22.06.2022 | Vorbeiflug

BEPICOLOMBO passiert MERKUR

Die europäisch-japanische Raumsonde nähert sich zum zweiten Mal ihrem Zielplaneten. Mit an Bord führt sie Messgeräte, an denen auch ÖAW-Weltraumforscher/innen maßgeblich beteiligt waren.

Illustration der Raumsonde BepiColombo vor dem Hintergrund des Merkur
Die Raumsonde BepiColombo auf ihrem Weg zum Merkur. © ESA/ATG medialab

Die Raumsonde BepiColombo, eine Kooperation zwischen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA, wird sich am 23. Juni zum zweiten Mal ihrem Zielplaneten Merkur nähern, um dessen Anziehungskraft für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung zu nutzen. Forscher/innen des Grazer Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), das führend an drei Messgeräten beteiligt ist, erwarten mit Spannung neue Nahaufnahmen und Messdaten aus der extrem dünnen Merkuratmosphäre.

Reise ins innere Sonnensystem

BepiColombo ist auf einer ausgeklügelten Flugbahn mehr als sieben Jahre lang zum Planeten Merkur unterwegs und legt dabei eine Strecke von neun Milliarden Kilometern zurück. Nach dem Start im Oktober 2018 flog die Raumsonde im April 2020 an der Erde vorbei, bremste im Oktober 2020 und August 2021 zweimal an der Venus ab und absolviert nun den zweiten Merkur-Vorbeiflug. Kompliziert ist die Reise vor allem durch Merkurs Nähe zur Sonne. Wegen ihrer enormen Schwerkraft erfordert es viel Energie, die Flugbahn der Raumsonde so anzupassen, dass sie letztendlich in eine Umlaufbahn um den innersten, kleinsten und am wenigsten erforschten Gesteinsplaneten unseres Sonnensystems einschwenken kann. Wenn alles klappt, soll die Raumsonde im Dezember 2025 endgültig an ihrem Ziel ankommen.

Bilder und "Töne" vom Merkur

Bereits am 2. Oktober 2021 wagte sich BepiColombo bis auf 200 Kilometer an den höllisch-heißen Merkur heran. Da die Raumsonde jedoch auf der Nachtseite des Planeten ankam, waren die Bedingungen nicht ideal, um Bilder aus nächster Nähe aufzunehmen. Die Aufnahmen, die dann aus rund 1000 Kilometer Entfernung gemacht wurden, begeisterten aber nicht nur die Fachwelt.

Weltraumforscher/innen der ÖAW sind, finanziert von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), an einigen der Magnetfeldmessgeräte beteiligt. Zwei Magnetometer waren während des ersten Merkur-Vorbeiflugs durchgehend eingeschaltet. „Für einige Instrumente an Bord war es der Beginn ihrer wissenschaftlichen Datensammlung und eine Chance, sich auf die Hauptmission vorzubereiten“, sagt ÖAW-Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann. So zeichneten zum Beispiel Sensoren der Geräte Details des Sonnenwinds und des Magnetfelds um Merkur auf.

Für das Magnetometerteam war es sogar besonders spannend. „Bisher konnte nur die nördliche Merkur-Hemisphäre von der MESSENGER-Mission der NASA magnetisch vermessen werden. BepiColombo hat nun erstmals Daten von der südlichen Hemisphäre des Planeten nahe der Oberfläche gesammelt“, so ÖAW-Weltaumforscher Daniel Schmid. Dank der erfassten Daten konnten nicht nur das An- und Abschwellen des planetarischen Magnetfeldes, sondern auch der Sonnenwind hörbar gemacht werden.

Zweites Einfangmanöver am Merkur

Am 23. Juni wird BepiColombo nun das fünfte von insgesamt neun „Gravity-Assist“-Manövern absolvieren und dabei die Schwerkraft des Planeten Merkur nutzen, um die Bahn und Geschwindigkeit fast ohne den Einsatz von Antriebsdüsen und Treibstoff zu verändern. Für den zweiten Vorbeiflug am Zielplaneten planen die Forscher/innen den Einsatz und Test von Betriebsmodi mit hoher zeitlicher Auflösung. „Die Fähigkeit der Ionenkamera, durch schnelle Messungen mit einer Integrationszeit von nur 250 Millisekunden pro Einstellung quasi Schnappschüsse zu erstellen, wird benötigt, um die hochdynamischen Prozesse in den Randgebieten der Merkur-Magnetosphäre zu erfassen und abzubilden,“ erklärt ÖAW-Forscher Gunter Laky. Mit dem Einschalten des Instruments bereits einen Tag vor dem eigentlichen Vorbeiflug und dem anschließenden – dann fast ununterbrochen – Betrieb für 72 Stunden ergibt sich zusätzlich die Möglichkeit, das Verhalten und die Zuverlässigkeit des Instrumentes bei Langzeitmessungen zu studieren.

Mit dem unter maßgeblicher Beteiligung von ÖAW-Weltraumforscher/innen entstandenen Magnetometer erhofft man sich vom zweiten Merkur-Vorbeiflug ein noch besseres Verständnis des Magnetfeldes rund um den Merkur. BepiColombo wird wieder an der südlichen Hemisphäre vorbeifliegen und sich dem Planeten dabei auf 200 Kilometer nähern. „Diesmal wird die Raumsonde aber auch die Tagseite erkunden und ein besonderes Augenmerk auf die Wechselwirkung zwischen dem Sonnenwind und dem schwachen internen Magnetfeld des Merkurs legen,“ so Schmid.

 

Auf einen Blick

Die Mission BepiColombo am Grazer Institut für Weltraumforschung der ÖAW:

BepiColombo