Wiener Studien - Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen der Wiener Studien 113 (2000)


Emilia Sergi, Patrimonio e scambi commerciali: metafore e teatro in Plauto. Prefazione di Gianna Petrone. Messina: Edizioni Dr. Antonio Sfameni 1997. 164 S. (Lessico & Cultura. 1.)

Nach der Ansicht der Verf. ist die Antithese von 'Liebe' und 'Geld' für die Struktur der plautinischen Komödie von größerer Bedeutung als gemeinhin angenommen (vgl. auch das Vorwort zu diesem interessanten Buch von G. Petrone). Meist gehe es hier um einen verliebten Jungen, der das Vermögen seines Vaters vergeudet, um seiner Liebe zu frönen. S. legt den Schwerpunkt ihrer Darlegungen auf den Besitz (res) und seine Bewahrung (meist durch den strengen Vater) bzw. Verlust (meist durch den verschwenderischen Sohn), und sie versucht, nicht immer ohne Gewaltsamkeiten, die überragende Bedeutung der res in den plautinischen Komödien zu erweisen (dies ist, wie sie richtig betont, ein spezifisch römisches Element). S. geht von der sprachlichen Ebene aus und behandelt semantische Felder, insbesondere Metaphern, die dem Begriff res zugeordnet sind. In einem wichtigen Kapitel (33ff.) weist sie die Bezüge auf, welche die plautinische Phantasie zwischen dem Vermögen einerseits und den Tieren und Menschen andererseits entstehen läßt: Truc. 956 werden die pecora des Vaters zu Geld für die Geliebte; Pers. 265 wird das Geld in der Börse Sagaristios mit den verkauften Rindern identifiziert; Bacch. 1121ff. werden die beiden um ihr Geld geprellten Väter zu 'geschorenen Schafen' (diese Identifikation wirkt durch die gesamte Szene hindurch, wie auch anderswo Metaphern und Identifikationen zur Ausweitung tendieren). Lebloses wird lebendig ebenso wie Lebendiges leblos wird (z. B. wird das Intrigenopfer in Epid. 306ff. zu einem 'fruchtbaren Acker'). Der Hauptteil des Buches ist dem eigentlichen Thema "amore e denaro" gewidmet (87ff.). Hier fügt S., freilich nicht immer überzeugend, die Darstellung der Aulularia ein. Es stimmt gewiß, daß der alte Euclio bei Plautus als ein avidus gezeichnet ist, der auf seinen Goldtopf fixiert ist, den er sogar wie eine Person anredet (Vers 580ff.). Wie aber der Schluß des Dramas zeigt, handelt es sich eher um eine Verstörung als um extreme Habsucht. Die 'strukturelle' Parallele zwischen dem vollen Goldtopf und dem schwangeren Mädchen erscheint wenig glücklich (80). Auch die Parallele zwischen dem eifersüchtig über seinem Topf wachenden Mann mit dem verstörten Liebhaber etwa des Mercator (24ff.) ist trotz sprachlicher Analogien nicht überzeugend. Im weiteren werden Bezüge zwischen Liebe und Tod sowie Liebe und Geld (105ff.) auf der sprachlichen Ebene (z. B. pereo u. a. im Sinne des Verlustes von Geld und Liebesglück), aber auch auf der Figurenebene (adulescens amator) behandelt. S. geht vom Stereotyp des verschwenderischen Jünglings aus und zeigt auf, wie dieser Grundtypus in der Figur des Lysiteles (Trin.) in sein Gegenteil verkehrt und in der Person des Diniarchus (Truc.) aus ironischer Distanz betrachtet wird. S. zeigt immer wieder, wie Sprachebene, Bühnenebene und Metaebene im Drama des Plautus in überzeugender Weise miteinander verwoben sind.
Das Buch ist sorgfältig gearbeitet und dokumentiert; manchmal geht freilich der Hinweis auf führende Komödienkommentare (etwa E. Woyteks Persa oder H. Petersmanns Stichus) ab.
Walter Stockert
 

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