Forderungen nach Partizipation in der Technologiepolitik liegen im Trend. Die ursprünglich expertenorientierte TA wurde seit den 1990er Jahren durch partizipative Verfahren erweitert. Die partizipative Technikfolgenabschätzung (pTA) gibt jenen eine Stimme, die sonst nicht in die Entwicklung und Bewertung von Technologien einbezogen sind.
Es gibt viele Gründe für den Aufschwung der pTA. Im Vordergrund steht die Hoffnung auf Demokratisierung. Einerseits geht es um die Demokratisierung der Technologiepolitik: Nicht nur ExpertInnen und soziale Eliten sollen Entscheidungen beeinflussen, auch BürgerInnen und zivilgesellschaftliche Gruppen sollen eine Stimme erhalten. Andererseits geht es um die Demokratisierung von Innovationsprozessen: Die Einbeziehung von NutzerInnen in die Entwicklung von Technologien soll Produkte auf den Weg bringen, die sozial- und umweltverträglicher sind.
BürgerInnenkonferenzen, Fokusgruppen, CIVISTI-Methode
Die bekannteste und international erprobte Methode, um BürgerInnen an der Technikbewertung zu beteiligen, ist die BürgerInnenkonferenz. Hier soll eine Gruppe BürgerInnen in einem moderierten Prozess zu einer umstrittenen Technologie Stellung nehmen. Bei der (Weiter-)Entwicklung von Technologien haben sich Fokusgruppen bewährt. Die BürgerInnen werden bei neuen, gerade entstehenden Technologien, wie z.B. Sicherheitstechnologien, heute schon im Frühstadium in die Entwicklung einbezogen, um ihr Wissen aus der Nutzungsperspektive, aber auch mögliche Kritik einzubringen.
Neuerdings wird die Kreativität der BürgerInnen auch genutzt, um die Zukunft der Technologiepolitik zu gestalten. Unter Mitwirkung des ITA wurde im Rahmen des EU-Projekts CIVISTI eine Methode entwickelt, um BürgerInnenvisionen für eine wünschenswerte Zukunft in konkrete Politikempfehlungen zu übersetzen. 170 BürgerInnen aus sieben Staaten nahmen daran teil; am Ende standen 30 Empfehlungen für technikpolitische Schwerpunktsetzungen auf EU-Ebene.
BürgerInnenbeteiligung – Politisches Instrument?
Dieser Trend ist mittlerweile auch auf der Politikebene angekommen. Die EU fördert Aktivitäten, um Forschungs- und Technologiepolitik „verantwortlich“ zu gestalten. Hintergrund sind Befürchtungen, dass neue Technologien – ähnlich wie die Grüne Gentechnik – am anhaltenden Widerstand der Bevölkerung scheitern könnten. Daran wird deutlich, dass die Forderung nach Partizipation unterschiedliche Beweggründe haben kann. Ob und wie BürgerInnen tatsächlich Schwerpunkte für die zukünftige Wissenschafts- und Technologiepolitik mitbestimmen können, damit wird gerade in mehreren EU-Projekten experimentiert.
Das ITA hat nicht nur CIVISTI mitentwickelt, wir beschäftigen uns schon lange mit partizipativen Ansätzen. Im Rahmen von EUROpTA, einer international vergleichenden Studie zu partizipativen Methoden aus den späten 1990er Jahren, haben wir gemeinsam mit unseren ForschungspartnerInnen Pionierarbeit geleistet. Seit dieser Zeit hat sich das ITA in vielen Projekten mit der praktischen Durchführung sowie der systematischen Reflexion von pTA beschäftigt:

Ausgewählte Projekte zum Thema Partizipative Methoden
04/2019
- 03/2021Augmented Reality im Park
Wie digitale Medien und Augmented Reality unsere Wahrnehmung von öffentlichen Räumen verändern
06/2015
- 03/2018CIMULACT
Das Projekt beteiligte mehr als tausend BürgerInnen in 30 europäischen Ländern und eine Vielzahl anderer Akteure an der Gestaltung einer wünschenswerten, nachhaltigen Zukunft.
09/2008
- 02/2011CIVISTI
Visionen von BürgerInnen zu Wissenschaft, Technologie und Innovation
02/2013
- 08/2014CIVISTI - Ambient Assisted Living
Autonomes Leben in Wien – Aus Zukunftsvisionen von BürgerInnen zu mehr Unabhängigkeit im Alter erstellen ExpertInnen konkrete Handlungsempfehlungen für die Stadt Wien
06/1996
- 03/1998Delphi Austria
Technologie – Delphi – Austria
04/2006
- 07/2009DEMO-net
Das ITA forschte als Teil des europäischen Exzellenz-Netzwerks DEMO-net zum Thema e-Partizipation
10/2010
- 09/2012Ethik und Gesundheit
Unterricht jenseits normalisierender Anerkennung
07/2007
- 12/2009Ethisierung von Technik-Konflikten
Neue Politikberatungsformen für moralische Grundsatzfragen in Österreich und Europa (Buch)
07/2007
- 03/2008FSA-Energie
BürgerInnen aus ganz Österreich bewerteten zukünftige Energietechnologien
09/2013
- 02/2016Future Foods 4 Men & Women
Visionen österreichischer BürgerInnen zu gesunder Ernährung und Lebensmittelsicherheit
03/2011
- 02/2015PACITA
Das Projekt "Parlamente und Zivilgesellschaft in der TA" (PACITA) beleuchtet TA Aktivitäten in Europa und ihre Rolle bei der Wissensvermittlung für die Politik
07/2016
- 03/2018Pol[ITA] - Politikberatung in der TA
Paradigmen und Praktiken der Politikberatung in der Technikfolgenabschätzung
01/2006
- 06/2008PRISE
Leitlinien für die Privatsphäre bewahrende Sicherheitstechnologien in Europa
01/2016
- 02/2018PROSO
PROmoting SOcietal Engagement under the terms of RRI [Förderung der Öffentlichkeitsbeteiligung für verantwortungsvolle Forschung und Innovation]
01/2019
- 12/2021RECIPES
Vereinbarkeit von Wissenschaft, Innovation und Vorsorge durch das Einbeziehen von Interessengruppen
03/2012
- 11/2012RIO+20 mit CIVISTI
SchülerInnen erarbeiten gemeinsam mit ITA-ExpertInnen ihre Zukunfts-Visionen
05/2015
- 12/2015Shopping Um(die)Welt
Konsum und Nachhaltigkeit aus der Sicht von Jugendlichen
02/2012
- 01/2015SurPRISE
Überwachung, Privatsphäre und Sicherheit: Das SurPRISE Projekt beschäftigt sich mit der Akzeptanz und Annehmbarkeit von Sicherheitstechnologien
08/2005
- 05/2006Techpol 2.0
Welche Methoden der partizipativen TA sind für aktuelle Themen der österreichischen Technologiepolitik geeignet?
03/2008
- 02/2010WWViews
World Wide Views on Global Warming – Klimagipfel der WeltbürgerInnen – Gemeinsam für ein Klima mit Zukunft