26.07.2010

Das TOP-QUARK zeigt sich zum ersten Mal in Europa

Das top-Quark - der scheueste elementare Bestandteil der Materie - zeigt am CERN erste Lebenszeichen. Die Produktion dieser Teilchen, die schwerer als ein Blei-Atom sind und eine Lebenszeit von lediglich einer Tausendstel Trilliardstel Sekunde aufweisen, ist ein extrem seltenes Ereignis. Diese Sichtung freut die Wissenschaftler am Institut für Hochenergiephysik der ÖAW (HEPHY) ganz besonders, denn sie bedeutet, dass die Detektoren am größten Teilchenbeschleuniger der Welt mit ihren österreichischen Komponenten schon perfekt funktionieren. "Das sind sehr gute Vorzeichen für die Entdeckung neuer Teilchen wie des lange gesuchten, rätselhaften Higgs-Bosons", so Wolfgang Adam, Projektleiter der CMS-Analysegruppe am HEPHY.

Nur knapp vier Monate nach Beginn des LHC-Betriebs zeigten sich in der Analyse von Zerfallsprodukten von frontalen Kollisionen von Protonen in den Experimenten ATLAS und CMS klare Hinweise auf die Erzeugung des schwersten bekannten elementaren Bausteins der Materie, des top-Quarks. Trotz der hohen Energie der Protonen im LHC, die einer Beschleunigungsspannung von 3500 Milliarden Volt entspricht, werden Paare dieser Teilchen nur einmal in 100 Millionen Wechselwirkungen erzeugt. Bisher konnte das top-Quark nur am Fermilab (USA) nachgewiesen werden; die schnelle "Wiederentdeckung" am CERN ist ein Zeichen für die rasch steigende Intensität des LHC Beschleunigers, das perfekte Funktionieren der Detektoren und die hohe Qualität der registrierten Daten.

Hoch erfreut ist man auch am Institut für Hochenergiephysik der ÖAW, das mit Wolfgang Adam den Leiter einer Arbeitsgruppe des CMS Experiments stellt, die mit diesem Nachweis befasst ist. "Das top-Quark ist ein äußerst interessantes Studienobjekt, da es so extrem schwer ist", so Wolfgang Adam. Es nimmt eine spezielle Position im "Teilchenzoo" des Standardmodells ein und seine Eigenschaften konnten von Experimenten mit österreichischer Beteiligung schon vor der eigentlichen Entdeckung mit großer Genauigkeit vorhergesagt werden. Am LHC werden innerhalb eines Jahres zehntausende top-Quarks für präzise Messungen und eine gründliche Überprüfung der derzeitigen theoretischen Modelle zur Verfügung stehen. Die Erfolge auf dem Gebiet der top-Physik sind auch das grüne Licht für die Nachweis noch unbekannter seltener Reaktionen und schwerer neuer Teilchen, wie etwa der Erzeugung des lang gesuchten Higgs-Bosons.