Best of 2018

Es war einiges los an der ÖAW im ablaufenden Jahr: Quantentelefonate, Ephesos-Neustart, Merkur-Mission und UNESCO-Erbe. Hier eine kleine Auswahl von dem, das die Akademie 2018 bewegte.

Meilensteine in der Quantenkommunikation

Das erste quantenverschlüsselte Video-Telefonat über zwei Kontinente zwischen Wien und Peking sorgte weltweit für Aufsehen. ÖAW-Präsident Anton Zeilinger telefonierte gemeinsam mit Universität Wien-Rektor Heinz W. Engl dank dieser Technik absolut abhörsicher mit seinem Amtskollegen Chunli Bai von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Anfang 2018 wurde das Experiment, das einige Monate zuvor an der ÖAW durchgeführt worden war, im Fachjournal Physical Review Letters publiziert - nun hat es die American Physical Society zu einem Highlight des Jahres gewählt.

Es ist nicht der einzige Meilenstein in der Quantenkommunikation in diesem Jahr. Kurz vor Weihnachten veröffentlichten Physiker um Rupert Ursin vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW ein neues Experiment, bei dem es ihnen gelungen ist, ein Quantennetzwerk zwischen vier Teilnehmern einzurichten. Bisher war das nur zwischen zwei Teilnehmern problemlos möglich. Dieser wichtige Schritt zu einem Quanteninternet der Zukunft war „Nature“ eine Cover-Story wert.

Neustart in Ephesos

Ephesos ist eines der wissenschaftlichen Flaggschiffe Österreichs im Ausland. Fast zwei Jahre lag dieses Flaggschiff zwangsweise sozusagen im Trockendock. Aufgrund politischer Unstimmigkeiten zwischen Österreich und der Türkei mussten die Grabungen unterbrochen werden. Doch 2018 konnten die Archäolog/innen endlich wieder Segel setzen. Das Österreichische Archäologische Institut der ÖAW, das die Grabungen leitet, konnte seine Arbeit in Ephesos wieder aufnehmen. Zum Auftakt widmeten sich die Forscher/innen einer freigelegten antiken Sporthalle, die die zweitgrößte im Römischen Reich gewesen sein dürfte und - wie herausgefunden wurde - bei einem Brand zerstört wurde. Die Erkenntnisse sind ein weiterer wichtiger Puzzlestein zur umfassenden Rekonstruktion der Geschichte der Weltkulturerbestätte Ephesos.

Fünf ERC Grants eingeworben

Mechanismen des Resets von Zellen, globalisierte Erinnerungskulturen, Einblicke in die Genregulierung, antike Musikinstrumente oder Epigenetik bei Pflanzen - fünf hochdotierte Grants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council - ERC) konnten Wissenschaftler/innen der ÖAW heuer mit diesen Forschungsprojekten einwerben. Dadurch erhöht sich die Anzahl der seit 2007 an ÖAW-Forscher/innen insgesamt vergebenen ERC-Preise auf 42 ERC Grants und 4 Proof of Concept Grants. Die Akademie zählt damit zu den erfolgreichsten Forschungseinrichtungen Österreichs. 

Österreich auf dem Weg zum Merkur

Am 20. Oktober 2018 in den frühen Morgenstunden war es soweit: Die europäisch-japanische Raummission BepiColombo verließ die Erde, um Kurs auf den Planeten Merkur zu nehmen. Sie bringt erstmals in der Geschichte gleich zwei Weltraumsonden zum kleinsten und innersten Planeten des Sonnensystems. Nach einer siebenjährigen Reise sollen diese sowohl die planetare Oberfläche als auch Merkurs Magnetosphäre unter die Lupe nehmen, um damit mehr über den bisher kaum erforschten Planeten in Erfahrung zu bringen. Zum Gelingen der Mission wird auch Know-how aus Österreich beitragen: Eine Ionenkamera und zwei Magnetometer wurden unter Federführung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW entwickelt.

Akademie auf der Überholspur

Der „Nature Index“ wies 2018 Österreich als eines von sechs Ländern mit der weltweit dynamischsten Entwicklung seines Forschungssystems aus. Das bedeutet, es zählt zu jenen Ländern, die sowohl absolut als auch relativ die höchste Steigerung ihres Outputs zu verzeichnen haben. Besonders erfreulich: Die ÖAW zählt laut dem renommierten Fachjournal neben der Universität Wien und dem ISTA  zu den Innovationstreibern.

Wie innovativ die ÖAW ist, wurde 2018 auch an einem anderen Ranking deutlich. Einmal im Jahr gibt das Unternehmen Clarivate Analytics die Namen der weltweit am meisten zitierten Forscher/innen bekannt. Zu den international einflussreichsten Köpfen der Wissenschaft zählen auch 24 Forscher/innen, die an der Akademie tätig oder mit ihr als Mitglieder im In- und Ausland eng verbunden sind. Die Zahl ist eine weitere Steigerung gegenüber dem Vorjahr.

Gedenken an 1618, 1848, 1918 und 1938

2018 war das Jahr des Gedenkens, denn gleich mehrere runde Jahrestage historisch bedeutender Ereignisse kehrten wieder. Auch die ÖAW erinnerte mit mehreren Veranstaltungen an diese. Dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges vor 400 Jahren widmete sich eine Konferenz des Instituts für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der ÖAW. Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, warum dieser Europa tief prägende Konflikt heute im kollektiven Gedächtnis Österreichs kaum eine Rolle spielt. Nicht weniger „vergessen“ ist die Revolution von 1848. Ein Vortrag und Lesungen an der ÖAW riefen die Bedeutung dieses geschichtlichen Wendepunkts vor 170 Jahren wieder in Erinnerung. Ein Wendepunkt der Geschichte war auch das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren. Eine internationale Konferenz beleuchtete diese „Zeitenschwelle“ aus den Perspektiven der damaligen Sieger und Verlierer. Und schließlich war 2018 das Jahr des Gedenkens an den „Anschluss“ von 1938. An der ÖAW beleuchtete der Film „Exile & Excellence“ anhand von persönlichen Schicksalen die Vertreibung und Flucht späterer herausragender Wissenschaftler/innen.

800 Jahre Hofburg erforscht

In einem der größten geisteswissenschaftlichen Forschungsprojekte der Zweiten Republik widmeten sich seit 2005 rund 40 Wissenschaftler/innen unter der Federführung des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW der knapp 800-jährigen (bau-)historischen Vergangenheit der Wiener Hofburg. Vier umfangreiche Bände, in denen die Ursprünge im Mittelalter oder die Palastbauten in der Renaissance beschrieben werden, sind dazu im Verlag der ÖAW erschienen. 2018 wurde mit der Publikation des fünften und letzten Bandes „Die Wiener Hofburg seit 1918. Von der Residenz zum Museumsquartier“ dieses geisteswissenschaftliche Großprojekt erfolgreich abgeschlossen. „Keine andere  Residenz  weltweit ist auf vergleichbar hohem fachlichen und publizistischen  Niveau erforscht“, betonte ÖAW-Präsident Anton Zeilinger daher bei der Präsentation des Buches bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg.

Dialekt-Aufnahmen sind UNESCO-Erbe

Der  älteste  umfassende  Tonbandbestand  zu  den  österreichischen  Dialekten  ist  zugleich der jüngste Neuzugang im UNESCO-Verzeichnis zum Gedächtnis  Österreichs: 2018 wurden  die  „Tonaufnahmen  österreichischer  Dialekte  1951–1983“ des Phonogrammarchivs der ÖAW feierlich in das nationale Register des Programms „Memory of the World“ aufgenommen. Die Tonbandsammlung mit 1748 Einzelaufnahmen und einer Gesamtdauer von 251 Stunden gilt in der Sprachforschung als wissenschaftlich bisher kaum erschlossener Schatz. Zugleich erlauben die jeweils 2- bis 6-minütigen Tonaufzeichnungen von Dialektsprecher/innen einzigartige Einblicke in die vielfältigen sprachlichen Welten sowie die Sozial- und Kulturgeschichte Österreichs.

Nobelpreis, Breakthrough-Preis, Wittgenstein-Preis

Einen wahren Preisregen gab es 2018 für Mitglieder der ÖAW. Den Auftakt bildete im Sommer der Wittgenstein-Preis des Wissenschaftsfonds FWF an ÖAW-Mitglied Herbert Edelsbrunner. Er ist Mathematiker am IST Austria und erhielt Österreichs höchstdotierte Wissenschaftsauszeichnung für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Computergeometrie und Computertopologie. Den Nobelpreis für Physik erhielt heuer mit dem französischen Physiker Gérard A. Mourou ebenfalls ein ÖAW-Mitglied. Morou wurde mit dem renommiertesten Wissenschaftspreis der Welt für seine Forschungen zu Laserimpulsen ausgezeichnet. Der „Nobelpreis des Silicon Valley“, einer der sogenannten Breakthrough-Preise, ging schließlich an ÖAW-Mitglied Angelika Amon. Die Biologin ist der Entstehung von Krebs auf der Spur.

Genetik, Mathe und Stephen Hawking

Wo kann man einen Nobelpreisträger, einen Fields-Medaillen-Gewinner und den letzten Ko-Autor von Stephen Hawking treffen? Richtig - bei den Vortragsveranstaltungen der ÖAW. Nobelpreisträger Sir Paul Nurse sprach 2018 im Festsaal der Akademie darüber, wie die Genetik dabei helfen kann, Leben besser zu verstehen. Mathematik besser verstehen, war - hoffentlich - das Ergebnis des Vortrags von Martin Hairer. Der Fields-Medaillen-Träger sprach an der ÖAW über  Wahrscheinlichkeitsrechnung. Vom Inneren unseres Körpers über die abstrakte Welt der Mathematik ging es schließlich 2018 in die Weiten des Alls. Mark Perry, der letzte Ko-Autor von Stephen Hawking erklärte an der Akademie, warum Schwarze Löcher Haare haben.

Wissenschaft für die Augen und die Ohren

Wer mehr über die Forschung an der ÖAW wissen will, kann das seit 2018 mit den Augen und den Ohren tun. Seit Kurzem hat die Akademie einen YouTube-Kanal, auf dem Forschungsfrage-Videos einen Einblick geben in aktuelle Arbeiten von ÖAW-Wissenschaftler/innen. Und wer Forschung hören will, kommt seit heuer beim neuen Podcast MAKRO MIKRO auf seine Kosten. Dort geht es um die großen Fragen und die kleinen Details der Wissenschaft. Reinhören lohnt sich.