Bücher 2018-2023

Buchreihe "Migration &"

Migration hat in ganz Europa seit der letzten Jahrhundertwende dramatisch an medialer Aufmerksamkeit gewonnen und ist in den Fokus politischer Auseinandersetzungen gerückt. Parallel fand auch die Migrationsforschung zunehmend im Mainstream der akademischen Fachwissenschaften Beachtung. Die öffentliche Sichtbarkeit dieser Forschung ist in Österreich jedoch noch immer relativ gering.

Um dieses Defizit zu überwinden und das Thema Migration aus unterschiedlichen akademischen Perspektiven einem breiteren Publikum näherzubringen, startete die Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im September 2021 eine neue Reihe mit dem Titel „Migration &“, die von Wiebke Sievers und Rainer Bauböck herausgegeben wird. Die Bände verknüpfen das Thema Migration mit je einem gesellschaftlichen, politischen oder kulturellen Bereich, der durch Migration einem starken Wandel ausgesetzt ist und in der breiteren Öffentlichkeit häufig mit Migration assoziiert wird. Ziel der Reihe ist, in allgemein verständlicher Sprache einen Überblick über den Wissensstand und aktuelle wissenschaftliche Debatten im jeweiligen Themenfeld zu bieten. Gleichzeitig sollen die Texte wissenschaftliche Erkenntnisse und Zusammenhänge aber nicht grob simplifizieren, sondern einen Anreiz für vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema bieten. Die Reihe legt bewusst einen empirischen Schwerpunkt auf den österreichischen Kontext, wobei dessen Darstellung jedoch immer in internationale und vor allem europäische Vergleiche eingebettet ist

Gudrun Biffl, Migration und Arbeit

Österreich ist seit den 1960er Jahren ein Zielland für Arbeitsmigration. Dieses Buch beleuchtet wissenschaftliche Debatten und Forschungserkenntnisse zu Migration und Arbeit in Österreich im internationalen Vergleich. Es zeigt, warum der Arbeitsmarkt Migrant*innen braucht, woher sie kommen, wo sie Arbeit finden und welche Rolle die Sozialpartnerschaft und das Wohlfahrtsmodell bei der Integration ins Erwerbsleben spielen. Thematisiert werden zudem gesundheitliche Arbeitsbelastungen und Diskriminierung am Arbeitsmarkt, die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitskräften und die selbständige Erwerbstätigkeit in der privaten 24-Stunden Pflege. Wie sich Migration auf Arbeitsmarkt und Löhne auswirkt, wird am Beispiel der Wanderungsbewegungen in der EU nach den Erweiterungen seit 2004 analysiert. Nicht zuletzt beleuchtet dieses Buch die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik und entwirft Szenarien für mögliche zukünftige Entwicklungen der Arbeitsmigration.

Wiebke Sievers (Hg.), Rainer Bauböck (Hg.), Ivan Josipovic (Hg.), Dženeta Karabegović (Hg.), Kyoko Shinozaki (Hg.)
Jenseits der Migrantologie: Aktuelle Herausforderungen und neue Perspektiven der Migrationsforschung

Die Migrationsforschung hat sich lange hauptsächlich damit befasst, aus der Perspektive der Mehrheitsgesellschaften Migrant*innen aus unterschiedlichen Herkunftsgesellschaften zu beforschen. Diese Ansätze sind inzwischen als "Migrantologie" in Kritik geraten. Insbesondere wird beanstandet, dass sie Migrant*innen in ihrem Herkunftsland verorten und nicht in dem Land, in dem sie leben. Damit schreiben sie nationale Grenzen fort, die gerade aufgrund der gesellschaftlichen Realität von grenzüberschreitender Mobilität und Migration als überkommen gelten müssen. Gleichzeitig wurden in den vergangenen Jahrzehnten neue Ansätze entworfen, die Migration zum Ausgangspunkt nehmen, um globale Ungleichheit und nationale Grenzziehungen gegenüber Migrant*innen zu thematisieren. In dieser neuen Forschungstradition steht auch der vorliegende Band. Dessen Ziel ist dabei weniger, den vielen Neuansätzen, die in den vergangenen Jahren in der Migrationsforschung entstanden sind, weitere hinzuzufügen. Vielmehr illustrieren die meisten Beiträge, wie sich die vielfältigen theoretischen und methodologischen Konzepte in konkrete empirische Forschung übersetzen lassen. In den Vordergrund treten damit globale Herausforderungen wie der Klimawandel, die gesellschaftlichen Debatten über Migration, der Umgang mit gesellschaftlicher Diversität in Schule, Verwaltung und Arbeitswelt sowie die Verhandlungen von Zugehörigkeiten in Migrationsgesellschaften, die von Rassismus und Ausgrenzung geprägt sind.

Astrid Mattes, Migration und Religion

Was hat Migration mit Religion zu tun? In österreichischen Debatten wird diese Frage meist darauf reduziert, ob der Islam zu Österreich gehört und Muslime sich in die Gesellschaft integrieren. Der Band "Migration und Religion" stellt viel grundsätzlichere Fragen: Wie hängt die Veränderung religiöser Landschaften mit Wanderungsbewegungen zusammen? Wie verändert eine wachsende Religionsvielfalt die europäischen Gesellschaften und ihre Institutionen? Warum ist Religion im Migrationsdiskurs so präsent? Welche parteipolitischen Strategien führen zur Politisierung von Religion in der Einwanderungsgesellschaft? Was haben Migration und Religion mit Wertedebatten zu tun? Und welche Rolle spielen internationale Akteure, wenn es um Religion und Zuwanderung geht?
Um diese Fragen zu beantworten, bereitet die Autorin aktuelle Forschungsergebnisse aus der Migrations- und Religionsforschung gut verständlich auf. In jedem Kapitel werden die aufgeworfenen Fragen entlang dreier theoretischer Perspektiven durchgedacht und damit ein Spektrum wissenschaftlicher Denkweisen aufgezeigt. Leser:innen lernen die Blickwinkel der liberalen Theorie, des Sozialkonstruktivismus und des Multikulturalismus kennen, indem diese auf aktuelle Debatten aus Österreich angewandt werden. Als Beispiele dienen etwa die Reform des Islamgesetzes, die christliche Orthodoxie als migrantische Religion unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle oder das Kopftuchverbot in Schulen. Über die Diagnosen der gegenwärtigen Konflikte um religiöse Vielfalt hinaus skizziert das Buch Zukunftsperspektiven für Gesellschaft, Wissenschaft, Religionsgemeinschaften und Politik.

Gerd Valchers und Rainer Bauböck, Migration & Staatsbürgerschaft

Internationale Migration führt dazu, dass Wohnbevölkerung und Staatsvolk zunehmend weniger übereinstimmen. Immer mehr Staatsbürger/innen leben außerhalb der Grenzen des Landes und ein wachsender Teil der Wohnbevölkerung besteht aus Nicht-Staatsbürger/innen. Wie groß diese Diskrepanzen sind, hängt nicht nur von Wanderungsbewegungen ab, sondern auch von den Regeln für den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. Dieses Buch untersucht den Zusammenhang zwischen Migration, Staatsbürgerschaft und Wahlrecht aus rechtlicher, historischer, sozialwissenschaftlicher und demokratietheoretischer Perspektive. Die einzelnen Kapitel behandeln den Erwerb der Staatsbürgerschaft bei Geburt und durch Einbürgerung, den Verlust durch Verzicht oder staatliche Aberkennung, den staatlichen Umgang mit mehrfacher Staatsbürgerschaft und die Ausweitung von Wahlrechten für Nicht-Staatsbürger/innen. Im Vordergrund steht die österreichische Situation im internationalen Vergleich. Dabei zeigt sich, dass Österreich hinter anderen Einwanderungsstaaten bei der Öffnung der Staatsbürgerschaft für Immigranten und Immigrantinnen, der Akzeptanz von Doppelstaatsbürgerschaft und der Ausweitung von Wahlrechten weit zurückbleibt. Die Autoren argumentieren, dass der Zugang zur Staatsbürgerschaft und die Akzeptanz von Doppelstaatsbürgerschaften nicht nur für die Integration von Immigranten und Immigrantinnen von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch für die Legitimität demokratischer Institutionen im Einwanderungsland Österreich.

Rainer Bauböck und Max Haller (Hrsg.), Dual Citizenship and Naturalisation. Global, Comparative and Austrian Perspectives

Die Duldung der doppelten Staatsbürgerschaft ist zu einem globalen Trend geworden, weil Staaten versuchen, die Bindung zu ihren Auswanderern aufrechtzuerhalten oder ihre Einwanderer zur Einbürgerung zu ermutigen. Dieser Band untersucht diese Änderungen der staatlichen Haltung und ihre sozialen Auswirkungen. Er beginnt mit Analysen der globalen Dynamik und fokussiert anschließend auf Länderfallstudien, die die verschiedenen Gründe und Absichten hinter Reformen der Doppelstaatsbürgerschaft veranschaulichen. Abschließend bieten fünf Kapitel die bislang gründlichste Analyse des österreichischen Sonderfalls. Sie zeigen die Größe des ungenutzten Einbürgerungspotenzials in Österreich, die Inkohärenz seiner Staatsbürgerschaftspolitik gegenüber Ein- und Auswanderern und die Notwendigkeit einer umfassenden Reform.

Wiebke Sievers, Rainer Bauböck, Christoph Reinprecht, Flucht und Asyl - internationale und österreichische Perspektiven

Flucht und Asyl haben lange die öffentlichen Debatten in Europa bestimmt. In vielen Ländern haben rechtspopulistische Parteien an Bedeutung gewonnen. Eine Einigung darüber, wie die Europäische Union ihre Verantwortung gegenüber den weltweiten Fluchtbewegungen wahrnehmen kann, scheint in weiter Ferne. Der vorliegende Band trägt zu einer Ausdifferenzierung dieser Debatten bei. Einerseits regt er dazu an, Flucht und Asyl aus einer internationalen und historischen Perspektive sowie aus dem Blickwinkel der Betroffenen neu zu denken. Andererseits präsentiert er empirische Ergebnisse zur politischen und zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Geflüchteten, zu ihrer Integration in den Arbeitsmarkt sowie zu den Möglichkeiten und Grenzen ihrer gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe.

Wolfgang Aschauer, Martina Beham-Rabanser, Otto Bodi-Fernandez, Max Haller, Johanna Muckenhuber (Hrsg.), Die Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten in Österreich. Ergebnisse einer Umfrage unter Zugewanderten. Wiesbaden: Springer Fachmedien, 2019

Die Zuwanderung der letzten Jahrzehnte stellt einen der zentralen Prozesse des sozialen Wandels in Österreich dar. In sozialwissenschaftlichen Erhebungen sind Personen mit Migrationshintergrund jedoch meist unterrepräsentiert. Der vorliegende Band präsentiert die Ergebnisse einer Zusatzerhebung zum Sozialen Survey Österreich 2016, mit dem Ziel, zentrale Werthaltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Zugewanderten zu erfassen und mit jenen der heimischen Bevölkerung zu vergleichen. Dabei werden verschiedene Lebensbereiche wie Familie, Arbeit, Politik und Religion diskutiert. Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Frage der Integration der Zugewanderten in Österreich.

Max Haller, Migration und Integration: Fakten oder Mythen? Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2019
Mitarbeit: Katharine Apostle

Die Themen Migration und Integration sind politisch weltweit umstritten. Das hat auch damit zu tun, dass Wanderungen immer auch mit oft massiven sozialstrukturellen Wandlungsprozessen einhergehen, die nicht frei von Verteilungskonflikten sind.

Diese Publikation greift die wichtigsten Schlagwörter und Thesen zahlreicher öffentlichen Debatten auf und diskutiert sie sachlich auf der Basis vorliegender wissenschaftlicher Befunde, ggf. auch unter Verweis auf die Tatsache, dass es dazu gar kein gesichertes Wissen gibt bzw. geben kann. Die Publikation ist nur den empirischen Tatsachen verpflichtet und keiner Ideologie.

Rainer Bauböck (ed.), Debating European Citizenship. Heidelberg: Springer Verlag, 2019

An open access volume with 46 chapters on questions of citizenship, democracy, and mobility within the European context.

 

Wiebke Sievers and Sandra Vlasta (eds.): Immigrant and ethnic-minority writers since 1945: fourteen national contexts in Europe and beyond. Leiden: Brill/Rodopi, 2018.

This study analyses how immigrant and ethnic-minority writers have challenged the understanding of certain national literatures and have markedly changed these. In other national contexts, ideologies and institutions have contained the challenge these writers pose to national literatures. Case studies of the emergence and recognition of immigrant and ethnic-minority writing come from fourteen national contexts. These include classical immigration countries, such as Canada and the United States, countries where immigration became an issue after World War II, such as the United Kingdom, France and Germany, as well as countries rarely discussed in this context, such as Brazil and Japan. Finally, this study uses these individual analyses to discuss this writing as an international phenomenon. 

Carvill Schellenbacher, Jennifer; Dahlvik, Julia; Fassmann, Heinz; Reinprecht, Christoph (Ed.) Migration und Integration – wissenschaftliche Perspektiven aus Österreich, Jahrbuch 4/2018, Vienna University Press

Als klassisch interdisziplinäres Thema wird Migration und Integration in den unterschiedlichsten Disziplinen erforscht. Um den interdisziplinären Austausch zu fördern, publiziert und dokumentiert das Jahrbuch für Migrations- und Integrationsforschung regelmäßig Forschungsfragen und Ergebnisse der österreichischen Migrations- und Integrationsforschung.

Die Beiträge im vierten Band behandeln Themen wie Asyl, Gesundheit und Pflege, Familien und Sprache sowie Integration und Identität. Raum gegeben wird dabei neueren theoretischen und methodologischen Ansätzen und der Frage, wie sich die Forschungserkenntnisse in die Praxis einbringen lassen.

Leseprobe

Rainer Bauböck, Debating Transformations of National Citizenship. Heidelberg: Springer Verlag, 2018

An open access volume with 62 contributions on the transformation of citizenship through economic, social and political change, structured as a series of four conversations in which authors engage with each other on urgent issues of current debate.

Waldemar Zacharasiewicz, Transatlantic Networks and the Perception and Representation of Vienna and Austria between the 1920s and 1950s, Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2018

US American journalists, authors and physicians spending time in Austria during the 1920s and 1930s established extended networks of friendship with Austrians. Despite the collapse of the monarchy and despite recurring political crises, these American visitors continued to perceive Vienna according to stereotype notions established during the 19th century. Austria was thus portrayed accordingly in many different literary documents from that later period. When a number of Austrians had to flee the country after the catastrophe of the Anschluss, their previously established friendships with American colleagues played an important role in their lives in exile. This publication describes the importance of these transatlantic connections, which continued to exert an influence well into the 1980s.