Wiener Studien- Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen


Thomas Gerick, Der versus quadratus bei Plautus und seine volkstümliche Tradition. Tübingen: Narr 1996. 215 S. (Script Oralia. 85.) ISBN 3-8233-4575-3

Das Buch ist die leicht überarbeitete Fassung einer Diss., die G. unter der Leitung Eckard Lefèvres abgefaßt hat. Im einleitenden Abschnitt über den versus quadratus im Spiegel der Forschung (12ff.) plädiert G. für die vornehmlich italische Herkunft des trochäischen Septenars (auch eine gewisse Verwandtschaft mit dem Saturnier und etruskischen Versen wird - nicht immer überzeugend - ins Treffen geführt). Anschließend folgt die reich dokumentierte Abhandlung über den nicht-literarischen versus quadratus (27ff.: Fescennini versus, ioci militares etc.) sowie ein diachroner Querschnitt vom altrömischen Drama über Satire, Atellane und Mimus bis hin zur akzentuierenden spätantiken und mittelalterlichen Dichtung und zu Proben zur neuzeitlichen Poesie (durch die von der Sache her nötige Knappheit der Dokumentation ergibt sich hier eine gewisse Schwäche der Aussagekraft des Materials). Allenthalben werden die Gliederung in Kola, der Trend zur Übereinstimmung von Akzent und Versiktus sowie die Unterstützung der dipodischen Gliederung durch diverse Klangfiguren unterstrichen und eine enge Verbindung zum Volkstümlichen konstatiert. Der umfangreichere zweite Teil betrifft den Plautinischen Septenar (84ff.). Hier wird vorerst der dipodisch strukturierte versus quadratus einer metrisch-stilistischen Untersuchung unterworfen und nach einer Einteilung in diverse Typen (vom dipodisch strukturierten bis hin zum ungegliederten Vers) in eindrucksvollen Schaubildern das Zusammenspiel von Vers und Klangfiguren (anhand von Amph. As. Cas. Pseud. Rud. sowie einer Probe aus Terenz) illustriert und mit einer Reihe von Beispielen dokumentiert. Im weiteren versucht G. eine Typologie des trochäischen Septenars bei Plautus zu entwerfen, die er selbst nur als Versuch und Anregung bezeichnet (105). Während der Abschnitt über homines ridiculi von der Struktur her im wesentlichen befriedigt (z. B. senex amator, Triumph des Sklaven, miles, Geizhals), sind unter philosophia, religio, res et mores ridiculi Partien von derart unterschiedlichem Charakter zusammengefaßt, daß hier eine weitere Differenzierung nötig gewesen wäre. Jedenfalls müßte aber das Problem des Zusammenspiels von Charakter und Handlung zumindest angeschnitten werden (ist die Verwendung des versus quadratus in der Tat auf die 'Charaktere' der Figuren und nicht vielmehr auf die Handlung und ihre Strukturierung zurückzuführen? Äußert sich z. B. Euclio in der 'Aulularia' in den Senarpartien signifikant anders als in den Rezitativen?). - Im abschließenden Kapitel "Diverbia ridicula" (165ff.) unterscheidet G., an sich überzeugend, zwischen "unbewußten Kontaktstörungen", die sich aus der Unwissenheit der Figuren ergeben, und solchen, die durch Figuren (z. B. die Götter im Amph. oder einen Intrigensklaven) bewußt herbeigeführt werden. Daß unbewußte Störungen tragikomische Züge an sich tragen können, sieht man z. B. an den Belegen aus dem Amph. Doch erscheint es deplaziert, Rezitative aus Asin. (I 3) oder Curc. (I 3) mit dem Amph. in einem Atem zu nennen; auch hier wären Differenzierungen vorzunehmen. Auch bei den 'bewußten' Kontaktstörungen sind Verwirrungen, die ein Gott (Amph.) oder ein Intrigensklave (dies z. B. As. II 2) herbeiführt, von Fällen wie Merc. 141ff. zu trennen, wo sich die Situationskomik vornehmlich aus dem farcenhaften Handlungsverlauf ergibt.

Das Buch ist mit reichen Literaturangaben versehen und durch ein Sach- und Stellenregister gut erschlossen. Druckversehen und andere Mängel finden sich leider immer wieder: z. B. Anm. 28: der bekannte Vers Krat. fr. 307 (zitiert noch nach Kock) ist wohl nicht trochäisch, sondern anapästisch; S. 99: Amph. 623 ist in dieser Form unmetrisch; Anm. 369: zu den Szenentiteln vgl. das Buch B. Baders. Bei den Personennamen gibt es mehrfach Fehler: die Frau des Men. E. ist anonym (S. 113); der Nachbar im Merc. heißt Lysimachus (115); der Parasit im Persa Sagaristio (140); S. 119: Periplectomenus wird man kaum als 'senex stolidus' charakterisieren dürfen; Mil. 612 heißt es meditati; S. 136: (Mil. 1423) ne quid; im Literaturverzeichnis stört die Verschreibung des Namens U. v. Wilamowitz-Moellendorff.

Walter Stockert

Home