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Die Nachbarschaft ist die kleinste Einheit des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Hier zeigt sich, inwieweit der Einzelne sich von politisch-ideologischen Begriffen bestimmen lässt oder Urteilsfähigkeit, zwischenmenschliche Freude und Freundlichkeit bewahrt. National radikalisierte, totalitäre Politik treibt einen Keil in die kleinsten Einheiten des Zusammenlebens und ordnet zwischenmenschliche Grundwerte der nationalen, ethnischen oder rassischen Zugehörigkeit unter. Im Umfeld der Nachbarschaft bleibt auch unter diesen Bedingungen ein großer Spielraum des Verhaltens: zwischen Denunziation und erlaubter Selbstermächtigung gegenüber dem Nächsten einerseits und Unterstützung derer, die in einem bestimmten Moment zur Ausgrenzung und Verfolgung freigegeben werden, andererseits.

Die Seele des historisch gewachsenen Kollektivs stützt sich auf das wechselseitige Vertrauen aller, die an einem Ort zusammenleben. Wird das Vertrauen einmal massiv gebrochen – durch Gewalt, Raub oder Denunziation – braucht es lange, um wiederhergestellt zu werden. Das lokale Kollektiv bewahrt die verschiedenen Verhaltensweisen seiner Mitglieder lange im Gedächtnis: das vom politisch-ideologischen Wandel begünstigte Verhalten der Opportunisten und Verräter, aber auch die Anstrengungen derer, die den Zusammenhalt der Gemeinschaft aktiv schützten und erhielten.