31.10.2022 | Früher Klimaschützer

ÖAW trauert um Georg Grabherr

Grabherr war Mitglied der Akademie und ehemals Vizedirektor des ÖAW-Instituts für interdisziplinäre Gebirgsforschung. Der frühe Mahner für den Klimaschutz ist 76-jährig verstorben.

© Privat

„Die Österreichische Akademie der Wissenschaften trauert um Georg Grabherr. Das Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse war nicht nur ein exzellenter Wissenschaftler, sondern auch ein hervorragender Vermittler seiner Forschung. Die Liebe zur Natur, seine Sprache mit alemannischer Färbung und sein unprätentiöses Auftreten zeichneten Grabherr aus. Wissenschaftliche Politberatung hat er auf seine Art in der Natur durchgeführt. Mit seinen Forschungen wurde Grabherr außerdem zu einem frühen Mahner für den Klimaschutz. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen“, sagt Heinz Faßmann, Präsident der ÖAW.

ENG MIT DER AKADEMIE VERBUNDEN

Grabherr war seit 2004 als korrespondierendes Mitglied der Akademie eng mit ihr verbunden, am Innsbrucker Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der ÖAW war er lange als Forscher und stellvertretender Direktor tätig. Er richtete die Forschungsinitiative GLORIA (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments) ein, an der auch die ÖAW beteiligt ist und die an mittlerweile mehr als 100 über den Globus verteilten Observationspunkten die Auswirkungen des Klimawandels beobachtet. Für seine erfolgreiche Vermittlungsarbeit wurde Grabherr vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen 2012 als "Wissenschafter des Jahres" ausgezeichnet.

Geboren wurde Grabherr 1946 in Bregenz und begann 1967 an der Universität Innsbruck ein Studium der Biologie, das er 1975 mit der Promotion abschloss. Nach einem Forschungsaufenthalt in Großbritannien habilitierte er sich 1983 in Innsbruck. 1986 wurde er als Professor für Naturschutzbiologie, Vegetations- und Landschaftsökologie an die Universität Wien berufen und konnte damit den Naturschutz auf akademischem Boden etablieren. 2011 musste er krankheitsbedingt aus dieser Funktion frühzeitig ausscheiden.

Mit Studien über die Natürlichkeit der österreichischen Wälder, die Pflanzengesellschaften und die Biodiversität Österreichs sowie dem ersten vollständigen Gebirgsinventar schutzwürdiger Biotope wurde Grabherr zum international gefragten Experten. Bereits 1994 gelang ihm erstmals der Nachweis für das erwärmungsbedingte Höhersteigen der alpinen Vegetation.

KÄMPFER FÜR DEN NATURSCHUTZ

Grabherr war in zahlreichen internationalen Gremien vertreten und hat die EU u.a. bei der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie beraten. Der Ökologe beobachtete und studierte aber nicht nur die Natur, er kämpfte auch für ihren Schutz, etwa bei der Erhaltung des nur in Mitteleuropa vorkommenden Bodensee-Vergissmeinnicht. Durch seine Bemühungen wurden Naturschutzgebiete eingerichtet, die Zahl der Pflanzen konnte sich dadurch rasch wieder erholen. Bei seinen Bemühungen um mehr Naturschutz kamen Grabherr Funktionen wie der Vorsitz im Vorarlberger Naturschutzrat oder im österreichischen Nationalkomitee des UNESCO-Programms "Man and Biosphere" zugute, das an der ÖAW angesiedelt ist.

Besonders stolz war Grabherr auf die mehr als 300 Diplomanden und Dissertanten, die er in der Zeit an der Universität Wien betreute. An sie konnte er nicht nur sein umfassendes Wissen, sondern auch seine große Liebe zur Natur und ihrem Schutz weitergeben.