GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Friedrich Grünberg


geb. am 9. Mai 1905 in Wien, gest. am 31. August 1977 in Wien

Friedrich Viktor Grünberg war von 1936 bis 1938 als freier Mitarbeiter an der Biologischen Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien tätig. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte seine Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Er überlebte die Jahre des Nationalsozialismus in Wien.

Grünberg wurde als Sohn des Gymnasialprofessors für Physik Viktor Grünberg in Wien geboren. Er maturierte 1923 am humanistischen Gymnasium in Wien-Hietzing, studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte im Jahr 1930. Anschließend war Grünberg als Sekundararzt an mehreren Kliniken, hauptsächlich am Wilhelminenspital, tätig. 1935 eröffnete er eine Praxis als praktischer Arzt in der Wiener Innenstadt. Von 1936 bis 1938 arbeitete er als freier Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften an der von Hans Przibram geleiteten Zoologischen Abteilung der BVA.

In der nach dem „Anschluss“ erstellten „Liste der Arbeitenden“ der BVA wurde er als „Nicht-Arier“ gekennzeichnet und als „ausgetreten“ mit 17. März 1938 vermerkt. Grünberg wurde nach dem „Anschluss“ als Sprengelarzt der Arbeiterkrankenkasse Wien fristlos entlassen und mit einem Publikationsverbot belegt. Während der Zeit des Nationalsozialismus lebte er „sehr zurückgezogen“ (Schremmer) in Wien. Seine Lebensumstände in diesen Jahren – Grünberg galt nach eigenen Angaben als „Mischling 1. Grades“ – sind weitgehend unbekannt. Bekannt sind zwei Adressen, seine Wohnung Rudolfsplatz 3 und seine Praxis Freyung 6, die er während der NS-Zeit weiterführen konnte. Er war verheiratet mit Hermine Nosek (geb. 1910), die ihn möglicherweise – als nichtjüdische Ehepartnerin – vor der Deportation schützte. Seine beiden Kinder wurden 1941 und 1943 geboren.

Im „Anmeldebogen“ der Wiener Ärztekammer vom Herbst 1945 gab Grünberg an, Mitglied einer Widerstandsbewegung gewesen zu sein. Aus den Angaben im „Politischen Fragebogen“ vom Herbst 1946 geht hervor, dass Grünberg sich vor und nach dem 15. März 1945 in seiner Praxis auf der Freyung aufgehalten hatte, wo er nach 1945 seine Wohnung bezog. Unmittelbar nach der Befreiung von Wien im April 1945 wurde Grünberg vom Wiener Bürgermeister Theodor Körner (1873–1957) mit dem Wiederaufbau des schulärztlichen Dienstes der Stadt betraut. Grünberg arbeitete bis Ende August 1969 als Amtsarzt im Gesundheitsamt der Stadt Wien und führte parallel seine Praxis bis Ende dieses Jahres. 1969 wurde ihm der Titel Medizinalrat verliehen. Friedrich Grünberg verstarb im Jahr 1977.


Schriften (Auswahl)


  • Friedrich Grünberg, Die Verwandtschaft der Lebewesen. Wesen und Geschichte der Systematik in Zoologie und Botanik (= Sammlung Bios 5), Wien 1949.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Bestand BVA.
    • Archiv der ÖAW, NL Fritz Knoll, K. 1, Mappe 2, Konv. „Akten (1935)1938“ („Liste der Arbeitenden“).
    • Archiv der Universität Wien, Med. Fak. Promotionsprotokoll.
    • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Ärztekammer Wien, PA Friedrich Grünberg.
    • Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach f. d. J. 1937.
    • Wiener Adressbuch, Lehmanns Wohnungsanzeiger 1938–1942.
    • Erich Heintel, [F. V. Grünbergs Entwurf einer Transformationstheorie aus dem Jahre 1969, Skizzen zu Monod] Anmerkungen des Herausgebers [der Zeitschrift], in: Wiener Jahrbuch für Philosophie 13 (1980), 82–83.
    • Ermar Junker, Vom Pestarzt zum Landessanitätsdirektor. 450 Jahre öffentlicher Gesundheitsdienst in Wien (= Schriftenreihe Gesund in Wien), Wien 1998, 66, 72.
    • Fritz Schremmer, Zum Entwurf einer Transformationstheorie – Friedrich Viktor Grünberg zum Gedächtnis, in: Wiener Jahrbuch für Philosophie 13 (1980), 67–83.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft und vergessen, in: derStandard.at, 19.2.2013.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft, vergessen und verdrängt. Über die nachhaltige Vernichtung der Biologischen Versuchsanstalt und ihres wissenschaftlichen Personals, in: Johannes Feichtinger – Herbert Matis – Stefan Sienell – Heidemarie Uhl (Hg.), Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, Wien 2013, 105–115, hier: 111.


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