Projektbeschreibung

Wie alle Bereiche menschlicher Sprache wandeln sich auch verbale Kategorien im Laufe der Zeit. Dazu gehören sogenannte „Verbalisierer“, im Deutschen z. B. -el- in blöd-el-n oder -ier- in asphalt-ier-en, spion-ier-en usw. Verbalisierer werden in vielen Sprachen verwendet, um aus Adjektiven (wie blöd) oder Nomina (wie Asphalt) Verben zu machen (blödeln, asphaltieren), also die Kategorie zu verändern. Diese Verbalisierer sind sozusagen „Bausteine“ für verschiedene Arten von Verben. Aber wie entstehen Verbalisierer, und wie verändern sie sich? Warum können auf diese Art entstandene Verben manchmal mit einem Objekt verwendet werden (z. B. Wir asphaltieren die Straße) und manchmal nicht (z. B. *Wir spionieren die Gegend)? Warum ändert dieses Verhalten sich manchmal, wenn eine Partikel oder ein Präverb wie aus-, ab-, um- usw. hinzugefügt wird (Wir spionieren die Gegend aus)? Unterscheiden sich solche Verben systematisch von sogenannten „Primärverben“, also Verben, die nicht von einem Adjektiv oder einem Nomen abgeleitet wurden?

Dieses Projekt untersucht Verbalisierer in älteren indogermanischen Sprachen (dazu gehören z. B. das im 2. Jt. v. u. Z. in der heutigen Türkei gesprochene Hethitische, das Altindische, das in der Antike in China gesprochene Tocharische sowie Altgriechisch und Latein), um zu verstehen, wo diese verbalstammbildenden Bausteine in den jeweiligen Sprachen herkommen und wie sich ihre Form und Funktion im Laufe der Zeit verändert. Diese Sprachen eignen sich ideal für eine solche Studie, da sie hochflektierend sind, also sehr viele verschiedene adjektivische, nominale und verbale Bausteine aufweisen, und sehr früh bezeugt sind (die ältesten Texte des Hethitischen, Griechischen und Sanskrit stammen aus dem 2. Jt. v. u. Z.). Dadurch kann die Entwicklung einzelner Verbalisierer über lange Zeiträume hinweg verfolgt werden. Außerdem sind diese Sprachen urverwandt: Sie gehen auf eine gemeinsame Grundsprache zurück und bilden daher eine Sprachfamilie. Das macht es möglich, zu untersuchen, wie sich ein und derselbe Verbalisierer in den unterschiedlichen Sprachen entwickelt hat und aus welchen Bausteinen wann und wie neue Verbalisierer entstanden sind. Eine umfangreiche Forschungsdatenbank wird dabei helfen, das Material zu ordnen und die Kombinationsmöglichkeiten und Veränderungen einzuteilen. Dadurch sollen Regelmäßigkeiten in den Entwicklungspfaden dieser Verbalisierer aufgespürt werden. Denn mittlerweile ist klar, dass gewisse Grundprinzipien der menschlichen Sprachfähigkeit „universal“ sind, also bestimmte Eigenschaften in allen menschlichen Sprachen zu finden sind. Allerdings ist umstritten, ob und inwieweit das auch für kleinere Bausteine wie eben Verbalisierer gilt, die von Sprache zu Sprache sehr unterschiedlich sein können. Wenn es also gelingt, zu zeigen, dass sich bestimmte Verbalisierer stets ähnlich verhalten und entwickeln, wäre das ein wichtiger Schritt, um auch in diesem Bereich der menschlichen Sprache Universalien nachzuweisen.

PROJEKTLEITUNG

Laura Grestenberger, PhD

 

FINANZIERUNG

FWF – der Wissenschaftsfonds
Elise-Richter-Projekt V850-G

 

Projektlaufzeit

09/2021 – 08/2024