Herausgabe der Hammer-Purgstall'schen Übersetzung des "Tarikh-I Wassaf" ins Deutsche

Joseph von Hammer (Hammer-Purgstall erst ab 1835) entdeckte die persische Chronik  تجزية الامصار وتزجية الاعصار (Die Aufteilung der Länder und das Vergehen der Epochen) oder kurz  تاريخ وصاف  (Geschichte Wassaf) während seines Aufenthaltes in Istanbul an der Internuntiatur zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Angezogen von der Virtuosität des persischen Stils begann Hammer, den Text ins Deutsche zu übersetzen.

Der Tarikh-i Wassaf ist eine zum Teil zeitgenössische Chronik des Sharaf ad-Din Abd Allah b. Fadl Allah Wassaf, eines Finanzbeamten am Il-Chanidischen Hof und Protegée des bekannten Wesirs und Historikers, Rashid ad-Din. Sie umfaßt die Geschichte der Mongolen in Persien und ihrer Nachbarländer in dem Zeitraum von  ca. 1250-1328 (654-728 d.H.). Die historische Bedeutung des Textes, seine starke Rezeption und Kommentierung in der Osmanenzeit sind in letzter Zeit von Judith Pfeiffer umfassend beschrieben worden.
[Judith Pfeiffer: "A turgid history of the Mongol empire in Persia". Epistomological reflections concerning a critical edition of Vassaf's Tajziyat al-amsar va tazjiyat al-a'sar. In: Judith Pfeiffer, Manfred Kropp: Theoretical Approaches to the Transmission and Edition of Oriental Manuscripts. Proceedings of a symposium held in Istanbul March 28-30, 2001 (Beirut 2007) S. 107-129.]

Hammer-Purgstall hatte bereits in seinem frühen Werk "Die Geschichte der Schönen Redekünste Persiens" (1818) den Dichter Wassaf und sein historisches Werk als literarisch herausragend bezeichnet. Hammer-Purgstall benutzte für seine Übersetzung Handschriften, die er in Istanbul gekauft hatte bzw. die seines Freundes Graf Wenzel Rzewusky, mit dessen finanzieller Unterstützung der die "Fundgruben des Orients" herausgegeben hatte. Grundlage seiner Übersetzung war ÖNB Ms. N. F. 220a. Genauso benutzte Hammer den türkischen Kommentar des Nazmi-Zadeh sowie den Kommentar des Na'ili. Die Handschriften sind heute alle im Besitz der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Wann Hammer-Purgstall seine Übersetzung beendet hatte, ist nicht bekannt. Als Hammer-Purgstall Präsident der 1847 auf seinen nachdrücklichen Einfluß gegründeten Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften wurde, regte er an, die Publikation der Wassaf-Übersetzung voranzutreiben. Seinen Vorschlag durchzuführen, erwies sich als schwierig. Die Akademie scheute die Kosten für das zweisprachige Werk und ließ nach vielen Einwänden nur den ersten Band drucken. Hammer hatte den persischen Text des ersten Bandes aufwendig in ta'liq und naskh setzen und ihn mit einer kolorierten Titelseite versehen lassen. Der erste Band wurde 1856 veröffentlicht, im November dieses Jahres starb Hammer-Purgstall. Die Akademie hatte mit Hammer-Purgstall vereinbart, die Einkünfte aus den Verkäufen des ersten Bandes zur Finanzierung der Produktion des zweiten Bandes zu verwenden. Durch den Tod Hammer-Purgstalls fühlte sich die Akademie von diesem Arrangement entbunden und stellte die Herausgabe ein.

Hammer-Purgstall hatte die Übersetzung des gesamten Textes fertig gestellt, sie seinem Schreiber diktiert und in einem Durchgang korrigiert. Die vier unpublizierten Bände des Tarikh-i Wassaf verblieben als Verlagsvorlage in der Akademie und werden im Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verwahrt.

Der Archivar der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Klaus Wundsam, und seine Frau schrieben die vier Bände in den 1970er Jahren auf 1.889 Seiten ab. Diese Abschrift wurde von Karl Jahn hinsichtlich der Schreibung der Personennamen korrigiert.

Das Institut für Iranistik greift die Veröffentlichung des Textes wieder auf. Dr. Sibylle Wentker hat die Maschinenabschrift gescannt, elektronisch eingelesen, sie mit dem Originaltext kollationiert und einen zweisprachigen Index für die Orts- und Personennamen erstellt. Insgesamt wird die Textausgabe aus fünf Bänden bestehen, was der Texteinteilung Wassafs entspricht.

Wassafs erklärtes Ziel war das Erreichen einer vollständigen Symbiose von Inhalt und Form, wie der Text der Beispielseite unten eindeutig sagt. Hammer-Purgstall griff diesen Gedanken auf und legte seine Übersetzung absichtlich als eine Transformierung persischen Stils ins Deutsche an. Er kopierte die Binnenreime, die rhetorischen Figuren und Anspielungen des persischen Textes, die er, wenn sie im Deutschen keinen Sinn ergaben, gelegentlich in ein deutsches Wortspiel übertrug. Diese Vorgangsweise macht Hammer-Purgstalls Übersetzung zu einer mehr literarischen als philologischen Übersetzung.

Die Beispielseite zeigt Wassafs Intention bei der Abfassung seiner Geschichte.

PROJEKTLEITUNG

Dr. Sibylle Wentker