Woran wir arbeiten

Unsere Forschungsthemen


DEMOGRAPHIE ÖSTERREICHS

Dieser Forschungsbereich betrachtet sowohl die Humankapitalbildung, d.h. Fertilität, Bildung und Immigration, als auch die Verringerung von Humankapital durch Mortalität, gesundheitliche Einschränkungen und Emigration aus Österreich. Jüngst lag ein Forschungsschwerpunkt auf der Ankunft asylsuchender Personen während des 2. Halbjahres 2015 und ihrer Integration. Zusätzlich wird das VID auch weiterhin als österreichischer Partner in großen internationalen Befragungen, wie dem GGP („Gender and Generations Programme“) sowie weiteren relevanten Datenplattformen, fungieren. Um unserem Anspruch als führende Institution in demographischer Expertise für Österreich gerecht zu werden, stehen wir in engem Kontakt mit Interessensvertretern und Regierungsstellen auf nationaler und regionaler Ebene. Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie bei unserer Forschungsgruppe „Demography of Austria“.


FERTILITÄT UND FAMILIE

Humankapitalbildung beginnt mit der Geburt. Daher beschäftigt sich dieses Forschungsgebiet auf globaler Ebene mit der umfassenden Analyse von Fertilität und den Familienstrukturen, in welche Babys hineingeboren werden. Der Fokus liegt auf Ländern mit niedrigem Geburtenniveau. Hier werden im Speziellen die Fertilitätstrends und Kinderzahl, Fertilitätspräferenzen sowie Bildungsunterschiede in der Fertilität und im Familienverhalten analysiert. Diese Themen werden vor dem Hintergrund inter-generationeller Beziehungen, zunehmender ökonomischer Unsicherheit, der Ausweitung medizinisch unterstützter Reproduktionsmethoden und dem Trend zu hinausgezögerter Elternschaft und kleineren Familiengrößen betrachtet. Methodisch kombinieren wir Forschungsansätze auf der individuellen mit der Makro Ebene. Gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Demografische Forschung und wissenschaftlichen Kolleg*innen aus vielen weiteren Ländern stellen wir u.a. folgende Datenbasen zusammen: „Human Fertility Database” (HFD), „Human Fertility Collection” (HFC), “Cohort Fertility and Education Database” (CFE). Darüber hinaus koordinieren wir die Erstellung des „European Demographic Data Sheet“. Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie bei unserer Forschungsgruppe „Fertility and Family“.


GESUNDHEIT UND LANGLEBIGKEIT

Das wesentliche Ziel unserer Forschung besteht darin, die komplexe Entstehung gesunden Alterns zu entschlüsseln. Wir wollen besser verstehen, welche Faktoren und kausalen Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass bestimmte (Gruppen von) Menschen länger und gesünder leben als andere. Unsere zentrale Forschungsfrage lautet daher: In welcher Weise interagieren und bedingen sich (physische, soziale und epidemiologische) Umwelt, Genetik und Gesundheitsverhalten?

Die spezielle Forschungsstrategie, mit der wir versuchen, Antworten auf diese Frage zu finden, besteht in der Analyse von Unterschieden in Gesundheit und Sterblichkeit. Wir glauben, dass wenn wir verstehen, warum eine bestimmte Bevölkerungsgruppe länger und gesünder lebt als eine andere, wir dadurch viel über die generellen Mechanismen lernen, die Gesundheit und Langlebigkeit bestimmen.

Die Unterschiede in Gesundheit und Langlebigkeit, die uns besonders interessieren, umfassen unter anderem die zwischen West- und Osteuropa (insbesondere West- und Ostdeutschland), zwischen Frauen und Männern und zwischen sozioökonomischen Statusgruppen. Ein dabei relativ häufig auftretendes Problem ist, dass die existierenden Methoden nicht ausreichen, um unsere Forschungsfragen mit dem vorhandenen Datenmaterial beantworten zu können. Deshalb arbeiten wir auch an angewandt-methodischen Weiterentwicklungen, wie z.B. der Tempobereinigung der Perioden-Lebenserwartung, der „Longitudinal Survival Method“ (LSM) und indirekten Schätzverfahren.

Unsere Forschung basiert sowohl auf externen als auch selbst erhobenen Daten. Erstere beinhalten sowohl Makroebenen-Daten wie die „Human Mortality Database“ oder die „WHO Mortality Database“ als auch Individualdatensätze wie SHARE, EU-SILC, EHIS, das deutsche Sozio-Ökonomische Panel (SOEP), den deutschen Alterssurvey (DEAS) und den Österreichischen Gesundheits-Survey (ATHIS). Unsere eigene Datenerhebung erfolgt im Rahmen der Deutsch-Österreichischen Klosterstudie.

Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie bei unserer Forschungsgruppe „Health & Longevity“.


Alterung neu verstanden

Dieser Forschungsbereich beschäftigt sich mit der Entwicklung des Anteils älterer Menschen - gemessen sowohl durch konventionelle als auch neue Alterungs-Indikatoren.

Bereits seit Anfang der Jahrtausendwende beschäftigen sich Wissenschaftler am VID mit der „Neu-Messung” des Alters und der Alterung, die den modernen globalen Gegebenheiten entspricht. Eine Projektförderung seitens des Europäischen Forschungsrats („ERC Advanced Grant“) ermöglichte seit 2013 eine nähere Auseinandersetzung mit der Thematik. Im Zentrum des Ansatzes steht die Betrachtung der sich stetig verändernden Charakteristika von Bevölkerungen. Das Alter von Menschen wird nicht mehr nur anhand ihres chronologischen Alters bestimmt, also der Lebenszeit seit der Geburt, sondern eine Vielzahl weiterer Charakteristika - wie Unterschiede in Bildung, der Gesundheitsstatus und physische Einschränkungen in höherem Alter, die verbleibende Lebenserwartung und kognitive Fähigkeiten - werden für die Messung mit einbezogen. Diese Neubetrachtung hat weitreichende Konsequenzen für die öffentliche Meinung über Alterung und deren Auswirkungen, politische Strategien und Gesetze, vor allem Pensionsreformen und die Nachhaltigkeit von Wohlfahrtssystemen, und Bemühungen um inter-generationelle Gleichberechtigung.

Dementsprechend fokussiert sich unsere Forschung aktuell auf

(a) den zukünftigen Strom von Ressourcen zwischen und innerhalb von Generationen unter sich wandelnden demographischem Bedingungen (inklusive Pandemien) - mit einer Betonung auf Nachhaltigkeit und Ungleichheit;

(b) die Beziehung zwischen Langlebigkeit und Gesundheit bzw. gesundheitlichen Einschränkungen, unter Einbezug der Einflussnahme einer Pandemie; sowie

(c) eine Analyse, wie verschiedene Persönlichkeitsmerkmale das demographische Verhalten und die Langlebigkeit beeinflussen können und somit eine „Demographie der Persönlichkeit“ entwickeln.


MIGRATION

Unsere Migrationsforschung umfasst sowohl das Element der Humankapitalbildung, also Wanderungsgewinne (nach Bildungsgrad und Arbeitsmarktpartizipation) als auch Humankapitalverringerung durch Wanderungsverluste (nach Bildungsgrad). Während wir in den vergangenen Jahren bahnbrechende Beiträge zur Schätzung der ersten kompletten Matrix von bi-lateralen Migrationsströmen auf globaler Ebene geleistet haben, liegt unser aktueller Fokus auf der Analyse von Antriebsfaktoren der Migration im Kontext der Bevölkerungsalterung in Europa, dem Bevölkerungswachstum in potentiellen Auswanderungsländern und dem weltweiten Klimawandel.

Berücksichtigt wird die Integration von Migrant*innen nach ihrem Bildungsgrad und weiteren Charakteristika unter Berücksichtigung der Umstände in ihren Herkunfts- sowie Zielländern. Statistische Schätzungen und harmonisierte Daten zu Migration und deren Antriebskräften sowie Simulationsmodelle werden verwendet, um zukünftige Migrationsszenarien qualitativ sowie quantitativ abzuleiten und politische Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.


DEMOGRAPHIE UND BILDUNG

Dieser Bereich widmet sich der formalen Bildung und Lernprozessen. Eine Herausforderung besteht darin, Bildungsindikatoren und Schulverlaufsmodelle dem Stand der demographischen Forschung anzupassen. Dies betrifft die empirische Erfassung von Trends in verschiedenen Teilen der Welt, die Analyse ihrer Determinanten und die Entwicklung quantitativer Modelle und Prognosen.

Zusätzlich untersuchen wir verwandte Bereiche wie etwa frühkindliche Bildung, informelle Bildung, Bildungsqualität, sowie die Schätzung der Kompetenzen von Erwachsenen. All dies ermöglicht eine umfassendere Analyse von Humankapital.


DEMOGRAPHIE UND ÖKONOMIE

In diesen Themenkomplex fällt die Analyse des ökonomischen Lebenszyklus mit einem Schwerpunkt auf Gesundheits- und Bildungsinvestitionen und deren Wechselwirkung mit dem Arbeitsmarkt sowie dem Sozialversicherungssystem. Ein Schlüsselaspekt bei der Modellierung des ökonomischen Lebenszyklus ist es, die Heterogenität im Hinblick auf Gesundheit, Bildung und sozialen Hintergrund im Kindesalter zu erfassen und zu verstehen, wie sich daraus divergierende Entscheidungen und Verhaltensweisen über den Lebenszyklus ergeben, die zusammen mit den Ausgangsbedingungen zu Ungleichheit in Gesundheit, Einkommen und Langlebigkeit führen.

Auf der Makroebene untersuchen wir, wie sich verändernde Bevölkerungsstrukturen in Verbindung mit wirtschaftlichen Anreizen und politischen Maßnahmen auf die ökonomische Entwicklung und die Wohlfahrt der Bevölkerung auswirken, wobei der Fokus auf Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit liegt. Wir integrieren eine dynamische heterogene demographische Struktur in ökonomische Modelle, z.B. agenten-basierte Modelle oder berechenbare allgemeine Gleichgewichtsmodelle. Ein angewandter Teil unserer Forschung konzentriert sich auf „Nationale Transferkonten”, um inter-generationelle Transfers und Trends von öffentlichen Ausgaben, das Wohlergehen über Generationen hinweg, sowie die Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung und von Sozialversicherungssystemen vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung zu erklären und zu projizieren. Wesentlicher Bestandteil ist hierbei wiederum die Erfassung und Erklärung von Heterogenität im Hinblick auf sozio-ökonomischen Status und Langlebigkeit. Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie bei unserer Forschungsgruppe „Economic Demography“.


BEVÖLKERUNG - ENTWICKLUNG - UMWELT & NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (SDG)

Die Wechselwirkungen zwischen Bevölkerungsentwicklung, der globalen wirtschaftlichen Entwicklung und unserer Umwelt wirken sich auch direkt darauf aus, wie erfolgreich die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erreicht werden können.

Bereits in der Vergangenheit haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie bedrohlich der Klimawandel für das zukünftige Wohlergehen der Menschheit sein könnte, und wie sich die Bestimmungsfaktoren und die Prioritäten für zukünftige Anpassungsmöglichkeiten gestalten. Aktuell beleuchten wir - differenziert nach demographischen Charakteristika - unsere Verletzlichkeit gegenüber dem Klimawandel sowie unerwarteten Ereignissen, die wiederum die Erreichbarkeit der Nachhaltigkeitsziele untergraben. Im Rahmen eines neuen Projekts („ERC Advanced Grant“), gefördert von der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Forschungsrat, entwickeln wir einen Indikator der menschlichen Lebensqualität (YoGL = Years of Good Life“. Er basiert auf der Lebenserwartung, aber misst nicht nur das reine Überleben, sondern Lebensjahre werden nur als gute Jahre gezählt, wenn man auch über einem Mindestniveau bzgl. der körperlichen und geistigen Gesundheit liegt, nicht von absoluter Armut betroffen ist und auch bzgl. des subjektiven Indikators Lebenszufriedenheit über einem Mindestniveau liegt. Die Entwicklung dieses Indikators YoGL über einen langen Zeitraum (wobei auch die Auswirkungen der Umweltveränderungen zu berücksichtigen sind) kann dann auch als Kriterium dafür dienen, ob eine Entwicklung als nachhaltig zu beurteilen ist.


PROJEKTIONEN UND MODELLE

Dieser Forschungsbereich befasst sich mit der so genannten multi-dimensionalen mathematischen Demographie. Ziel ist es, Bevölkerungen mittels Simulationsmethoden (Mikro- und Makrosimulation), welche nach Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Wohnort, Gesundheitszustand und Arbeitsmarktpartizipation differenzieren, zu rekonstruieren und vorherzusagen. So aktualisieren wir auch regelmäßig Bevölkerungsprojektionen nach Alter, Geschlecht und Bildung für alle Länder der Welt bis in das Jahr 2100. Da wir explizit die Bildungsstruktur berücksichtigen, unterscheiden sich unsere Projektionen von den Bevölkerungsprojektionen der Vereinten Nationen. Für die anstehende Aktualisierung per 2023 planen wir, auch Stadt-Land Unterschiede explizit zu berücksichtigen.


DATEN, DATEN, DATEN

Unser „Datenlabor” stellt nicht nur die unseren Bevölkerungsprojektionen zugrunde liegenden Bevölkerungszahlen nach allen erforderlichen Charakteristika für alle Länder der Welt zur Verfügung, sondern sammelt und schätzt ebenso die größtmögliche historische Datenbasis der Weltbevölkerung mit harmonisierten Daten unter Einbeziehung des Bildungsstands. Aktuell arbeiten wir an Schätzungen, die nicht nur die formal abgeschlossene Schulbildung berücksichtigen, sondern auch die Fähigkeiten direkt testen (ähnlich einem PISA Test für Erwachsene). Weitere Aushängeschilder ist unser „European Demographic Data Sheet”, welches als Poster im DinA1-Format erhältlich ist, sowie unsere online Anwendung, der „Wittgenstein Centre Human Capital Data Explorer”. Unsere regelmäßig erscheinenden demographischen Datenposter stellen wesentliche demographische Daten sowie Trends in der Bevölkerungsentwicklung sowie Projektionen dar - aktuell für 45 Länder. Die aktuellste Version dieses Jahres konzentriert sich zudem auf Indikatoren der Bildung, Lebensqualität und Binnenwanderung und untersucht jüngste Entwicklungen von Fertilität und Mortalität. Mit Hilfe des „Data Explorers” ist es dem Nutzer möglich, sich eine gewünschte Datenauswahl ausgeben und per „Graphic Explorer” als Bevölkerungspyramide anzeigen zu lassen. Weiterführende Informationen in englischer Sprache finden Sie bei unserer Forschungsgruppe „Human Capital Data Lab“.