geb. am 9. Juli 1858 in Minden/Westfalen, gest. am 21. Dezember 1942 in New York (USA)
Franz Boas wurde 1923 zum korrespondierenden Mitglied im Ausland (kMA) der Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt. Seit 1886 arbeitete er in den USA. Im Oktober 1940 wurde der Kulturanthropologe aus rassistischen Gründen aus der Akademie ausgeschlossen.
Boas wurde als Sohn des Kaufmannes Meier Boas (1823–1899) und seiner Frau Sophie (1828–1916), geb. Meyer, in Minden geboren. Ab 1877 studierte er Mathematik, Physik und Geographie an den Universitäten Heidelberg und Bonn, 1879 wechselte er an die Universität Kiel, wo er im Jahr 1881 mit der Dissertation „Beiträge zur Erkenntnis der Farbe des Wassers“ im Fach Physik promovierte. In seinen Forschungen fokussierte er sich zunehmend auf Bereiche der Anthropogeographie und Ethnologie. Von 1883 bis 1884 führte Boas eine Expedition nach Island für Feldforschungen unter den Inuits im Gebiet des Baffinlandes, Cumberland South, durch. 1884 war er am Museum für Völkerkunde in Berlin bei Adolf Bastian (1826–1905) tätig. 1886 habilitierte sich Boas für Geographie an der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin, der Titel seines Habilitationsvortrages lautete: „Die Eisverhältnisse des arktischen Ozeans“. Im selben Jahr ging er für ethnologische Feldforschungen nach Kanada (British Columbia), 1887 übersiedelte er dauerhaft in die USA. Hier war er zunächst als Mitarbeiter der Zeitschrift Science tätig. An der Weltausstellung von Chicago 1893 war er als Assistent der anthropologischen Abteilung beteiligt. 1896 begann Boas als Assistenzkurator an der ethnologischen und somatologischen Abteilung des American Museum of Natural History in New York zu arbeiten, von 1901 bis 1905 war er Kurator des Museums. Danach widmete sich Boas verstärkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit.
Von 1888 bis 1892 wirkte Boas als Dozent für physische Anthropologie an der Clark University in Worchester (MA). 1896 begann er seine Tätigkeit als Lektor für physische Anthropologie an der Columbia University, New York. 1899 wurde er dort zum Professor für Anthropologie ernannt. Boas emeritierte im Jahr 1936. Er verstarb am 21. Dezember 1942 in New York.
Seit 1923 war Franz Boas korrespondierendes Mitglied im Ausland (kMA) der Akademie der Wissenschaften in Wien. Im Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 3. Oktober 1940 wurde der Akademie der Wissenschaften mitgeteilt, dass Franz Boas und weitere sechs namentlich genannte Mitglieder – Walther Brecht, Karl Bühler, Viktor Franz Hess, Alfred Hettner, Hermann Mark, Erwin Schrödinger – auszuscheiden seien. Nachdem die Akademie der Wissenschaften in Wien in ihrer ersten Sitzung nach Kriegsende am 18. Mai 1945 die „Rückberufung der wirklichen und korrespondierenden Mitglieder, die im Zusammenhang mit den politischen Ereignissen des Jahres 1938 ausgetreten sind“, beschlossen hatte, wurde auch Franz Boas im Almanach der Akademie der Wissenschaften in Wien für das Jahr 1945 als „zurückgekehrtes“ korrespondierendes Mitglied im Ausland (kMA) geführt, in Unkenntnis dessen, dass er bereits 1942 verstorben war.
Franz Boas gilt als Begründer der Kulturanthropologie. Sein Konzept des Kulturrelativismus wandte sich gegen jede Form eines wissenschaftlich legitimierten Rassismus und der rassistischen Diskriminierung. Franz Boas war Mitbegründer der American Anthropological Association 1902. Er war seit dem Jahr 1912 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, seit 1920 korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, seit 1927 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle an der Saale. Boas erhielt im Jahr 1923 die akademische Ehrenbürgerschaft der Universität Bonn und wurde 1931 zum Ehrendoktor der Universität Kiel ernannt. Er war Ehrenmitglied der Wiener Anthropologischen Gesellschaft und 1919/1920 Begründer der Emergency Society for German and Austrian Science and Art, von welcher die Biologische Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien nach dem Ersten Weltkrieg bedeutende Zuwendungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs erhielt.
Schriften (Auswahl)
Quellen und Literatur (Auswahl)
Datenbanken (Auswahl)