22.11.2022

ALEXANDRA RODLER ERHÄLT ERC STARTING GRANT

Die ÖAI-Forscherin gewann die Förderung mit ihrem Projekt »Color in a New Light ‒ Origins, Trade and Cultural Significance of Ancient Pigments«

© ÖAW-ÖAI/N. Gail

Die Faszination der Farben

Wie die Gegenwart war auch die antike Welt von Farben fasziniert. Schon früh verwendeten Menschen natürliche Materialien, um sie als Pigmente, das heißt farbgebende Substanzen, für Architekturelemente, Kunstwerke oder auch Alltags- und Gebrauchsgegenstände zu verwenden. Pigmente sind im Gegensatz zu Farbstoffen im Anwendungsmedium praktisch unlöslich und liegen dort als Feststoffteilchen vor.

Herkunft und Verarbeitung der Pigmente

Einige Materialien zur Herstellung von Pigmenten waren kostbar und wurden möglicherweise über große Distanzen gehandelt, andere waren allgemein verfügbar. Dennoch ist wenig darüber bekannt, woher diese Materialien kamen und wo sie verarbeitet wurden. Nicht nur die Knotenpunkte auf dem Weg vom Bergwerk bis zum Kunstwerk liegen noch im Dunkeln, sondern auch die Herkunft der Pigmentrohstoffe. Das ist insofern bemerkenswert, als bestimmte Materialien kontinuierlich verwendet wurden, was auf eine standardisierte Produktion hindeuten könnte. Zudem erwähnen antike Schriftsteller eine Vorliebe für bestimmte Materialien aus bestimmten Regionen.

Wichtiger neuer Ansatz innerhalb der Archäologie

Das Projekt „COLOR IN A NEW LIGHT - Origins, Trade and Cultural Significance of Ancient Pigments” (HUE) von Alexandra Rodler verfolgt einen wichtigen neuen Ansatz innerhalb der Archäologie: Die Analyse der Herkunft und Produktionstechnologien von Pigmenten soll Aussagen über kulturellen und technologischen Wandel sowie Handelsrouten ermöglichen.

Dafür wird im Rahmen des Projekts eine Referenzdatenbank erstellt und ein Instrumentarium zur Herkunftsanalyse von jenen Pigmenten etabliert, die in der griechisch-römischen Welt räumlich und zeitlich weit verbreitet waren. Dazu gehören sowohl kaum verarbeitete Pigmente (Ocker, Zinnober, Auripigment) als auch stark verarbeitete und mehrkomponentige Pigmente (Bleipigmente, Ägyptisch Blau). Die Referenzdatenbank und die Toolbox werden für Fundorte in Mittelitalien, in der Westtürkei und Inseln des Ägäischen Meeres innerhalb eines engen Zeitfensters (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.) für mehrere wichtige Knotenpunkte der antiken Pigmentindustrie sowie für einen erweiterten Zeitrahmen bis 1300 v. Chr. getestet. Dabei wird untersucht, wie zentral/dezentral bzw. vernetzt/nicht vernetzt der Handel mit Pigmenten für leicht verfügbare und teure Materialien und komplexe Produkte am Schnittpunkt verschiedener Pyrotechnologien organisiert war.

Projektziel

Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines umfassenden Ansatzes zur Bewertung von Rohstoffherkunft, Handel und technologischen Entwicklungen von Pigmenten in der Antike, der dazu dient, kulturellen Wandel auch auf Basis von Farben ansprechen zu können. Im Kern geht es dabei um den Aufbau einer open access Datenbank und Datensammlung von Pigmenten als Träger kultureller Information sowie um die Visualisierung von Farbnetzwerken.

Zur Person

Alexandra Rodler studierte Geologie-Geowissenschaften und promovierte 2016 an der Universität Kopenhagen. 2016 wurde sie wissenschaftliche Projektmitarbeiterin der Polychromy Forschungsgruppe der Ny Carlsberg Glyptotek. 2018 arbeitete sie als Postdoc-Stipendiatin am Saxo Institut der Universität Kopenhagen und 2019 als Postdoc-Stipendiatin der Forschungsgruppe AMGC an der Freien Universität Brüssel. Seit 2020 ist sie mit einem MSCA Fellowship Teil der Forschungsgruppe »Objektitinerarien« am Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Herkunft, Verwendung und der Stellenwert von Farben und Pigmenten.

Das European Research Council – ERC ist eine Fördereinrichtung für themenoffene Spitzenforschung, die mittlerweile internationales Ansehen für die exzellenten und oft bahnbrechenden Ergebnisse der von ihr geförderten Projekte genießt. Der ERC Starting Grant fördert exzellente Wissenschaftler:innen in einem frühen Stadium ihrer Karriere auf dem Weg in die wissenschaftliche Unabhängigkeit. Ein wichtiger Schritt ist dabei häufig die Etablierung der ersten eigenen Forschungsgruppe. Dazu wird ihnen eine Fördersumme von maximal 2,5 Mio. Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestellt. Das Doktorat des Antragstellers, des sogenannten Principal Investigator, muss im Jahr der Antragsstellung zwischen zwei und sieben Jahren zurückliegen. In Ausnahmefällen kann dieses Zeitfenster verlängert werden.