29.06.2023

Bronzezeitliche Almen, Klimaveränderungen und Umweltarchive

Interdisziplinäre Untersuchungen auf dem Dachsteinplateau

Untersuchungsgebiet (© DAI/RomanScholz)

Im interdisziplinären Projekt »Alpine Interdependenzen« erkunden Forscher:innen des ÖAI und der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts die Anfänge der Hochweidenutzung auf dem Dachsteinplateau und die Auswirkungen des Klimawandels auf prähistorische alpine Gesellschaften.

Das Dachsteinmassiv ist nicht nur ein Raum von besonderer und fragiler Schönheit, sondern stellt auch eine über Jahrtausende gewachsene Kulturlandschaft dar. Mensch und Ökosystem stehen hier seit langer Zeit in enger und vielfältiger Wechselbeziehung.  

Nutzung der Urweiden

Über 30 Fundstellen mit Hüttenresten bzw. Kulturschichten, die in die Bronzezeit datieren, wurden über die letztenJahrzehnte durch die Forschungen des Vereins für Alpine Forschung rock art and settlement in the Alps – Austria (ANISA) entdeckt und dokumentiert. Es zeigt sich, dass die Urweiden des Dachsteinplateaus – natürliche baumfreie Grasflächen in den Karstmulden des Plateaus –als wichtige Ressource in der bronzezeitlichen Landschaftsnutzung wahrgenommen wurden.

Neue Forschungen auf der Grafenbergalm

Aus diesem Befund ergeben sich zahlreiche neue Fragen: Wann begann die Hochweidenutzung, in der Bronzezeit oder bereits früher? Wie intensiv wurde in der Bronzezeit Hochweide auf dem Plateau betrieben und welchen Einfluss hatte das auf die Herausbildung der uns heute bekannten Landschaft? Brach die Nutzung in der älteren Eisenzeit ab und waren hierfür klimatische Veränderungen ausschlaggebend? Wann wurde die Nutzung wieder aufgenommen? Wie unterscheiden sich die prähistorischen von römischen und späteren Mensch-Umwelt-Interaktionen?

Diese Fragestellungen können in idealer Form in der Kleinregion der Grafenbergalm untersucht werden. Dort finden sich mehrere bereits bekannte Fundstellen aus der Bronzezeit und der Römischen Kaiserzeit. Das großräumige Almgebiet weist viele bisher noch nicht detailliert untersuchte Verdachtsflächen auf. Darüber hinaus finden sich auf der Grafenbergalm und im angrenzenden Gebiet wichtige Umweltarchive wie Seen und Moore, die eine wichtige Grundlage für die Erforschung des menschlichen Einflusses auf das Ökosystem des Dachsteins über die letzten Jahrtausende darstellen.

Geophysik und Bodenproben

Die Forschungsarbeiten der aktuellen Projektkampagne zielten darauf ab, die Nutzungsintensität und Besiedlungsgeschichte dieses Kleinraums zu erfassen. Die Almflächen wurden mittels geophysikalischer Methoden und mit Hilfe von Bodenproben untersucht, um detaillierte Einblicke in die bereits bekannten Flächen zu erhalten und zudem neue prähistorische Aktivitätszonen zu finden und genau bestimmen zu können.

Mit dem Magnetometer wurden die Flächen systematisch begangen und die in der Magnetik feststellbaren Anomalien in dichten Rastern beprobt. Die gezogenen Bodenproben werden nun in Kooperation mit Deutschen Archäologischen Institut und der Universität Wien ausgewertet. Diese Analysen sollen die Herausbildung der Almböden nachvollziehbar machen und stellen einen wichtigen Schlüssel zur Rekonstruktion menschlicher Aktivitäten über die letzten Jahrtausende dar. Diese Forschungen sind auch für gegenwartsrelevante Problemstellungen von Bedeutung, da sie Einblicke vermitteln, wie Jahrtausende lange intensive Nutzung möglich ist, ohne das Ökosystem zum Kippen zu bringen. Dies zeigen auch die langjährigen Forschungen des Naturhistorischen Museums Wien rund um Hallstatt, bei denen u.a. deutlich wurde, dass über mehr als 3.000 Jahre nachhaltige Forstwirtschaft trotz hohen Ressourcendrucks betrieben wurde.

 

Projektstruktur

Projektleitung: Kerstin Hofmann (RKG-DAI), Kerstin Kowarik (ÖAI-ÖAW)
Geomagnetische Messung und Auswertung: Roman Scholz (RGK-DAI)
Bodenprobennahme: Valentina Laaha (RGK-DAI), Daniel Brandner (ANISA)
Auswertung Bodenproben: Valentina Laaha (RGK-DAI) im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie (Betreuuung: Michael Doneus)
Vorbereitung alpine Feldkampagne: Daniel Brandner (ANISA)

Förderer:innen | Unterstützer:innen

  • Österreichisches Archäologisches Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAI-ÖAW)
  • Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts (RGK-DAI)
  • Naturhistorisches Museum Wien (NHM)
  • Vereins für Alpine Forschung rock art and settlement in the Alps – Austria (ANISA)
  • Universität Innsbruck

Unterstützung erfährt das Projekt auch durch die Agrargemeinschaft Grafenbergalm, die Agrargemeinschaft Weißenbach sowie die Österreichischen Bundesforste.