21.04.2025

Verbesserte Kryoprozessierung: Eine skalierbare Lösung für die Gewebe- und Organoidforschung

Eine neue Methode, die von Forscher:innen der Knoblich-Gruppe am IMBA entwickelt wurde, reduziert Kosten und Arbeitsaufwand für die Hochdurchsatz-Gewebs- und Organanalyse drastisch.

Das Verständnis von molekularen Prozessen in Zellen ist der Schlüssel zur Erforschung von Gesundheit und Krankheit. Dabei spielen Biomarker, messbare Indikatoren für biologische Merkmale und Vorgänge – sowohl in der Forschung als auch in der Diagnostik eine bedeutende Rolle. Die Identifizierung solcher zellulärer Biomarker ist von entscheidender Bedeutung, etwa für neue Möglichkeiten in der Grundlagenforschung. Darüber hinaus aber auch für lebenswichtige diagnostische Anwendungen, wie etwa die Untersuchung von Biopsien auf potenzielle Krebsmarker. Bis jetzt war die Gewebeschnitttechnik, bei der mikroskopisch dünne Schnitte für die nachfolgende Analyse hergestellt werden, der Goldstandard für die Beurteilung der Protein- und RNA-Expression. Dabei werden Techniken wie Immunhistochemie und In-situ-Hybridisierung angewandt. Wesentliche Schwächen der Immunhistochemie sind jedoch die benötigte Zeit und ihre hohen Kosten, die ihre breitere Verwendung schwierig machen.

Nun entwickelten Daniel Reumann und Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften eine neuartige Technik, welche durch den Einsatz spezieller Multiplex-Gewebemodelle (MTMs) über 100 Gewebeproben gleichzeitig verarbeitet.

Diese Methode, die am 21. April in Cell Reports Methods veröffentlicht wurde, reduziert die Kosten für die Verarbeitung und Analyse um bis zu 96 %. Gleichzeitig wird damit auch der ökologische Fußabdruck der Verarbeitung und Lagerung der Proben signifikant verringert: MTMs sind wiederverwendbar, sparen Reagenzien und reduzieren den Bedarf an Gefrierkapazität drastisch.

Mit der wachsenden Nachfrage nach groß angelegten Organoid- und 3D-Gewebestudien wird es immer wichtiger sicherzustellen, dass die Versuchsbedingungen für alle Proben gleichbleiben: Selbst kleine experimentelle Schritte können Heterogenität in das Experiment einbringen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, Proben gleichzeitig und unter immer gleichen Bedingungen zu verarbeiten. In einer Grundlagenstudie stellten die Forscher:innen 19 heterogene Mäusegewebe mit unterschiedlicher Konsistenz – von weich bis hart – zusammen, um damit ein Zeitverlaufsexperiment durchzuführen, bei dem die Proteinexpression während der Neurogenese in über 100 neuralen Organoiden überwacht wurde. Diese Analyse hätte bei herkömmlichen Verfahren weit über 1.000 € an Reagenzien gekostet. Durch den Einsatz der neuen Verarbeitungstechnik unter Verwendung von MTMs konnten die Forscher die Kosten auf weniger als 50 € senken. Darüber hinaus minimiert die gleichzeitige Verarbeitung die Variabilität und ermöglicht dadurch besser reproduzierbare immunhistochemische Analysen für die Forschung und auch für die klinische Diagnostik.

Weil die neue Technologie immunhistochemischer Arbeitsabläufe optimiert und eine bemerkenswerte Reproduzierbarkeit bei der Analyse unterschiedlichster Proben gewährleistet, eröffnet sie neue Möglichkeiten sowohl für die Forschung als auch für die klinischen Diagnostik. Und – aufgrund der wesentlich niedrigeren Kosten – ermöglicht sie Untersuchungen, bei denen der Kostenfaktor ein Hemmnis darstellen würde.

„Unsere skalierbare Methode reduziert Kosten und Arbeitsaufwand drastisch und erleichtert Forschungs- und Diagnostiklabors die Verwendung der Immunhistochemie als Analyseverfahren. Gleichzeitig bewahrt unsere Technologie die Gewebeintegrität und verbessert die Reproduzierbarkeit“, sagt Daniel Reumann, der zuvor als Doktorand im Labor von Jürgen Knoblich am IMBA tätig war und jetzt Postdoc am Kavli Institute of Nanoscience Discovery an der Universität Oxford ist. Jürgen Knoblich, stellvertretender wissenschaftlicher Direktor am IMBA, fügt hinzu: “Diese neue Methode ermöglicht es Forschern, Gewebeproben in großem Maßstab zu analysieren und gleichzeitig die Reproduzierbarkeit von Experimenten zu verbessern.“