22.05.2020 | Quantencharakter

Forscher können Quanteneigenschaften effizient identifizieren

Wiener Quantenphysiker/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich der Quantencharakter eines Systems effizient bestätigen lässt.

© Klaus Pichler/ÖAW

Quantentechnologien sollen in Zukunft breit eingesetzt werden - von der Datenverarbeitung bis zur Kryptographie. Damit das funktioniert, sind zuverlässige Quantensysteme notwendig. Dazu gehört auch eine praktikable Methode, um den Quantencharakter eines Systems überhaupt bestätigen zu können. Eine solche haben Martin Bohmann und Elizabeth Agudelo vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) jetzt gefunden, wie sie in der Fachzeitschrift Physical Review Letters berichten.

“Unser Ansatz funktioniert für Quantenlicht, also zum Beispiel ein System aus einem einzelnen Photon. Im Prinzip lässt sich diese Technik aber auch auf andere bosonische Systeme anwenden”, sagt Bohmann. Die Forscher/innen nutzen eine Methode, die auch in der klassischen statistischen Mechanik zum Einsatz kommt, die sogenannte Phasenraumbeschreibung. “Wir nehmen die klassischen Zustände, die ein System einnehmen kann. Diese spannen dann einen Phasenraum auf. Wenn sich ein Zustand nicht als statistische Mischung solcher Zustände darstellen lässt, hat er Quantencharakter”, erklärt Elizabeth Agudelo.

Messbare Signatur

So lässt sich testen, ob ein Photonensystem einen Quantencharakter hat oder nicht. “Ein Quantensystem lässt sich auf mehrere Arten im Phasenraum beschreiben. Das kann etwa davon abhängen, wie man das System misst. Wenn die aus der Darstellung resultierenden Ungleichungen verletzt werden, handelt es sich um ein Quantensystem. Umgekehrt gilt aber nicht, dass bei Nichtverletzung immer ein klassisches System vorhanden ist”, sagt Agudelo. Der neue Ansatz erlaubt es, den Quantencharakter eines Systems auch in Situationen zu bestimmen, in denen das mit anderen Methoden nicht möglich ist.

Das ist auch für Experimente interessant. “Die Phasenraumverteilung und die Ungleichungen hängen fundamental mit Korrelationsmessungen in Quantensystemen zusammen. Die Ergebnisse von mehreren Lichtdetektoren liefern verschiedene Phasenraumverteilungen des Quantensystem. Vergleicht man diese miteinander, kann man unsere Ungleichungen aus dem Experiment ableiten. Die Anforderungen an die Effizienz der Detektoren sind bei unserem Ansatz dabei vergleichsweise gering”, sagt Bohmann. Die Forscher/innen können mit solchen Versuchen neue Einblicke in die Unterschiede zwischen klassischen und nichtklassischen Systemen gewinnen.

Vielfältig nutzbar

Zudem kann das neue Werkzeug in Zukunft in verschiedenen Bereichen der Quantentechnologie zum Einsatz kommen. “Es sind die nichtklassischen Effekte, die Quantensysteme so interessant machen. Unsere Methode ist gut geeignet, um solche nachzuweisen. Erst dann können sie auch genutzt werden”, sagt Bohmann. Dass die Methode funktioniert haben die ÖAW-Physiker/innen mit Kollegen aus Italien bereits experimentell bewiesen, hier soll in Kürze eine weitere Publikation folgen.  

“Wir wollen die Einsatzmöglichkeiten für unsere Methode beständig erweitern. Derzeit arbeiten wir an einer Generalisierung, die uns Möglichkeiten eröffnen könnte, Korrelationen zwischen Quantensystemen zu charakterisieren”, blickt Elizabeth Agudelo in die Zukunft.

 

Auf einen Blick

Publikation
„Phase-Space Inequalities Beyond Negativities“, Martin Bohmann and Elizabeth Agudelo, Physical Review Letters, 2020
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.124.133601