Wien 18., Höhnegasse 1 und Ernstgasse 13


Marie Steinbach, geb. Flaster, und ihr Mann Josef betrieben Süßwaren- und Branntweingeschäfte in Wien. Zur Zeit des „Anschlusses“ hatten sie diese bereits verkauft und lebten vom Erlös. Am 28. Oktober 1939 wurde Josef Steinbach mit dem zweiten Deportationstransport aus Wien nach Nisko am San verbracht. Von dort floh er im Frühjahr 1940 in die UdSSR, wurde neuerlich verhaftet und verstarb schließlich 1942 in einem Arbeitslager bei Archangelsk.
Marie Steinbach musste nach der Deportation ihres Mannes aus ihrer Wohnung in 9., Grünentorgasse 16/6 in eine Sammelwohnung in 9., Hörlgasse 16 übersiedeln, die sie mit vier anderen Familien teilte. Als die BewohnerInnen dieser Wohnung ausgehoben wurden, war Marie Steinbach glücklicherweise nicht zu Hause und entging so der Deportation. Die Israelitische Kultusgemeinde wies sie in eine andere Wohnung in 2., Untere Augartenstraße 16/27 ein, wo auch ein „Mischehepaar“ mit zwei Söhnen lebte. Als die systematischen Deportationen aus Wien im Herbst 1942 ihrem Ende zugingen, tauchte Marie Steinbach unter, da sie wusste, dass auch sie jederzeit mit dem Abtransport in ein Lager zu rechnen hatte. Laut Bestätigung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien suchte die Gestapo sie nach ihrem Verschwinden aktiv zwischen September und Dezember 1942.

Die verzweifelte Marie Steinbach fand Unterschlupf bei Rosa Völk, die sie über ihren Bruder, Adolf Flaster, bereits vor vielen Jahren kennen gelernt hatte. Völk nahm sie gegen Bezahlung von 25 RM pro Woche bei sich in ihrer Wohnung in Währing, Erndtgasse 13/7 bis Kriegsende 1945 auf. Eine weitere Helferin, Maria Heres, wohnte ebenfalls in Währing. Sie war von 1929 bis 1938 Hausangestellte bei Adolf Flaster gewesen und kannte Steinbach daher. Als die NS-Gesetze ihr verboten, in einem jüdischen Haushalt zu arbeiten, trat sie einen Hauswartsposten in 18., Höhnegasse 1, an, wo sie nun Marie Steinbach aufnahm. Gegenüber den Hausparteien gab sie sie als ihre Tante aus dem Burgenland aus. Zur Tarnung hatte Steinbach ihre Haare blond gefärbt und trug stets Kopftuch und Brille. Um ihre beiden Helferinnen nicht zu gefährden, blieb Marie Steinbach untertags nie zu Hause. Sie ging in Wien herum oder versteckte sich im Keller des Hauses von Maria Heres. Außerdem wechselte sie öfters die Unterkunft und übernachtete bisweilen auch bei anderen HelferInnen. Wenn sie bei Maria Heres war, erhielt sie von dieser Essen, wie sie sich sonst ohne Lebensmittelkarten versorgen konnte, ist nicht klar. Jedenfalls war ihre Situation überaus schwierig und gefährlich. Wie Maria Heres nach dem Krieg erfuhr, war bei der Gestapo bereits eine Anzeige gegen sie eingegangen. Das Kriegsende hatte sie und Marie Steinbach vor Verhaftung gerettet. Eine Entschädigung für die erlittenen Leiden erhielt Marie Steinbach erst im Oktober 1962 in Form einer Einmalzahlung in der Höhe von 10.150.- Schilling.

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