22.01.2015

Sprachen und Schriftdenkmäler innerhalb und in der Umgebung des alten Iran

Vortrag von Univ.-Doz. Dr. Velizar Sadovski

Abstract Die Erforschung der Sprachvielfalt in der Umgebung des alten Irans geht weit über das Interessensgebiet der reinen Linguistik hinaus – sie betrifft vielmehr die Geistes- und Sozialgeschichte des Vorderen und Mittleren Ostens im Spiegel der Sprache und Schriftkultur.

Die Geschichte des Großkulturraums, den wir oft als Iran maior bezeichnen und der sich weit über die Ausmaße der iranischen Hochebene nach Zentral-, West- und Süd(ost)asien erstreckt, ist die Geschichte eines multilingualen und „multiskriptualen“ Kontinuums. So stellt die iranische Sprachfamilie einerseits bekanntlich einen Zweig der indoeuropäischen/indogermanischen Sprachfamilie dar: das Iranische steht in enger Verbindung mit dem indischen Zweig dieser Sprachfamilie, weshalb man diese beiden Zweige auch gemeinsam mit dem Begriff Indo-iranisch zusammenfaßt.

Andererseits gab es sowohl innerhalb dieses Sprachraums als auch in der Umgebung des Iran maior eine ganze Reihe weiterer, nicht indoiranischer bzw. nicht indogermanischer Idiome und Kulturen, die sich mit den verschiedenen iranischen Kultur¬exponenten in ständiger Interaktion befanden. Dies betrifft insbesondere das Ausbreitungsgebiet des altpersischen Weltreichs – in dem die „Hochkulturen“ des Vorderen und Mittleren Orients (wie die elamische, die assyrische, die babylonische oder die aramäische Tradition) etwa bei der Verschriftlichung der Muttersprache der Königsfamilie, also des Altpersischen, einen entscheidenden Einfluß ausgeübt haben –, aber auch das mitteliranische Sasanidenreich und dessen Kontakte mit seinen armenischen, syrischen, tocharischen, mittelindischen, chinesischen, arabischen und insbesondere byzantinischen Nachbarn bzw. Bewohnern.

Die Entstehungs- und Ausbreitungsgeschichte der älteren iranischen Literatursprachen und ihrer Schriftdenkmäler ist durch Paradoxe, unerwartete Wenden und typologische Extravaganzen gekennzeichnet, die besonders bei den innerhalb eines eurozentrischen Kenntnishorizonts großgezogenen Interessenten oft jenseits der Grenzen des Bekannten und Geläufigen stoßen. Im Rahmen des Vortrags werden wir versuchen, diese Grenzen gemeinsam zu überschreiten – und die alt- und mitteliranischen Sprach- und Schriftzeugnisse im breiteren Kontext des Zusammenspiels mit den Vertretern weiterer indogermanischer und semitischer Traditionen zu situieren und zu analysieren.


Dieser Vortrag ist Teil der vom Institut für Iranistik und der Österreichischen Orient-Gesellschaft gemeinsam organisierten Vortragsreihe "Kulturwissenschaftliche Iranforschung". Das Programm des Wintersemesters 2014/15 steht unter dem Schwerpunkt "Der Alte Iran - Verschiedene Blickweisen auf ein komplexes Thema".

Programm Wintersemester 2014/15

 

Zeit:
22.01.2015, 18:30

Ort:
Österreichische Orient-Gesellschaft, Dominikanerbastei 6/6, 1010 Wien, Klubsaal

Links:
Österreichische Orient-Gesellschaft

Downloads:
Programm Wintersemester 2014/15