Technikfolgenabschätzung und Normativität – An welchen Werten orientiert sich TA?

Internationale Konferenz TA18, Wien, 11. Juni 2018
Hauptgebäude der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
Dr.-Ignaz-Seipel-Platz 2, 1010 Wien

Call for Papers


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Seit jeher soll Technikfolgenabschätzung (TA) dazu beitragen, negative Effekte neuer Technologien zu minimieren und positive zu maximieren. Sie selbst soll dabei neutral bleiben, obwohl sie in ihrer Praxis auf normative Bezugspunkte angewiesen ist. Welche Technologien sollen auf den Prüfstand kommen? Welche Effekte als positiv bzw. negativ gelten? Wer soll gehört werden? Welche Argumente sollen legitim oder relevant sein? Welche Entscheidungsoptionen betreffen welche Werte? Die Aufgaben von TA mögen heute vielfältiger geworden sein, normative Fragen sind aber stets relevant.

In der Praxis ist die normative Basis der TA jedoch nicht immer klar. Grundrechte oder Verfassungsbestimmungen lassen sich zuweilen schwer auf konkrete TA-Themen herunterbrechen; sie werden dann stillschweigend vorausgesetzt oder bleiben abstrakt. Was ist in welchem Kontext tatsächlich verantwortungsvoll und handlungsleitend für TA? Gibt es einen stabilen Kern normativer Annahmen als Basis, und woher kommen sie?

Neben rechtlichen Bestimmungen lieferten Begriffe wie Gemeinwohl, Sozialverträglichkeit oder Nachhaltigkeit normativen Input – welche Rolle spielen sie derzeit? Heute werden unter dem Titel Responsible Research and Innovation (RRI) gesellschaftliche Werte ins Zentrum gestellt und TA kommt ein Platz im Innovationssystem zu. Werden damit Erforschung und Bewertung verbunden oder wird TA ein Instrument zur Durchsetzung des Innovationsparadigmas? Welche Rolle spielen ethische Gesichtspunkte in der Beurteilung sozio-technischer Entwicklungen durch die TA?

Allgemein sind Wertorientierungen im Wandel, der politische Zeitgeist prägt öffentliche Debatten und damit die gesellschaftliche Bewertung neuer Technik. In der Praxis, etwa in partizipativen Verfahren, muss TA Perspektiven von BürgerInnen, aktuelle Interessen von Stakeholdern und implizite Werthaltungen in Expertisen produktiv verarbeiten und gegen unterschiedliche Prinzipien abwägen. Wie soll TA hier mit dem Wertewandel umgehen?

Seit den 1970er-Jahren wird diskutiert, wie man wissenschaftlich-neutrale Folgenanalyse und (per se normative) Bewertung besser integrieren könnte, denn Wertfragen entstehen ja auch in der empirischen Forschung. Die strikte Trennung und Auslagerung normativer Fragen an Politik und Stakeholder hat sich oft als unbefriedigend erwiesen. Führt heute mehr Partizipation zu einer „Werte-Infusion“? Wird damit am Ende die Arbeitsteilung befördert: ExpertInnen liefern Sachargumente, BürgerInnen normative Orientierungen?

Das ITA will die Auseinandersetzung mit den normativen Grundlagen heutiger TA und der normativen Aufladung ihrer Praxis vertiefen. Die TA18 behandelt daher Fragen wie:

  • Auf welche Weise ist die TA-Praxis von Normen getragen, wie werden sie vermittelt? Welche normativen Elemente sind heute Grundlage für TA? Wie haben sie sich über die Zeit verändert? Gibt es einen invarianten Kern?
  • Welche Bedeutung haben heute Ziele und Konzepte wie Wachstum und Innovation, RRI, Nachhaltigkeit, Sozialverträglichkeit oder Gemeinwohl für TA?
  • Wie beeinflussen gesellschaftliche Debatten und Änderungen im politischem Umfeld, institutioneller Organisation und Förderstruktur die normative Ausrichtung der TA?
  • Wie geht TA mit divergierenden Werthaltungen v.a. in Partizipationsprozessen um? Wie wägt sie Grundrechte gegeneinander ab? Was bedeutet Neutralität?
  • Wie geht TA mit Weltbildern und Interessen in politischen Parteien um? Welche normativen Orientierungen bestimmen etwa die F&E-Programmberatung der TA?


Das ITA lädt ein, Abstracts im Umfang von max. 500 Wörtern an tamail(at)oeaw.ac.at einzureichen.
Abgabeschluss ist der 2.3.2018, die Rückmeldung erfolgt bis 16.3.2018.