Die 1899 geborene Büroangestellte „Rosa Müller“ musste auch ihren gelähmten Ehemann versorgen. Nach dem „Anschluss“ verlor sie als Jüdin ihren Posten. Um trotzdem noch ein Einkommen zu haben, ließ sie sich zur Krankenschwester umschulen:

Ich habe meine Ausbildung im Rothschildspital im Juni 1939 begonnen. Wir haben viele Chefs gehabt, weil die ganzen Professoren, Doktoren, die von den Spitälern rausmussten, sind zu uns gekommen. Ich war bei einem Professor Weinberger. Die Ärzte waren bei uns, bis sie dann auswandern konnten, manche haben sich vergiftet, wie der Dr. Jerusalem z.B., das weiß ich wie heute. Er war Chirurg im Ersten Weltkrieg, er hat sich mit der Frau umgebracht. Es gab einige „arische“ Schwestern, wie ich hingekommen bin, die mussten dann weg. Es war ein großes Haus: Chirurgie, Interne usw. Es gab 20, vielleicht auch 30 Schwesternschülerinnen. Wir haben z.B. in einem Saal 26 Patienten gehabt, oft 28. Ich war in der Ambulanz damals, die war am Vormittag. Da gab es an einem Vormittag oft 50 Aufnahmen. Jeder wollte sich einen Blinddarm nehmen lassen oder an der Prostata operieren lassen, nur um sich über die Zeit bis zur Ausreise zu retten. [...] Wir haben natürlich durchschaut, dass Leute gekommen sind und nicht wirklich krank waren, aber wir haben sie aufgenommen. [...] Wir haben [ zur Zeit der systematischen Deportationen aus Wien] ja oft Kontrollen gehabt von der SS, ob die Leute, die krank gelegen sind, schon transportfähig sind oder nicht.