Im Rahmen des NanoMia-Projekts wird zunächst die österreichische Nano-Produktdatenbank aktualisiert. Anschließend werden anhand von Alltagsprodukten Entsorgungs- und Expositionsszenarien entwickelt. Ziel ist, das Umweltverhalten von Nano-Produkten zu veranschaulichen und zur Schaffung von Überwachungsmechanismen in der Abfallwirtschaft beizutragen.
Die Anzahl nanobasierter Konsumprodukte am weltweiten Markt nimmt rasant zu: Im Jahr 2011 waren in der Produktdatenbank des Woodrow Wilson International Center über 1.300 Konsumprodukte registriert, die synthetisch hergestellte Nanomaterialien bzw. Manufactured Nanomaterials (MNMs) enthalten und bereits am Markt erhältlich sind. Die Datenbank der Österreichischen Akademie der Wissenschaften umfasste im März 2009 über 450 Einträge, wobei die meisten Einträge in den Kategorien Textilien, Kosmetika, Beschichtungen und Medizin gezählt wurden.
Derzeit ist nur wenig bekannt, wie sich Nanomaterialien verhalten, wenn sie das Ende ihrer Nutzungsphase erreicht haben und über diverse Abfallströme Eingang in Abfallbehandlungsanlagen – z.B. (mechanisch-)biologische Verfahren, thermische Behandlung oder spezifische Recyclingprozesse – finden oder in Deponien enden. Weder über die quantitative Relevanz noch hinsichtlich potentieller Wirkungsweisen weiß man Genaueres. Für die Entsorgung von MNMs existieren bislang auch keine spezifischen rechtlichen Regelungen oder Überwachungsmechanismen.
Im Rahmen von NANOMIA soll in einem ersten Schritt die österreichische Produkt-Datenbank mittels Marktanalysen aktualisiert werden, um einen Überblick über die derzeit am österreichischen Markt erhältlichen Nano-Konsumprodukte zu bewahren. Die Ergebnisse sollen mittels Dialogverfahren in einer Expertenrunde mit Stakeholdern, wie Produzenten, Behörden, Vertretern des Arbeitnehmer- sowie Konsumentenschutzes, diskutiert und evaluiert werden.
Ein weiteres Ziel von NANOMIA ist, anhand von repräsentativen Produktbeispielen und auf Basis einer internationalen Literaturstudie stoffflussbasierte Entsorgungs- sowie Expositionsszenarien für die österreichische abfallwirtschaftliche Situation zu entwickeln, um eine Datengrundlage für weiterführende Risikobewertungen schaffen zu können.
Mit Fokus auf die „End-of-Life-Phase“ von Nanomaterialien zeigen bisherige Modellierungen von Mueller et al. (2013), dass z.B. bis zu 62 Prozent von Nano-Zink und bis zu 61 bzw. 58 Prozent von Nano- Titandioxid oder -Silber als Schlacke in Reststoffdeponien abgelagert werden. Im Rahmen von NANOMIA sollen auf Basis dieser ersten internationalen Ansätze und anhand eines Literatur-Reviews mögliche Entsorgungs- und Expositionspfade für MNMs in den ausgewählten Produkten mittels Stoffflussdiagrammen dargestellt werden.
Die entwickelten Szenarien sollen zur Veranschaulichung der derzeitigen Situation in Österreich dienen und gleichzeitig helfen, Handlungsbedarf hinsichtlich rechtlicher Regulative und notwendiger Überwachungsmechanismen zu identifizieren. Hierzu sollen Vorgaben des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG 2002) und ausgewählter Verordnungen sowie EU-weite Regelungen durchleuchtet und ihre Anwendbarkeit (z.B. Richtwerte, Mengenschwellen etc.) evaluiert werden. Auf Basis einer weiterführenden Literaturstudie über etablierte Verfahren in der Umweltanalytik sollen überblicksmäßig Methoden zum Monitoring von Nanomaterialien in Abfallströmen und komplexen Abfallmatrizen vorgeschlagen werden.
-> An increasing number of products contain nanomaterials which end up in the waste sooner or later. To this day, their effects are still unknown.
-> There is hardly any information on substances and quantities of nanomaterials used in mass products.
-> This poses challenges for both Austrian waste management and legislation.
-> Proposed solutions include the introduction of a standardised register for quantities of nanomaterials in products, consumer-friendly labelling and control of work safety in the waste sector.
-> Immer mehr Produkte enthalten Nanomaterialien. Diese landen früher oder später auch im Abfall. Wie sie sich dort verhalten, ist ungewiss.
-> Es liegen kaum Informationen über die in Produkten eingesetzte Nanomaterialien und deren Mengen vor.
-> Das stellt die österreichische Abfallwirtschaft und Gesetzgebung vor Herausforderungen.
-> Lösungsansätze sind unter anderem ein einheitliches Register zur Angabe von Nanomengen in Produkten, eine verbesserte Kennzeichnung sowie die Überprüfung der Arbeitsplatzsicherheit im Abfallbereich.
Die green nano Designprinzipien der deutschen Nanokommission stellen einen Versuch dar, konsensbasierte Richtlinien für umweltfreundlichere und nachhaltigere Produktion zu etablieren. Dieses Vorhaben fügt sich in aktuelle Ansinnen der internationalen Forschungs- und Entwicklungspolitik (z. B. Responsible Research and Innovation, RRI) und soll helfen, gewünschte gesellschaftliche Aspekte möglichst früh in die Technologieentwicklung zu integrieren. Dieses Dossier setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern ein solches Konzept zu umweltfreundlichen Entwicklungen im Bereich der Nanotechnologien beitragen kann und stellt Forschungsprojekte vor, die Teile der green nano Designprinzipien umsetzen. Vor dem Hintergrund technologischer und naturwissenschaftlicher Forschung und Entwicklung stellt sich im Anschluss die Frage, ob und wenn ja, inwieweit Konzepte wie die green nano Designprinzipien eine Einbindung von Umweltaspekten in der Forschung unterstützen.
Künstlich hergestellte Nanomaterialien (ENM) können potenziell während aller Abfallbehandlungsprozesse freigesetzt werden sowie in Reststoffen, Altstoffen, Sekundärrohstoffen oder Komposten akkumulieren. Zum Verbleib und Verhalten von ENM während der Abfallverwertung und -entsorgung liegen jedoch erst wenige Untersuchungen vor. In Österreich werden mehr als die Hälfte des in Haushalten anfallenden Abfalls getrennt gesammelt und als Altstoff, biogene Abfälle sowie Problemstoffe und Elektroaltgeräte weiterbehandelt. Der Rest wird entweder in Müllverbrennungsanlagen (MVA) oder in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen (MBA) behandelt. Erste Untersuchungen in MVAs zeigen, dass sich thermisch stabile ENM (Metalloxide) überwiegend in den festen Rückständen (Schlacke, Flugasche) anreichern. In Österreich werden diese überwiegend in Reststoffdeponien abgelagert. ENM können auch während des Recyclings von Produkten wieder freigesetzt werden (etwa Quantum Dots aus LEDs von Elektroaltgeräten oder CNTs aus Verbundmaterialien). Nanosilber scheint sich beim Recycling negativ auf die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen auszuwirken. ENM können direkt als Produktionsabfälle oder als Bestandteil von „Nano-Produkten“ bzw. als Sekundärabfälle, wie ENM-haltige Klärschlamme oder Verbrennungsrückst.nde, deponiert werden. Es wird geschätzt, dass weltweit zwischen 60 bis 86 % der am häufigsten eingesetzten ENM in Deponien landen. Da die Einsatzgebiete von ENM sehr mannigfaltig sind und deren Schicksal in der Umwelt im Einzelfall sehr unterschiedlich sein kann, können noch keine verallgemeinerten Aussagen getroffen werden.
Synthetisch hergestellte Nanomaterialien (Engineered Nanomaterials – ENM) können potentiell entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produktes freigesetzt werden. Die Nutzung von Produkten mit suspendierten ENM, wie Sonnenschutzmittel, führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem unmittelbaren Umwelteintrag. Hingegen können fest in eine Produktmatrix integrierte ENM erst durch mechanische und/oder chemische Einwirkungen freigesetzt werden. ENM können entweder direkt oder indirekt (z. B. während der Entsorgungsphase) in die Umwelt gelangen, wo sowohl ihre Eigenschaften als auch die Umweltbedingungen ihr Aggregationsverhalten bestimmen. Witterungsexperimente mit Fassadenfarben zeigen, dass nur ein sehr geringer Anteil der enthaltenen Titandioxidnanopartikel (TiO2-NP) freigesetzt wird. Bei Farben mit Silbernanopartikeln (Ag-NP) können allerdings mit der Zeit bis zu 30 % der Partikel ausgewaschen werden. Auch aus mit Ag-NP behandelten Textilien werden bis zu 10 % des enthaltenen Silbers ausgewaschen und gelangen ins Abwasser. Bis zu 85 % der TiO2-NP und bis zu 99 % der Ag-NP werden bei der Abwasserreinigung über den Klärschlamm entfernt, wobei Ag-NP und andere Silberformen zu unlöslichem Silberchlorid und -sulfid umgewandelt werden. Gelangen ENM in Oberflächengewässer ist eine Unterscheidung zwischen natürlichen und künstlichen Nanopartikeln aufwändig. Untersuchungen mit TiO2-NP, die etwa aus Sonnenschutzmitteln in Badegewässer gelangen können, zeigen, dass diese rasch aggregieren und folglich im Sediment nachweisbar sind.