Nach Abschluss der Edition der Diplome Philipps von Schwaben wurde 2014 mit der Vorbereitung der Edition der Urkunden Ottos IV. begonnen.

Die Edition wird etwa 330 Urkunden und Deperdita Ottos umfassen, darunter rund ein Dutzend Stücke, die er in den Jahren vor seiner Wahl zum römisch-deutschen König 1196 bis 1198 als Graf von Poitou und Herzog von Aquitanien ausstellte. Während etwas weniger als die Hälfte, nämlich etwa 160 Urkunden Ottos, noch im Original überliefert sind, ist der Rest in mittelalterlichen und neuzeitlichen Abschriften unterschiedlicher Qualität erhalten. Laufend werden die bereits bearbeiteten Urkunden als Vorab-Edition online gestellt (work in progress).

In einem ersten Arbeitsschritt wurde, basierend auf einer rudimentären Materialsammlung Paul Zinsmaiers und Rainer Maria Herkenraths, ein systematischer Apparat zusammengestellt, der alle handschriftliche Überlieferungen, Drucke, Regesten und Sekundärliteratur zu den einzelnen Urkunden enthält. Laufend wird muss diese Materialsammlung durch Archivreisen systematisch ergänzt, um ein möglichst lückenloses Bild von der Urkundenausstellung Ottos IV. zu erhalten. Parallel dazu steht die Erstellung der Texte mit kritischem Anmerkungsapparat im Mittelpunkt der Arbeiten.

Gemäß den Gepflogenheiten der Diplomata-Reihe der MGH liegt ein Schwerpunkt bei der Bearbeitung der Urkunden auf der kanzleigeschichtlichen Einordnung der Stücke, ausgehend von den  Untersuchungen Paul Zinsmaiers. In den Vorbemerkungen werden – neben den diplomatischen und kanzleigeschichtlichen – auch rechts- und verfassungsgeschichtliche, lokalhistorische, topographische und prosopographische sowie wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte der Urkunden behandelt. Die kanzleigeschichtliche Einleitung wird eine Übersicht über den Urkundenbestand und das Kanzleiwesen sowie eine Analyse der inneren (Urkundenformeln) und äußeren Merkmale der Urkunden (z.B. Schrift) sowie der Besiegelung bieten.

Als Vorarbeiten zu einer Edition der Urkunden Ottos IV. erschienen 1881 bis 1901 die Regesten des Kaiserreiches für den Zeitraum 1198 bis 1272, bearbeitet von Johann F. Böhmer, Julius Ficker und Eduard Winkelmann  (Regesta Imperii V, vgl. Auswahlbibliographie). Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich Paul Zinsmaier dem Urkundenwesen Ottos IV. In mehreren Arbeiten ergänzte und vervollständigte er die bei Böhmer-Ficker-Winkelmann verzeichneten Regesten und legte schließlich 1983 einen Nachtragsband vor. Zuvor (1969) war bereits auch seine bis heute maßgebliche Arbeit über das Kanzlei- und Urkundenwesen Philipps von Schwaben und Ottos IV. erschienen (vgl. Auswahlbibliographie).

Nachdem 1978 seitens der Zentraldirektion der MGH der Beschluss über die Bearbeitung der Herrscherurkunden der späteren Staufer durch die damalige Diplomata-Abteilung in Wien gefasst worden war, wurde 1982 Rainer Maria Herkenrath mit der Vorbereitung der Edition der Diplome Ottos IV. beauftragt und übernahm dafür von Paul Zinsmaier gesammelte Materialien. Hatte zunächst Herkenraths Mitarbeit an den Urkunden Friedrichs I. noch Vorrang vor der Edition der Urkunden Ottos IV., musste er nach Zinsmaiers Tod das Projekt 1987 wegen der ihm nun übertragenen Ausgabe der Urkunden Philipps von Schwaben ganz zurückstellen. 1998 zog er sich schließlich von beiden Projekten zurück.

2010 erfolgte die Beauftragung der damaligen Diplomata-Arbeitsgruppe am Institut für Mittelalterforschung mit der Edition der Diplome Ottos IV. durch die Zentraldirektion der MGH. Nach Abschluss des Editionsmanuskripts der Urkunden Philipps von Schwaben wurden im Frühjahr 2012 die von Zinsmaier und Herkenrath gesammelten Materialien übernommen und mit deren Sichtung, Ordnung und Vervollständigung begonnen.