06.07.2020 | Schmerzlicher Verlust

Trauer um Othmar Hageneder

Der renommierte Historiker verstarb im Alter von 92 Jahren. Die ÖAW trauert um ihr hoch geschätztes Mitglied.

Eine brennende Kerze
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Sein wissenschaftliches Erbe und seine Menschlichkeit werden stets in Erinnerung bleiben: Othmar Hageneder hat mit seiner Forschungsarbeit und seiner Leidenschaft für die oberösterreichische Landesgeschichte sowie das mittelalterliche Urkundenwesen Generationen von Historiker/innen geprägt. „Ein Interesse an der Geschichte war bei mir, soweit ich zurückdenken kann, schon immer vorhanden“, schrieb er einmal über seinen wissenschaftlichen Werdegang. Nun ist Othmar Hageneder im Alter von 92 Jahren verstorben. Die Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) betrauert den Verlust ihres Mitglieds.

Beziehungen zwischen Papsttum und Kaisertum

Othmar Hageneder wurde 1925 in Linz geboren. 1946 kam er nach Wien und begann das Lehramtsstudium in Geschichte und Geographie, bevor er mit seiner Ausbildung am Institut für Österreichische Geschichtsforschung wichtige Weichen stellte. Im Zuge seiner 1951 verfassten Dissertation beschäftigte er sich mit der spätmittelalterlichen Geschichte Oberösterreichs mit ihren wirtschafts-und verfassungsgeschichtlichen Bezügen. Bevor er 1953 in den Dienst des Oberösterreichischen Landesarchivs eintrat, begann er als Stipendiat in Rom an der Neuedition der Kanzleiregister Papst Innocenz‘ III. zu arbeiten.

1968 erfolgte seine Habilitation in Wien für Geschichte des Mittelalters mit besonderer Berücksichtigung der Verfassungsgeschichte. 1976 wurde er auf die Innsbrucker Professur für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften berufen. 1980 erfolgte ein Ruf nach Wien. Dort wirkte er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1995.

Anerkennung in vielen Wissenschaftsbereichen

Hohe nationale und internationale Anerkennung hat sich Othmar Hageneder gleich in mehreren Wissenschaftsbereichen erworben: Er vertiefte sich in verschiedene Gebiete des mittelalterlichen Kirchenrechts, untersuchte die engen Beziehungen zwischen Geschichtswissenschaft und Jurisprudenz, erforschte Papstdiplomatik und die Entstehung der spätmittelalterlichen Papstregister sowie das Verhältnis von Kirche und Staat und arbeitete deren Kampf um die Vorherrschaft innerhalb der Christenheit auf. Aber auch Überlegungen zur wissenschaftlichen Ausbildung der Archivare stammen aus seiner Feder.

Eine Reihe seiner wissenschaftlichen Aufsätze wurden in mehrere Sprachen übersetzt, beeindruckend ist auch die Vielfalt der Schriftstücke, die er noch nach seiner Emeritierung publizierte. Sein Opus Magnum, die Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III., von der zwölf Bände erschienen sind, hinterließ er kurz vor der Fertigstellung.

Enge Verbindungen mit der Akademie

Der Wiener Arbeitsgruppe der Regesta Imperii, eines Grundlagen-Inventars zur deutschen und europäischen Geschichte, gehörte er als hochaktives Mitglied mit größtem Engagement an. Die Gründungsphase des Instituts für Mittelalterforschung der ÖAW, an dem die Wiener Regesta Imperii angesiedelt sind, hatte er maßgeblich mitbegleitet. Seit 1992 war Othmar Hageneder zudem wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW.

Othmar Hageneders Verlust trifft die ÖAW, der er über viele Jahre so eng verbunden war, überaus schmerzlich. Die Gedanken der Akademie sind bei seinen Angehörigen.