kurze Zeit nach dem „Anschluss“ wurde ihnen das Betreten der Forschungsinstitute untersagt, sie mussten daher ihre Forschungsarbeiten und oft auch ihre Dissertationsprojekte abbrechen, nur wenige konnten ihre Forschungen noch einige Monate weiterführen. Von den zur Zeit des „Anschlusses“ an der Akademie Forschenden wurden sieben zu Opfern des Holocaust: Leonore Brecher, Henriette Burchardt, Martha Geiringer, Heinrich Kun, Elisabeth und Hans Przibram, Elise Richter. Helene Jacobi, die ebenfalls ermordet wurde, ist bis 1933 als an der Akademie Forschende im Almanach der Akademie der Wissenschaften in Wien angeführt. 25 gelang die Flucht ins Ausland, einige wenige konnten geschützt durch ihre nichtjüdischen Ehepartner in Wien überleben.

PD Mag. Dr. Johannes Feichtinger
PD Mag. Dr. Heidemarie Uhl

Für weiterführende Informationen zu den Biografien ersuchen wir um Kontaktaufnahme:
gedenkbuch(at)oeaw.ac.at


Abkürzungsverzeichnis


BVA Biologische Versuchsanstalt


GND Gemeinsame Normdatei


kMA korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften im Ausland


kMI korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften im Inland


o.Professor ordentliche/r Professor/in


oa. Professor außerordentliche/r Professor/in


ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften


oM wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften (nach dem „Anschluss“ 1938 als ordentliches Mitglied geführt


wM wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften

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