Diplomata-Abteilung
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Die
Edition der Urkunden
(1198-1208)
Die Edition der Urkunden KÖNIG PHILIPPS VON SCHWABEN für die Monumenta Germaniae Historica (MGH) ist ein Projekt der Arbeitsgruppe Wiener Diplomata-Abteilung der MGH am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
DAS URKUNDENWESEN PHILIPPS VON SCHWABEN ist maßgeblich vom deutschen Thronstreit geprägt. Der geographische Rahmen der von Philipp von Schwaben ausgestellten Urkunden ist durch die Anerkennung seines Königtums innerhalb der deutschen und burgundischen Reichsteile und durch den Handlungsradius, der von seinen militärischen und politischen Erfolgen im Thronstreit abhängig war, definiert. Philipp betrat nach dem Tod Heinrichs VI., als die deutsche Herrschaft sowohl im normannischen Reich als auch in Oberitalien zusammenbrach, nie mehr italienischen Boden.
Durch die Bündnisse Ottos IV.
mit dem englischen und Philipps mit dem französischen König erlangte der
deutsche Thronstreit nahezu gesamteuropäische
Dimension. Innerhalb des Reiches versuchten beide Gegenspieler,
bestehende Bündnisse zu festigen und neue Bündnispartner zu gewinnen.
Die Ergebnisse der militärischen Aktionen und diplomatischen
Verhandlungen spiegeln sich dabei häufig in den ausgestellten Urkunden
wieder.
Die Edition der Urkundentexte
wird ferner vor allem für die Untersuchung der Wirkungsgeschichte
der von Philipp ausgestellten Urkunden eine unentbehrliche Basis bilden
und wichtige Impulse liefern. Dies ist besonders im Hinblick auf die
damals in ein wichtiges Stadium getretene Entwicklung
der Städte zu erwarten, die von Philipp wichtige
Privilegierungen erhielten.
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VORARBEITEN
UND Stand DER EDITION
Seit März 2002 arbeitet die Diplomata-Arbeitsgruppe im
Auftrag der Zentraldirektion der MGH in München an der Vorbereitung der
Edition der Diplome Philipps von Schwaben.
Die
Edition wird nach heutigem Stand ca. 190 Urkunden und 30 Deperdita
umfassen, sowie eine Urkunde der Gemahlin Philipps, der Königin Maria
(Irene). Rund 120 Urkunden sind im Original
erhalten, der Rest in
mittelalterlichen
und neuzeitlichen Abschriften unterschiedlicher Qualität. Nach der Übernahme der von Paul Zinsmaier und Rainer-Maria Herkenrath gesammelten Materialien begann der systematische Aufbau eines Apparats, basierend auf den in der Literatur zu findenden Hinweisen auf handschriftliche Überlieferungen, Drucke, Regesten und Sekundärliteratur zu den einzelnen Urkunden.
Zum aktuellen Zeitpunkt wird die Materialsammlung durch Archivreisen systematisch ergänzt. Die Kenntnis von der handschriftlichen Überlieferung der einzelnen Stücke wird dabei maßgeblich vervollständigt werden. Dies trifft vor allem auf die heute als verloren geltenden Stücke (Deperdita) zu, sowie auf jene, die bisher nur unzureichend – etwa fehlerhaft, nur in Auszügen, in neuzeitlichen Abschriften oder Drucken – überliefert sind. Damit soll die Grundlage für die zu erstellenden Urkundentexte wesentlich verbessert werden.
Neben
der Erstellung der Texte mit kritischem
Anmerkungsapparat wird, wie bei den Diplomata-Editionen der MGH
üblich, die kanzleigeschichtliche Einordnung der Stücke - basierend auf
den Vorarbeiten Zinsmaiers - eine wesentliche Rolle spielen. Weiters wird
in den kommentierenden Vorbemerkungen die rechts- und
verfassungsgeschichtliche Interpretation der durch die Urkunden
festgehaltenen Rechtsvorgänge ihren Niederschlag finden.
Eine zusammenfassende kanzleigeschichtliche Einleitung wird den Urkundenbestand analysieren, sowie das Kanzleiwesen als auch die inneren und äußeren Merkmale der Urkunden Philipps, etwa die Siegel, behandeln.
Grundlage für die Edition der Urkunden Philipps von Schwaben bilden die 1881 – 1901 erschienenen Regesten des Kaiserreiches Böhmer – Fickers und Winkelmanns für den Zeitraum von 1198 bis 1271 (Regesta Imperii 5, vgl. Auswahlbibliographie).
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts widmete sich Paul Zinsmaier dem Urkundenwesen Philipps von Schwaben. In mehreren Arbeiten ergänzte und vervollständigte er die bei Böhmer-Ficker-Winkelmann verzeichneten Regesten und legte schließlich 1983 einen Nachtragsband (vgl. Auswahlbibliographie) vor. Bereits mehrere Jahre davor, 1969, war seine bis heute maßgebliche Arbeit über das Kanzlei- und Urkundenwesen Philipps und Ottos IV. erschienen.
Die
von Zinsmaier gesammelten Materialien gingen aus seinem Nachlass an
Rainer-Maria
Herkenrath,
der von der Zentraldirektion der MGH mit der Herausgabe der Urkunden
Philipps von Schwaben und Ottos IV. beauftragt wurde. Herkenrath ergänzte
diese Sammlung weiter, trat jedoch 1998 offiziell von der Bearbeitung der
Diplome Philipps von Schwaben und Ottos IV. zurück.
Seit
der Übernahme des Projekts durch die Arbeitsgruppe Diplomata des
Instituts für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften haben Person und Urkundenwesen Philipps von Schwaben in der
Forschung wieder verstärkt Interesse geweckt. Bernd
Schütte
konnte mit seiner Monographie über Itinerar, Urkundenvergabe und Hof
Philipps von Schwaben (vgl. Auswahlbibliographie) wesentliche Vorarbeiten
für die chronologische Reihung der Urkunden, personengeschichtliche
Zuordnungen in der persönlichen Umgebung des Königs sowie zum Empfängerkreis
der Urkunden vorlegen. Peter
Csendes
hat kürzlich in einer modernen Ansprüchen genügenden Biographie das
Lebensbild Philipps gezeichnet (vgl. Auswahlbibliographie).
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PHILIPP
von Schwaben im deutschen Thronstreit
Philipp wurde als jüngster
Sohn Kaiser Friedrich Barbarossas 1177 geboren. Im April 1195 übertrug
ihm sein Bruder, Kaiser Heinrich VI., die Herrschaft über Tuszien und die
Mathildischen Güter. Als
dux
Tuscie wirkte er zunächst in Italien, erhielt jedoch
bereits im August 1196, nach der Ermordung seines Bruders Konrad, auch das
Herzogtum Schwaben und den Titel
dux
Suevie. Nach dem Tod Heinrichs VI. im September 1197 stand
Philipp an der Spitze der staufischen
Partei und bemühte sich, die
Ansprüche seines Neffen Friedrich – des späteren Kaisers Friedrichs
II. – auf den römisch-deutschen Thron zu sichern. Der Widerstand der
deutschen Fürsten gegen die Herrschaft des erst Dreijährigen führte
jedoch dazu, dass sich Philipp selbst als Kandidat der Königswahl stellte
und tatsächlich auch am 8. März 1198 in Mühlhausen (Thüringen) von
zahlreichen deutschen Fürsten gewählt wurde. Eine Opposition gegen seine
Wahl bildete sich unter der Führung des Erzbischofs Adolf von Köln, die
den Welfen Graf Otto von Poitou, einen Sohn Heinrichs des Löwen, den späteren
Kaiser Otto IV., als ihren
Thronkandidaten präsentierte und diesen am 11. Juni 1198 zum König wählte.
Die Folge der Doppelwahl war eine
Reihe von kriegerischen Auseinandersetzungen, wechselnden Allianzen und
politischen Wirren im Reich. Ausschlaggebend war sicher die Haltung des
Papstes Innocenz III., der zunehmend unmissverständlich seine Bevorzugung
Ottos IV. deutlich machte. Die zunehmenden militärischen Erfolge Philipps
und seine stetig anwachsende Anhängerschaft bewogen aber letztlich den
Papst, Philipp im Frühjahr des Jahres 1208 die Kaiserkrönung in Rom zu
versprechen, die jedoch durch die Ermordung Philipps
am 21. Juni 1208 verhindert wurde. Am 4. Oktober 1209 erfolgte schließlich
die Krönung Ottos IV. zum römisch-deutschen Kaiser.
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Auswahlbibliographie
Zum Urkundenwesen
Philipps
von Schwaben
Böhmer,
Johann Friedrich, Regesta Imperii
5: Die Regesten des Kaiserreiches unter Philipp,
Otto IV., Friedrich II., Heinrich (VII.), Conrad IV., Heinrich Raspe,
Wilhelm und Richard 1198 – 1272.
Csendes, Peter, Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die
Macht (=Gestalten des Mittelalters und der Renaissance, hg. v. Peter
Herde, Darmstadt 2003).
Gutbier, Ewald, Das Itinerar des Königs Philipp von Schwaben. Diss. Berlin (Langensalza 1912).
Rzihacek, Andrea und Spreitzer, Renate Hanc paginam sigillo nostro iussimus communiri. Siegel und Besiegelungspraxis der Urkunden König Philipps von Schwaben, in: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 53 (2007) 175-203. Philipp von Schwaben, Beiträge der internationalen Tagung anlässlich seines 800. Todestages, Wien, 29. bis 30. Mai 2008 (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 19, Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 399, Wien 2010).
Schütte, Bernd, König Philipp von Schwaben. Itinerar –
Urkundenvergabe – Hof (=MGH. Schriften 51, Hannover 2002).
Walter, Anton Julius, Die deutsche Reichskanzlei während des Endkampfes
zwischen Staufern und Welfen (Innsbruck – Leipzig 1938).
Winkelmann, Eduard, Philipp von Schwaben und Otto IV. von
Braunschweig. Bd. 1: Philipp von Schwaben 1197 – 1208 (=Jahrbücher der
Deutschen Geschichte [19,1], Leipzig 1873, ND. Darmstadt 1968).
Zinsmaier, Paul,
s. Böhmer, Regesta Imperii 5/4.
Ungedruckte
Stauferurkunden des 13. Jahrhunderts, in: MIÖG 45 (1931) 200-204.
Acht
ungedruckte Königsurkunden der Stauferzeit, in: ZGORh 95 (1943)
637-644.
Nachträge
zu den Kaiser- und Königsurkunden der Regesta Imperii 1198-1272, in:
ZGORh 102 (1954) 188-273.
Ungedruckte
Urkunden der späteren Stauferzeit, in: ZGORh 116 (1968) 21-30.
Die
Urkunden Philipps von Schwaben und Ottos IV. 1198-1212 (=Veröffentlichungen
der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden –Württemberg.
Reihe B. Forschungen 53, Stuttgart 1969).
Miszellen zu den Stauferurkunden des 12. und 13. Jahrhunderts: Verlorene Herrscherurkunden des 12. und 13. Jahrhunderts, in: DA 37 (1981) 287-309.
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