Täglich teilen sich Milliarden Zellen in unserem Körper, um unsere Organe gesund zu erhalten. Dabei sorgt eine Vielzahl von Mechanismen für eine reibungslose Teilung. Denn bereits kleine Fehler können fatale Konsequenzen für den Organismus haben. Gerät die Zellteilung außer Kontrolle, kann dies zu schweren Krankheiten wie zum Beispiel Krebs führen.
Zellen „live“ beim Teilen zusehen
Bei der Zellteilung bilden tausende kleiner Fasern – genannt Mikrotubuli – eine Spindel, welche das in Chromosomen verpackte Erbgut gleichmäßig auf die neu entstehenden Tochterzellen verteilt. Obwohl der Prozess der Zellteilung bereits im 19. Jahrhundert beobachtet wurde, gibt es selbst heute noch viele Unklarheiten, wie der komplizierte Spindelapparat gebildet wird. Die Forschungsgruppe von Daniel Gerlich am IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) bringt nun neues Licht in die Entstehung der Spindel.
Bisher wusste man nicht, in welchen Spindelregionen die Mikrotubuli bevorzugt gebildet werden und wie sie dann die Anheftungspunkte auf Chromosomen erreichen. In einer Zusammenarbeit mit Wissenschaftler/innen aus den USA verwendeten die ÖAW-Forscher/innen eine neuartige Methode namens „Lattice-Light-Sheet“-Mikroskopie, die in Echtzeit und in 3D das Wachstum von einzelnen Mikrotubuli abbildet. Dies zeigte, dass die meisten Spindelfasern auf den Wänden bereits bestehender Mikrotubuli aufbauen und dann gezielt auf die chromosomalen Ankerpunkte hinwachsen. Dabei spielt ein Proteinkomplex namens Augmin eine treibende Rolle.
"Pioniere unter den Spindelfasern" geben die Richtung vor
„Wir konnten nun nachweisen, dass Augmin die weitaus meisten Mikrotubuli in sich teilenden menschlichen Zellen ausbildet. Man kann sich das in etwa so vorstellen, dass die „Pioniere unter den Spindelfasern“ den anderen die Richtung vorgeben. Dies führt zu einer erstaunlichen Selbstorganisation der Mikrotubuli, die den raschen Aufbau des Spindelapparats begünstigt“, so Ana David, Erstautorin und Doktorandin am IMBA der ÖAW. „Moderne Visualisierungsmethoden erlauben es uns nun, die molekularen Mechanismen des Spindelaufbaus noch genauer zu untersuchen. Wissen über diese fundamentalen Prozesse ist nicht nur wichtig, um Zellen ganzheitlich zu verstehen, sondern auch eine wichtige Basis, um neue medizinische Ansätze für Krankheiten zu entwickeln, welche aus Zellteilungsfehlern hervorgehen können“, sagt ÖAW-Forscher Daniel Gerlich.