GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Heinrich Hermann Hausner


geb. am 1. Juni 1901 in Wien, gest. am 4. Juli 1995 in Salzburg

Heinrich Hermann Hausner forschte von 1935 bis 1938 an der Biologischen Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte seine Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Er emigrierte 1939/40 in die USA und kehrte im Jahr 1985 nach Österreich zurück.

Hausner wurde als Sohn von Johann Philipp Georg Hausner (1858–1930) und seiner Frau Helene Josefine, geb. Tritsch (1868–1947, überlebte das Ghetto Theresienstadt), in Wien geboren. Er studierte von 1919 bis 1923 an der Maschinenbauschule der Technischen Hochschule in Wien, Abteilung Elektrotechnik. 1925 legte er die II. Staatsprüfung ab und erwarb den Grad eines Ingenieurs. Ab diesem Jahr war Hausner bei der Elin A.G. für elektrische Industrie in Wien als Projektionsingenieur beschäftigt. 1933 wurde er hier Leiter der Abteilung für Lichtwirtschaft. Hausner promovierte am 2. April 1938 an der Technischen Hochschule mit der Dissertation „Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen Licht und dem Vorgang der Photosynthese bei Elodea“. Im Rahmen seines Dissertationsprojekts forschte Hausner zumindest seit Dezember 1935 an der Botanischen Abteilung der Biologischen Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien.

In der nach dem „Anschluss“ erstellten „Liste der Arbeitenden“ der BVA ist Hausner als „Nicht-Arier“ gekennzeichnet. Am 13. April 1938 wurde die BVA vorübergehend geschlossen. Ab der Wiedereröffnung am 26. April war der Zutritt nur noch für die „inzwischen auf Ansuchen mit Zulassungsscheinen beteilten Arbeitenden“ möglich, so die Mitteilung in einem Schreiben des designierten Akademiepräsidenten Heinrich Srbik (1883–1981) und des kommissarischen Rektors der Universität Wien Fritz Knoll (1883–1981), der mit der „Wahrnehmung der Interessen der Landesleitung der NSDAP für die Akademie der Wissenschaften“ betraut worden war. Damit wurde jüdischen Forschenden spätestens mit 13. April 1938 der Zutritt zur BVA praktisch verweigert.

Heinrich Hausner und seine erste Frau Elisabeth, geb. Wallner (1905–1960), emigrierten 1939/40 in die USA. Hausner dürfte mithilfe eines Advanced Study Fellowship eingereist sein. Von 1940 bis 1941 war er als Ingenieur bei der American Electrometal Corporation in Yonkers (NY) beschäftigt, er wechselte 1942 als Chefelektroingenieur zu Nichols Engineering and Research Corporation (NY). Von 1943 bis 1945 arbeitete Hermann Hausner als wissenschaftlicher Chefingenieur bei General Ceramics und Steatite Corporation in Keasbey (NJ). Im Rahmen des Manhattan Project zur Entwicklung der ersten Atombombe war er mit der Entwicklung von Zündanlagen betraut.

Von 1946 bis 1948 arbeitete Heinrich Hausner als Adjunct Professor der New York University, ab 1952 als Adjunct Professor des Brooklyn Polytechnic Institute in New York. Von 1948 bis 1955 war er als Manager of Atomic Energy Engineering bei der Sylvania Electrical Products Inc. in Bayside (NY) tätig, und von 1956 bis 1958 war er Vizepräsident der Nuclear Engineering Div. der Penn-Texas Corporation in New York. Ab 1959 war er als Wissenschaftler am Rensselaer Polytechnic Inititute in Troy (NY) beschäftigt. 1962 wurde er Dozent der University of California in Los Angeles und ab 1966 Professor des Istituto Tecnologico Olivetti in Ivrea (Italien). Ab 1958 betätigte er sich zudem als Consulting Engineer für verschiedene Institutionen und Firmen in den USA und in Europa. Zugleich war Hausner Research Associate der New York University und Research Consultant der Rutgers University (NJ).

Heinrich Hausner gilt als Pionier der Pulvermetallurgie. Insgesamt hat er neun Patente angemeldet. Er war Mitbegründer der Zeitschrift The International Journal of Powder Metallurgy und 1965 bis 1985 ihr Herausgeber. Daneben publizierte Hausner umfassend zu musikwissenschaftlichen Themen, er war Mitglied der Internationalen Stiftung Mozarteum. Er reiste ab den 1950er Jahren regelmäßig nach Salzburg, wo er ab 1985 lebte. Heinrich Hausner verstarb im Jahr 1995 in Salzburg.


Schriften (Auswahl)


  • Heinz Hausner, Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen Licht und dem Vorgang der Photosynthese bei Elodea, Dissertation, Technische Hochschule Wien 1937.
  • Henry H. Hausner, Powder Metallurgy. Principles and Methods, New York 1947.
  • Ders. – Stanley B. Roboff, Materials for nuclear power reactors (= A Reinhold Pilot Book 7), New York 1955.
  • Ders., Powder metallurgy in nuclear reactor construction (= Review series / International Atomic Energy Agency 11), Wien 1961.
  • Ders., New Types of Metal Powders. Proceedings of a symposium spons. by the Powder Metallurgy Committee – Institute of Metals Division – The Metallurgical Society – American Institute of Mining, Metallurgical and Petroleum Engineers, Cleveland 1963.
  • Ders., Franz Xaver Süßmayr (= Österreich-Reihe 254/256), Wien 1964.
  • Ders., Joseph Weigl, in: Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 14, 3–4 (1966), 9–17.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Bestand BVA.
    • Archiv der ÖAW, NL Fritz Knoll, K. 1, Mappe 2, Konv. „Akten (1935)1938“ („Liste der Arbeitenden“).
    • Universitätsarchiv TU, Rektorat der TH in Wien, R.Z. 2/16, 1937/38, Rigorosen Journal 407, Promotionsakt.
    • Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach f. d. J. 1936, 1937.
    • John Keith Beddow, Professor Dr Henry H. Hausner (1900–1995), in: Advanced Powder Technology 6, 4 (1995), 327.
    • Karl Fallend, Wissenschaft/Science, in: Part 2: Biographical Exodus from Austria, in: Friedrich Stadler – Peter Weibel (Hg.), Vertreibung der Vernunft / The Cultural Exodus from Austria, Wien 1995, 1–74, hier: 27.
    • Otto J. Groeg (Hg.), Who’s who in Austria 1977/78, Wörthersee–Wien 91978, 173.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft und vergessen, in: derStandard.at, 19.2.2013.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft, vergessen und verdrängt. Über die nachhaltige Vernichtung der Biologischen Versuchsanstalt und ihres wissenschaftlichen Personals, in: Johannes Feichtinger – Herbert Matis – Stefan Sienell – Heidemarie Uhl (Hg.), Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, Wien 2013, 105–115, hier: 111.
    • Gopal S. Upadhyaya, Men of Metals and Materials: My Memoirs, Bloomington 2011, 132–134, 144, 155.


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